Interview mit Dr. Lebrecht von Klitzing über gesundheitliche Risiken von Mobilfunk

Immer mehr Bürger im Ostallgäu sehen sich bei der rasanten
Aufstellung von Mobilfunkantennen von der Politik im Regen stehen gelassen.
Mehrere Petitionen, in denen die Landesregierung aufgefordert wurde, Maßnahmen
für eine Vorsorge zu treffen, wurden abgelehnt. So begannen im März vergangenen
Jahres Bürger aus Schwangau erstmals im Allgäu Blutuntersuchungen vorzunehmen.
Die Untersuchung des Blutes über einen längeren Zeitraum soll die Auswirkung
der gepulsten Strahlung auf den menschlichen Körper dokumentieren. Weitere
Gemeinden aus dem Ostallgäu folgten dem Beispiel: Pfronten, Nesselwang, Seeg,
Lengenwang, Buchloe und Waal. Dr. Lebrecht von Klitzing, Medizinphysiker und
jahrelanger Leiter der Klin.-Exp. Forschungseinrichtung an der Uni-Lübeck, gilt
als Urheber dieser Untersuchungen. Auf seiner Durchreise von der Schweiz nach
München weilte er für zwei Tage im Ostallgäu.

 

Frage: Wie sind Sie
darauf gekommen, dass über das Blut Veränderungen im menschlichen Körper durch
die gepulste Strahlung festzustellen sind?

 

Klitzing:
Kinderärzte machten mich auf die Problematik der Blutbildveränderung unter
Mobilfunkstrahlung aufmerksam. Nachdem nun ein Labor ein System entwickelte,
das es ermöglicht, die Ergebnisse deutschlandweit zu vergleichen, starteten wir
die erste Untersuchung in einem Ort im Hamburger Raum.

 

Frage: Gibt es
bereits erste Erkenntnisse aus den Untersuchungen?

 

Klitzing: Unsere
Erkenntnisse aus dem uns vorliegenden Material von über 1.000 Beteiligten
besagt, dass der Mensch auf die gepulste Strahlung reagiert. Die Reaktion des
Körpers ist eine negative Veränderung des Blutbildes. Um die Studie sicher zu
machen, ist es wichtig, dass sich möglichst viele beteiligen.

 

Frage: Warum sind
hier die Bürger selbst aktiv geworden? Gibt es von Seiten der Politik kein
Interesse an diesen Untersuchungen?

 

Klitzing: Vor einem
Jahr gab es bereits eine Vorbesprechung zwischen uns und Umweltminister
Trittin, in dem wir um Unterstützung baten. Herr Trittin zeigte großes
Interesse an unserem Vorhaben und so kam es zu einer Terminvereinbarung um ein
Symposium mit internationalen Wissenschaftlern zu organisieren. Dieser Termin
wurde leider  abgesagt. Neue
Gesprächstermine wurden vereinbart und wieder abgesagt. Bis heute steht das
Gespräch noch aus. Das Bundesamt für Strahlenschutz, mitverantwortlich für die
deutschen Grenzwerte, zeigte kein Interesse an den Untersuchungen.

 

Frage: Die
Mobilfunk-Initiativen Ostallgäu tragen sich mit dem Gedanken ein Messgerät
anzuschaffen. Wie beurteilen sie diese Maßnahme?

 

Klitzing: Ein
Messgerät kann dokumentieren, wie hoch die derzeitige Strahlenbelastung an dem
gemessenen Ort ist. Ein gutes Messgerät sowie eine versierte Handhabung ist die
Voraussetzung für objektive und verwertbare Messergebnisse. Dies wiederum führt
zu einer Versachlichung der Diskussion. Nicht vergessen werden darf, dass gute
Messgeräte nicht billig sind.

 

 

 

Frage: Wie sieht für
Sie ein verträglicher Mobilfunkausbau aus?

 

Klitzing: Es gibt
verschiedene Möglichkeiten für einen verträglichen Netzausbau. Eine
Möglichkeit, die kostengünstigere, ist, nur den Außenbereich mit Mobilfunk zu
versorgen. Das bedeutet, dass die Sendeanlagen nur mit einem Hundertstel der
jetzigen Leistung betrieben werden müssen. Wer auf eine Mobilfunk-Versorgung im
Haus Wert legt, erreicht dies durch Anbringen eines Verstärkers, eines sog.
Repeaters.

 

Frage: Gibt es neben
dem Mobilfunk weitere risikoreiche Techniken?

 

Klitzing: Während
die Bürger seit Jahren damit beschäftigt sind, gegen den willkürlichen Mobilfunkausbau
anzugehen, kommen fast unbemerkt neue, ebenso gepulste und deshalb ebenfalls
bedenkliche Techniken auf den Markt: z.B. das schnurlose DECT-Telefon, W-LAN,
der Polizeifunk TETRA.

Frage: Können Sie uns beschreiben was
„WLAN“ ist?



Klitzing:
Darunter versteht man ein lokales Funknetz, über das man sich z.B. mit
geeigneten Geräten kabellos ins Internet einloggen kann. Es findet bevorzugt Einsatz
an solchen Plätzen  an denen viel
Publikumsverkehr herrscht, wie an Flughäfen und Bahnhöfen, aber auch in Büros,
Privathaushalten und Hotels. Was sehr bequem zu hantieren ist, birgt leider ein
gesundheitliches Risiko, gleich dem vom Mobilfunk. .

 

Frage: Wie kann man
sich vor der zunehmenden Strahlenbelastung schützen? Was kann der Einzelne tun?

 

Klitzing: Am Besten,
so wenig wie möglich mobil telefonieren. Wenn weniger telefoniert wird, werden
auch weniger Sendemasten benötigt. Jeder Einzelne sollte für sich abwägen, ob
die Gesundheit wichtiger ist, als der technische Nutzen.

 

Wir bedanken uns für
das Interview und wünschen Ihnen für Ihre Arbeit in Zukunft alles Gute.