Korrespondenz zum Artikel „Solidarität mit Infineon-Kollegen“

Im Anschluss an den sehr gut
recherchierten Bericht über den einwöchigen Streik bei Infineon schriebt Ihr
als letzte Meldung: „Der Streik wurde von der IGM-Führung abgebrochen. Es kam
wieder ein „sozialverträglicher Kompromiss“ zur Vernichtung der Arbeitsplätze
heraus. Die kämpferischen Kolleg/innen bei Infineon wurden um die Früchte ihres
Kampfes betrogen.“

Mit dieser Einschätzung bin ich
nicht ganz einverstanden. Nun, ich bin natürlich nicht selbst Beteiligter und
habe den Streik nur über die Veröffentlichungen auf der Homepage „Infineon
aktuell“ verfolgt. Sicher ist es bemerkenswert, dass die Einigung mit der
Geschäftsführung ziemlich rasch von Sonntag auf Montag kam und dass von da an
auf der IG-Metall-eigenen Homepage die Nachrichten eher mager waren, nur noch
das Ergebnis der Urabstimmung (70% für den Kompromiss) und ein Dank an die
KollegInnen, die sich solidarisch mit dem Streik zeigten.

Interessanterweise schreibt die
liberal-bürgerliche Frankfurter Rundschau am 1. November: „Von Beginn an war
ihnen (nämlich den Beschäftigten) und der IG Metall klar, dass die Schließung
der veralteten Chipfabrik nicht mehr zu verhindern ist. Doch mit dem mageren
Angebot des Managements, vor allem für die fälligen Abfindungen, wollten sie
sich nicht abspeisen lassen. Ihnen ist es gelungen, mit dem mutigen Ausstand
die Schließung um 3 Monate hinauszuschieben und höhere Abfindungen
herauszuholen. Der Kompromiss erlaubt auch Infineon, das Gesicht zu wahren. Denn
die Forderung, das Werk erst Ende 2008 dichtzumachen, musste die IG Metall
endgültig aufgeben.“

Die Forderung, das Werk erst gar
nicht zu schließen und damit die Arbeitsplätze in München-Perlach zu erhalten
stand nämlich von Anfang an als Ziel des Streiks, der ja sehr wohl von der IGM
organisiert war – es war nicht ein von den Kollegen selbständig begonnener
Streik, an den sich die IGM dann angehängt hätte – nicht zur Debatte. In ihrem
legalistischen Verständnis von Streik und Friedenspflicht war es für die IGM
nur möglich, für die Durchsetzung eines so genannten „Sozialtarifvertrags“ streiken
zu lassen, praktisch eines Sozialplans auf tarifvertraglicher Basis.

Das muss aber zumindest den
bewusstesten und aktivsten KollegInnen auch von Anfang an klar gewesen sein. Dass
irgendetwas „sozialverträgliches“ dabei herauskommt, ist also kein Wunder und
so gesehen auch nicht das Schlimme an dem Kompromiss. Wenn etwas „schlimm“
ist,  dann die rasche Einigung mit nur
einem Bruchteil dessen, was die IGM ursprünglich gefordert hat, obwohl die
Streikfront prima stand und es offensichtlich auch gelungen ist, Streikbrecher
abblitzen zu lassen. Das ist aber auch genau das Verhalten des
Gewerkschaftsapparats, das sich bei jeder Lohn- und Gehaltsrunde zeigt, wenn
denn schon mal gestreikt wird.

Dass die kämpferischen
KollegInnen „um die Früchte ihres Kampfes betrogen“ worden sind, stimmt so auch
nicht, immerhin wurde die Abfindung durch den Streik vom Arbeit“geber“angebot
von 0,33 Monatslöhnen auf 1,32 Monatslöhne pro Beschäftigungsjahr (das ist das
4-fache) erhöht.

Und nicht zu vergessen die
„Frucht“, die Solidarität der KollegInnen aus anderen Betrieben zu spüren und
zu erfahren, dass Kampf  eben doch etwas
bringt. Das ist für uns Kommunisten doch laut Marx gerade das nützliche und
fruchtbringende an den Kämpfen, nicht die Frage, ob es jetzt 1,2 oder 1,5
Monatslöhne Abfindung gibt. Die Einschätzung „um die Früchte ihres Kampfes
betrogen“ scheint mir da schon etwas zu pessimistisch oder auch oberflächlich
zu sein.

Besonders vor der Streikbereitschaft an sich hat die Bourgeoisie die
größte Angst. So schreibt auch die erwähnte Frankfurter Rundschau: “… das gilt
nicht nur für Infineon. Denn ähnliche Auseinandersetzungen gibt es auch
anderswo….Streik, ein in diesen für die Areit“nehmer“ generell schweren Zeiten
hier zu Lande eher ungewohntes Wort, könnte in diesem Herbst öfter zu hören
sein: Leider,“ (!!) „weil es ohne ihn offenbar nicht geht.“