Einreiseverbot für Irakische Gewerkschafter!

Die deutsche Botschaft in Bagdad verweigerte zwei irakischen
Kollegen/-innen der Allgemeinen Gewerkschaft der Beschäftigten im Ölsektor
(GUOE), die am 24. Oktober auf Einladung der Attac AG Globalisierung und Krieg
auf einer Veranstaltung in Kiel sprechen wollten, das Einreisevisum.

Zur Veranstaltung über den Kampf der irakischen
Gewerkschaften gegen Privatisierung und Besatzung kamen über 50 Interessierte.
Die Kieler Nachrichten, Kiels einzige Tageszeitung, veröffentlichte eine
Pressemitteilung mit einem großen Bild und hatte die Veranstaltung angekündigt.
Zuvor wurden über 1500 Flugblätter verteilt und mit Plakaten geworben. Zwar
konnte die Veranstaltung durch spontane Referate gerettet werden, doch die
Enttäuschung über das Nichterscheinen der irakischen Gewerkschafter und die
Empörung über das Einreiseverbot war sehr groß. Die Referate konzentrierten
sich auf internationale Zusammenhänge auf dem Ölmarkt und den Finanzmärkten und
die neoliberalen Privatisierungs- und Profitbestrebungen der westlichen Mächte.
Ein weiteres Thema, was in diesem Zusammenhang erläutert wurde, waren die
Kriegsdrohungen gegen den Iran. Bedauert wurde, dass einige Fragen von den
Gewerkschaftern nicht beantwortet werden konnten, wie z.B. wie haben sie es
erreicht, dass die Ölbetriebe nicht mehr in amerikanischen Besitz sind? Wie ist
ihr Verhältnis zum bewaffneten Widerstand? Wie stehen sie zu den verschiedenen
Glaubensgemeinschaften und welche Rolle spielt dies in der Gewerkschaft? Viele
Teilnehmer/innen haben sich in eine Liste eingetragen und ihre Bereitschaft
erklärt, an einer weiteren Veranstaltung mit den irakischen Kollegen  teilzunehmen. Es wurde eine Protesterklärung
verabschiedet, von allen unterschrieben (siehe unten) und 100 Euro gespendet.

Die Gewerkschaft GUOE, die auch Basra Ölgewerkschaft genannt
wird, ist ein Zusammenschluss mehrerer Gewerkschaften aus der Energiebranche.
Hier sind über 23.000 Beschäftigte organisiert. Die GUOE ist parteipolitisch
und weltanschaulich neutral. Zu ihrem Grundkonsens aber gehört die prinzipielle
Ablehnung der militärischen und wirtschaftlichen Besatzung des Landes sowie der
neoliberalen Privatisierung. Der Reichtum des Iraks soll allen Irakern zu gute
kommen, um die Armut zu beseitigen und das Land wieder aufzubauen. Schon im
August 2003 gelang es, mit einem dreitägigen Streik bessere Löhne und
Arbeitsbedingungen zu erkämpfen.

Mit Solidaritätsaktionen und Proteststreiks reagierten die
Gewerkschafter auf die Angriffe der Besatzungstruppen auf irakische Städte wie
Najaf und Falludscha. „Wir unterstützen alle Arten des ehrenhaften Kampfes im
Irak“, so ihr Vorsitzender Hassan Juma’an Awad in einem Interview. „Wir
möchten, dass die Besatzung sofort aufhört. Aber wir sind gegen alle Terrorakte
gegen die irakische Zivilbevölkerung durch gewisse Terrororganisationen im
Irak.“ Eines der wichtigsten politischen Ziele der GUOE ist die Zurücknahme der
von der Besatzungsbehörde erlassenen Gesetze.

K. B.

Hier nun der Protestbrief der Teilnehmer:

An das

Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland

Werderscher Markt 1

10117 Berlin

 

Uwe Stahl

Pommernring 21

24161 Altenholz

BETREFF: Bitte um Erklärung für das Einreiseverbot

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 24.10.2005 luden wir in Kiel zu einer
Informationsveranstaltung zwei KollegInnen der Ölarbeitergewerkschaft aus dem
Irak ein. Leider konnten sie nicht erscheinen, weil die Deutsche Botschaft im
Irak ihnen kein Visum bewilligte. Die 50 Anwesenden auf der Kieler
Veranstaltung halten dies für eine politische Entscheidung des Auswärtigen Amtes
und möchten gerne eine Erklärung dafür bekommen.

Folgende Protesterklärung wurde von den Anwesenden
angenommen und ich wurde beauftragt, sie dem Auswärtigen Amt zu übermitteln:

Sofortige Aufhebung des Einreiseverbots für irakische
GewerkschafterInnen!

Am 20.10.05 hat die Deutsche Botschaft in Bagdad völlig
überraschend mit fadenscheiniger Begründung zwei KollegInnen der

Ölarbeitergewerkschaft GUOE

die Visa abgelehnt. Wir sehen in dieser Entscheidung eine
Einschränkung der Organisationsfreiheit der irakischen Kollegen und eine
wesentliche Einschränkung unserer Informationsfreiheit in Deutschland.

Der noch amtierende Außenminister, Herr Fischer, kann diese
Entscheidung unverzüglich korrigieren. Dazu fordern wir ihn mit dieser
Unterschriftenliste auf.

Die Bundesregierung hat behauptet, sie wolle im Irak
Demokratie und Selbstbestimmung fördern. Freie Gewerkschaften, das Recht auf
Koalition und Streik, sind eine unabdingbare Voraussetzung für Demokratie. Im
September 2003 gab der damalige Statthalter der US-Regierung im Irak mehrere
Befehle aus, die die Gesetzgebung des Saddam Hussein Regimes außer Kraft
setzten und der internationalen Kapitalseite enorme Freiheiten eröffneten. Doch
ein Gesetz Saddam Husseins ließ er bestehen: das Gewerkschaftsgesetz, dass nur
eine Staatsgewerkschaft zulässt. Diese Befehle Bremers gelten nach wie vor. Die
Entscheidung der deutschen Botschaft in Bagdad bedeutet eine aktive
Unterstützung dieser völlig undemokratischen „Gesetzgebung“ Saddam Husseins und
der US-Regierung.


Wir fordern das Außenministerium, insbesondere den
Außenminister auf, der deutschen Botschaft in Bagdad die Weisung zu erteilen,
die beantragten Visa  für Frau Bosrah A.
Abbood und Herrn Taha A. Ibraheem Breshdi unverzüglich zu erteilen. Laut länger
vorliegender Erklärung der deutschen Botschaft liegen alle erforderlichen
Unterlagen vor.

Im Auftrage der 
Versammlung am 24.10.2005 in Kiel mit der Bitte um Antwort.

Uwe Stahl