Korrespondenz: Spontane Unterschriftenaktion gegen Abschaffung des Urlaubsgeldes in einem Westerwälder Werk

Bei den Schütz-Werken in Selters, Westerwald kam es in der ersten
Hälfte dieses Jahres zu einer spontanen und erfolgreichen Unterschriftenaktion
der Belegschaft gegen die Streichung des Urlaubsgeldes.

Im März dieses Jahres hing überall im Werk ein Schreiben von
Schütz persönlich, dass das Urlaubsgeld demnächst nicht mehr tageweise, d.h.
wer  einen Tag Urlaub beantragt, kriegt
für den Tag kein Urlaubsgeld, sondern dieses sollte nur noch für eine Woche
bzw. über mehrere Wochen genommenen Urlaub ausgezahlt werden. Aber erst in den kommenden
Tagen erfuhr die Belegschaft, dass es um die komplette Abschaffung des
Urlaubsgeldes

ging.

Der Betriebsrat, wenn man ihn als solches ansehen darf, der Betriebsratvorsitzende
ist seit ca. 30 Jahren der gleiche, hat auf die Schreckensmeldung hin sofort eine
Unterschriftenaktion dagegen gestartet.

Es kamen ca. 950 Stimmen bei 1200 Mitarbeitern zusammen. Es
wären noch mehr Stimmen gewesen. Aber da einige Kolleginnen und Kollegen
bedingt durch Schichtarbeit an diesen Aktionstagen frei hatten, konnten sie
logischerweise davon nichts wissen und blieben fern.

Übrigens muss ich erwähnen, dass die Schütz-Werke in keinem
Arbeitgeberverband und auch gewerkschaftlich nicht organisiert sind.

Diese spontane Aktion hat wohl den „Chef“
erschreckt. Er verabschiedete sich erstmal von diesem Vorhaben. Aber wie man
ihn kennt, wird er sein „Ding“ nächstes Jahr wieder drehen. Das
Weihnachtsgeld ist schon mal weg.

Das steht fest. Die Belegschaft hat das stillschweigend hingenommen.
(Es ist eine freiwillige Zahlung)

Wir sind aber gespannt, ob unsere Kolleginnen und Kollegen
im Betrieb nächstes Jahr stillschweigend die Abschaffung des Urlaubsgeldes
hinnehmen

werden!?!?!?!

Alle Tendenzen sprechen leider dafür, weil viele Kolleginnen
und Kollegen Existenzangst haben. Es gibt weit und breit in der ländlichen
Gegend keine

größeren Fabriken wie die Firma Schütz. Und die Leute haben
einen Haus gebaut oder gekauft. Bei den nächstgelegenen, den Keramik-Fabriken
im so genannten Kannenbäckerland ist die Blütezeit vorbei und sie bauen
Arbeitsplätze ab.

Das alles weiß Schütz und nutzt die missliche Lage der
Arbeiter aus. Er lässt Zwiespalt säen zwischen den Arbeitern, indem man z.B.
einen Staplerfahrer zum Abteilungsmeister befördern lässt oder Schleimer und
Besserwisser zu Vorarbeitern… Das mit dem Staplerfahrer zum Meister ist ja
nicht übel. Aber dass dadurch das Zwischenmenschliche, also Solidarität und
Zusammenhalt der Arbeiter untereinander auf der Strecke bleibt, ist
inakzeptabel.

Es gibt auch keine Avantgarde gegen diese Misslage. Jede
Opposition wird unterdrückt mit Abmahnungen, Zwangversetzungen oder
Kündigungen.

Als Waffe gegen die Angriffe von Seiten der Arbeitgeber bleiben
also nur noch wie oben erwähnt, spontane Aktionen der Arbeiter. Und die müssen
von klassenbewussten Arbeitern geführt werden. Die haben wir, aber es fehlt noch
der Mut.

Mit solidarischen Grüssen

A. Agopyan