Folter: Die vielen Einzelfälle bei der Bundeswehr

Mittlerweile gibt es 12 „Einzelfälle“ von Folter und Misshandlungen
bei der Bundeswehr. Begonnen hatte es mit dem Bekannt werden der Ereignisse in
Coesfeld, wo bei einer Übung Bundeswehrsoldaten von ihren Ausbildern mit
Wasser, Stromstößen, Schlägen usw. gefoltert wurden.

Das Verteidigungsministerium stellte das als Einzelfall hin
und versuchte abzuwiegeln. Mittlerweile kommt ein „Einzelfall“ nach dem anderen
ans Tageslicht. In einem Interview auf den Internet-Seiten der Bundesregierung
gibt „Verteidigungs“minister Struck schon zu, dass noch lange kein Ende
absehbar ist: „Wir gehen derzeit von 12
Fällen aus. Aber es ist nicht auszuschließen, dass sich auf unsere Aufforderung
noch weitere Soldaten melden, die Opfer von Misshandlungen geworden sind.“
Von
„Einzelfällen“ spricht „Verteidigungs“minister Struck nun nicht mehr, sondern
von „Ausnahmen“. Er verneint vehement, dass die Bundeswehr auf dem Weg zu einer
Rambo-Truppe sei.

Doch der Minister scheut das Licht der Öffentlichkeit. Er
gibt zu: „Der Fall in Coesfeld war schon
schlimm genug – zumal die Täter auch noch voller Stolz auf Fotos posiert haben.“

Die Fotos jedoch werden der Öffentlichkeit vorenthalten! Wie empört war man zu
Recht, als die Fotos von der Folter im Irak im Gefängnis Abu Ghreib
auftauchten. Bei der Bundeswehr werden die Fotos geheim gehalten. Was gibt es
zu verbergen? Warum beugen sich die Medien dieser Zensur? Warum gibt es keinen
empörten Aufschrei der Medien angesichts dieser Unterdrückung der Wahrheit?

Interessanterweise zieht Struck selbst eine Verbindung zu
den Auslandseinsätzen der Bundeswehr: „Ich
bin sehr interessiert daran, was mir meine Fachleute dazu sagen, weil das schon
ein gravierendes Ereignis wäre, wenn plötzlich jemand aus einem Auslandseinsatz
zurückkommt und nun anfängt, in Coesfeld Afghanistan und Kabul zu spielen.“

(Stuttgarter Zeitung, 30.11.04) Und im selben Atemzug stellte er klar, dass zur
Vorbereitung für Auslandseinsätze, selbstverständlich Geiselnahmen geübt werden
müssten – also „Coesfeld“-legal, wenn man es nur als Vorbereitung für
Auslandseinsätze ansieht!

Und Auslandseinsätze gibt es immer mehr. Die Bundeswehr wird
gerade von einer „Verteidigungs“armee zu einer weltweit einsetzbaren
Kampftruppe umgebaut. Es ist völlig klar, dass mit dieser Umwandlung der
Bundeswehr zu einer Kampftruppe für deutsche Großmachtinteressen sich sowohl die
Strukturen in der Bundeswehr verändern als auch die Psyche der beteiligten
Soldaten. Fakten und Daten gibt es dazu bereits mehr als genug. Zum ersten Mal
nach dem Vietnam-Krieg stellten amerikanische Ärzte die Diagnose „Posttraumatische
Belastungsstörung“ bei Soldaten. Diese waren nach ihrer Rückkehr aus dem Krieg
emotional kalt und abgestumpft oder labil, schwer depressiv. Sie hatten massive
Schlafstörungen und Albträume. Manche wurden auch im Zivilleben zu Verbrechern
und Mördern. Andere vegetierten teilnahmslos herum, wurden zu verdreckten,
verlausten Obdachlosen. Andere wurden sexuell impotent und waren Fremde bei
ihren Frauen und in der Familie. Neu waren diese Symptome nicht. Bereits im
ersten und zweiten Weltkrieg wurden solche massiven psychischen Störungen beobachtet.
Sie bekamen nun nur zum ersten Mal einen Namen und wurden erfasst. Das Ausmaß
der Störungen war erschreckend: 700.000 von drei Millionen US-Soldaten im
Vietnam-Krieg entwickelten eine posttraumatische Belastungsstörung!!! Also fast
ein Viertel!

Was soll denn auch anderes bei Kriegseinsätzen herauskommen?
Hat irgendjemand geglaubt, dass Soldaten durch den alltäglichen Umgang mit Mord
und Totschlag  zu edleren, besseren
Menschen werden? Dabei ist in den dramatischen Zahlen noch nicht das ganze
Ausmaß erfasst. Wie viele Soldaten haben aus Angst ihre Symptome verschwiegen?
Wie viele Soldaten leben ihre Verrohung legal weiter in der US-Armee aus, indem
sie in Kriege ziehen und Verbrechen wie in Abu Ghreib begehen oder als
Ausbilder Untergebene drangsalieren und schinden?

Warum sollte das bei der Bundeswehr anders sein!
Kriegseinsätze wie in Afghanistan, Kosova usw. führen automatisch zu schwersten
psychischen Störungen aller Beteiligten, der Opfer wie auch der Soldaten. Die
einen verkraften die Brutalität des Krieges nicht, zerbrechen daran, werden
schwer depressiv, gehen unter und werden zu menschlichen Wracks. Die anderen
werden eiskalt, verlieren ihre menschlichen Gefühle, werden zu Verbrechern und
Mördern. Solche Menschen können ihre psychische Störung legal im Krieg
ausleben.

Es ist auch klar, dass Krieg und Gewalt häufig Menschen
anziehen, die bereits starke psychische Störungen haben, die gefühlskalt sind,
die zu Perversionen neigen. Im Krieg können sie ihre Machtphantasien, ihre
Aggressivität, ihre Perversionen, ihre Mordlust und andere Neigungen legal
austoben.

So war es immer und so wird es auch zunehmend bei der
Bundeswehr sein, je mehr sie an Kriegen teilnimmt.

Aber die Bundesregierung und das deutsche Kapital brauchen
eine Armee, die weltweit einsetzbar ist. Sie brauchen eine Armee, die ihre
Großmachtansprüche als militärischer Gewaltapparat durchsetzt. Sie können auf
die Menschen, egal ob Opfer ihrer Großmachtbestrebungen oder Vollstrecker,
keine Rücksicht nehmen. Sie wollen und müssen in aller Welt mitmischen!

Die Arbeiter, Angestellten, Bauern, Arbeitslosen, Rentner,
Jugendlichen usw. haben real kein Interesse an einer solchen Großmachtpolitik.
Sie müssen nur wie immer die Rechnung bezahlen. Und die Rechnung wird hoch
sein! Neben den Toten und Verletzten produziert jeder Militäreinsatz Menschen,
die psychisch tot oder schwer psychisch verkrüppelt sind.

Wir fordern:

Veröffentlichung aller Fakten und der Folterfotos! Die
Wahrheit muss ans Licht!

Schluss mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr!