Spiegelartikel über China: Imperialistischer Kommunismus, kommunistischer Imperialismus, oder was?

Korrespondenz: Seit seiner Gründung ist das
Nachrichtenmagazin Der Spiegel u.a. bekannt für seine primitive antikommunistische Berichterstattung. Nach
dem Zusammenbruch der revisionistischen Regimes 1989-1991 war für den Spiegel
ebenso wie für viele andere bürgerliche Massenmedien auch der Sozialismus
gescheitert. Der Spiegel gab für dieses historische Ereignis noch 1991 ein Spiegel-Spezial heraus mit
dem Titel „Die Katastrophe des Kommunismus, von Marx bis Gorbatschow“. Darin
kamen prominente Kronzeugen des Antikommunismus wie Leszek Kolokowski,
Alexander Jakowlew, Michail Gorbatschow und andere Konsorten zu Wort. In den darauf folgenden Jahren
hatte man bei der Spiegel- Berichterstattung 
beim Thema Sozialismus/Kommunismus nicht das Gefühl, dass die
Spiegel-Redakteure einer sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft in naher
Zukunft noch große Chancen einräumen würden. Doch der Titel der Spiegel-Ausgabe
vom 15.01.2007 sorgte für eine überraschende Kehrtwendung. Stand da doch: Rot-Chinas
rasanter Aufstieg
, und in noch größeren Lettern: „Funktioniert der
Kommunismus doch?“
Das Motiv für diese doch sehr überraschende Einschätzung
ist das rasante Wirtschaftswachstum.

So heißt es in der zweiteiligen Artikelserie im ersten Teil
mit der Überschrift [2] „Die Rotchina AG“ eingangs: „Mit
planwirtschaftlichen Methoden rollt China den Weltmarkt auf. Der anscheinend
unaufhaltsame Aufstieg des Landes zur globalen Wirtschaftssupermacht verblüfft
Konkurrenten und Ökonomen gleichermaßen. Funktioniert der Kommunismus doch?[1]“

Und an anderer Stelle heißt es immer noch eher euphorisch: „Anderthalb
Jahrzehnte nach dem Zerfall der Sowjetunion wächst sich ein kommunistisch
regiertes Land anscheinend unaufhaltsam zur Wirtschaftsgroßmacht aus, auf den
ersten Blick mit Rezepten, bei denen  westliche Politiker entsetzt abwinken:
Fünfjahrespläne. Kein Privateigentum an Grund und Boden. Manipulierte Wechselkurse.[3]“

Bei solch exakten wissenschaftlichen Einschätzungen wird
einem klar, warum Der Spiegel Deutschlands führendes Nachrichtenmagazin ist, … ein
kommunistisch regiertes Land,…mit Rezepten, bei denen westliche Politiker
entsetzt abwinken:……..Kein Privateigentum an Grund und Boden…“ –
Eine
wirklich bewundernswerte Analyse. Eine ähnlich glorreiche Einschätzung zu der
auch Organisationen wie DKP und KPD (Ost) kommen!  Doch nach dieser Spiegel- Einschätzung, folgt
gleich noch eine andere, die auf die unübersehbaren Schattenseiten in China
eingeht: „Aber das ist nur die eine Seite des Riesenreiches China. Die
andere ist ein wild entfesselter Kapitalismus, in dem nur der nackte Profit
zählt.[4]“

Es scheint sich also um eine friedliche Koexistenz unterschiedlicher
gesellschaftlicher Systeme zu handeln, und noch dazu in einem Lande! Ein Land,
das von Kommunisten regiert wird, in dem nur der nackte Profit zählt…..Ein imperialistischer
Kommunismus also oder ein kommunistischer Imperialismus oder was? Oder doch nur
wieder ein Spiegel-Artikel mit einer wirren Aneinanderreihung von Halbwahrheiten, Fakten
und unwissenschaftlichen Einschätzungen, wie es der Spiegel Leser seit jeher
gewohnt ist?

 
Anmerkungen und Quellenangaben:

  1. Der Spiegel, Nr.3/15.01.2007, S.84.
  2. Anm.: Eingegangen wird hier nur auf den ersten Teil, der
    Zweite beschäftigt sich mit Chinas Umweltproblemen.
  3. ebenda, S.86.
  4. ebenda, S.87.