Mecklenburg-Vorpommern: Die niedrigsten Löhne in ganz Deutschland!

Nur 78,9% des Niveaus in Gesamtdeutschland betragen die
Bruttolöhne und Gehälter in Mecklenburg-Vorpommern. Das sind 21.062 Euro im
Jahr. In den alten Bundesländern waren es durchschnittlich 103,4% und damit
27.591 Euro brutto. Am krassesten sind die Unterschiede im verarbeitenden
Gewerbe, also beim Kern der Arbeiterklasse. Die dort Beschäftigten erhalten in
Mecklenburg-Vorpommern nur 65,3%. Und das obwohl die Produktivität
überdurchschnittlich steigt – im vergangenen Jahr um 1,9%. Die Löhne aber
stagnieren oder sinken sogar.

Es stimmt also nicht, was immer wieder von „Wirtschaftswissenschaftlern“,
Unternehmern, Politikern verbreitet wird: Wenn es dem Kapital gut geht, geht es
den Arbeitern auch gut. Das Gegenteil ist in der Realität der Fall. Und das hat
natürlich seinen Grund.

Zum einen ist da die hohe Arbeitslosigkeit. In Mecklenburg-Vorpommern
ist sie am höchsten in ganz Deutschland. Sie liegt offiziell bei 23,3%. Zählt
man die zahllosen Menschen in ABM-Maßnahmen, Umschulungen, Ein-Euro-Jobs usw.
hinzu, die nicht mehr als arbeitslos gelten, so beträgt im Nordosten
Deutschlands die reale Arbeitslosigkeit rund 40-50%. Während bundesweit 2004
die Zahl der Ausbildungsverträge sehr knapp um 2,2% im Westen und 0,9% im Osten
anstieg, sank sie in Mecklenburg-vorpommern um 5%. Die Ware Arbeitskraft ist
also reichlich und im Überfluss vorhanden, dafür aber wenig gefragt. Das macht
es dem Kapital leicht, den Preis zu drücken.

Das Kapital hat auch keinerlei Interesse, diese Unterschiede
bei Löhnen, Arbeits- und Lebensbedingungen innerhalb Deutschlands zu
beseitigen. In rund 15 Jahren „deutscher Einheit“ hat es nicht einen Finger für
eine Angleichung der Löhne gerührt. Denn so erhöht sich die Konkurrenz unter
Arbeitern und Angestellten. Der niedrige Preis der Ware Arbeitskraft im Osten
Deutschlands erlaubt dem Kapital auch im Westen, den Preis der Ware
Arbeitskraft zu drücken. Und umgekehrt erlaubt es jeder Lohnsenkungsabschluss
wie bei Siemens, Opel, Daimler-Chrysler usw. im Westen, den Druck auf die
Arbeiter und Angestellten im Osten zu steigern, ihre Löhne niedrig zu halten
oder weiter zu senken.

Die Konkurrenz untereinander schadet der Arbeiterklasse,
macht sie schwach und wehrlos. Deshalb ist es das objektive Interesse aller
Arbeiter und Angestellten, auch und vor allem der im Westen Deutschlands, für
die Angleichung der Löhne in Ost und West einzutreten. Katastrophal ist daher
auch die Haltung der Gewerkschaftsführungen, die zumeist nur in Worten von
Angleichung reden, in der Realität bei den Tarifabschlüssen nicht kämpfen und
keine wirksame Solidarität der Arbeiter und Angestellten im Westen mit den
Arbeitern und Angestellten im Osten organisieren. Diese Haltung stärkt das
Kapital in seinem Kampf zur Senkung der Löhne, zum Sozialabbau, zur
Verschlechterung der Lebensbedingungen – in Ost und West.

Fortschrittliche Gewerkschafter müssen daher diese Tatsachen
und ihre Auswirkungen wie die verschärfte Konkurrenz, den Druck auf die
arbeitenden Menschen unter ihren Kollegen deutlich machen und für einheitliche
Löhne, einheitliche Lebens- und Arbeitsbedingungen, für wirksame Solidarität
der Arbeiter und Angestellten in West und Ost eintreten. Innerhalb der
Gewerkschaften muss dafür gekämpft werden, dass die Einheit der Arbeiter und
Angestellten, ihre objektiven Interessen und nicht die Interessen des Kapitals
an Spaltung und Schwächung der Maßstab für die Politik und das praktische
Handeln der Gewerkschaften sind.

ernst