Antikriegstag in München: Die Folgen des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan

Korrespondenz: Unter dem Titel „Die Folgen des
Bundeswehreinsatzes in Afghanistan“ fand am 1.September eine Veranstaltung zum
Antikriegstag 2008 im DGB- Haus in München statt. Da auch zwei Referenten aus
dem Bundestag eingeladen waren, war man gespannt, wie diese argumentieren
würden.

 

Vor der Veranstaltung im DGB- Haus fand eine kleine
Demonstration statt. Eine sogenannte „Picket- Line“ zum Gewerkschaftshaus. Eine
imposante wandernde Menschenkette wurde leider nicht daraus, da sich nur wenige
Menschen daran beteiligten. Gezeigt wurden während dieser Aktion Schilder, die
sich vor allem gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan wendeten.
Angekommen im Gewerkschaftshaus musste man dann feststellen, dass der Saal
schon gut gefüllt war und sich die Frage aufdrängte, ob sich nicht mehr
Menschen an der Menschenkette hätten beteiligen können? Im Hinblick auf die
Landtagswahlen in Bayern war diese Veranstaltung eine gute Möglichkeit, sich
über die Positionen zur Friedens- bzw. Kriegspolitik von drei Parteien zu
informieren, die sich derzeit auch im Bundestag befinden.

Als Referenten an diesem Abend waren anwesend Dr. Axel Berg
von der SPD (MdB), Jerzey Montag von den Grünen (MdB) und anstelle von Tobias
Pflüger war der Spitzenkandidat für die Landtagswahlen in Bayern, Fritz
Schmalzbauer für die Linke anwesend. Außerdem referierte der Afghanistan-
Experte Dr. Matin Baraki von der Universität Marburg über das Thema dieser
Antikriegsveranstaltung.

 

Revisionistische Thesen und die Lage in Afghanistan heute

Mit einem Einleitungsreferat bezog Dr. Baraki altbekannte
Positionen, für die er sich mittlerweile einen Namen gemacht hat. So wartet
Baraki immer wieder mit revisionistischen Thesen, wie z.B., die Sowjetunion
wäre damals in den Afghanistan- Krieg hineingestolpert!

Die CIA hätte demnach der Sowjetunion eine Falle gestellt,
in die diese dann „hineingefallen“ wäre! Diese altbekannten revisionistischen
Positionen müssen von Marxisten- Leninisten immer wieder aufgedeckt und
angegangen werden, jedoch macht es wenig Sinn, diese an dieser Stelle eingehend
aufzugreifen, da das Thema an diesem Antikriegstag ein anderes, aktuelles Thema
war. Es ging um die Situation in Afghanistan heute und lässt man die
revisionistischen Thesen von Baraki außen vor, können verwertbare Informationen
aus seinem Vortrag über die derzeitige Lage in Afghanistan herausgefiltert
werden. Baraki kennt Geschichte, Land und Leute Afghanistans und macht seit
langem auf die Kriegs- und Besatzungspolitik der NATO- und ISAF- Truppen
öffentlich aufmerksam. Deshalb schätzen mittlerweile auch Bundestagsabgeordnete
Baraki als Informationsquelle, selbst wenn diese für den Krieg abgestimmt
haben.

 

Gute ISAF- Truppen, gute Bundeswehr, böse US- Armee?

Als Informationsquelle geschätzt wird Baraki u.a. von den an
diesem Abend anwesenden Bundestagsabgeordneten Axel Berg (SPD) und von Jerzey
Montag (Bündnis 90/ Grüne).

Beide Abgeordneten stimmten zwar gegen den Einsatz der
Bundeswehr unter dem Einsatz der US- geführten OEF, stimmten jedoch für den
ISAF- Einsatz der Bundeswehr. Mit diesem Abstimmungsverhalten spielten sich
diese beiden Herren am Antikriegstag als Friedens- und Aufbaupolitiker für das
Land Afghanistan auf! Axel Berg stellte die Frage an das Publikum  gewand, „wie geht man damit um?“ –Und gestand
dem Publikum sogleich ein, dass er das Land ja gar nicht kenne und sich auf
Quellen und Informationen verlassen müsse. Berg räumte auch ein, dass die letzten
Kriege alle um Energie bzw. Öl und Gas gingen. Er versuchte dann einen
grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Krieg der NATO, der OEF- Truppen und
dem ISAF- Einsatz der Bundeswehr aufzuzeichnen. In der anschließenden
Diskussion führte Berg gar an, dass die deutschen Soldaten mit Abstand die
beliebtesten sind und im Gegensatz dazu die Bevölkerung vor den US-Soldaten
gleich davon laufen würde. Bergs Geschwafel von einer Aufbauhilfe durch die
Bundeswehr, die er zwar auch in mancher Hinsicht kritisierte, insgesamt jedoch
lobte, endete letztendlich darin, dass er den Kriegseinsatz auch weiterhin im
Bundestag mittragen werde.

 

„Mit bestem Wissen und Gewissen“

Mindestens ebenso jämmerlich wie der Sozialdemokrat Berg,
argumentierte Jerzey Montag von den einst pazifistisch eingestellten Grünen.
Montag blies ins selbe Horn, „Aufbauleistungen“ der Bundeswehr wurden
angeführt. Er hätte mit bestem Wissen und Gewissen an den bisherigen
Abstimmungen im Bundestag teilgenommen und versuche sich darüber hinaus auch
zukünftig bestmöglich zu informieren. So wisse er beispielsweise von
„unabhängigen“ Umfragen in Afghanistan, die von einer achtzigprozentigen
Zustimmung in der afghanischen Bevölkerung, für den Einsatz der Bundeswehr,
ausgehen. Eine nähere Quellenangabe blieb aus, wissen doch die Allermeisten von
ganz anderen Ergebnissen aus Umfragen in Afghanistan und auch in der deutschen
Bevölkerung, die von zivilen bürgerlichen Meinungsforschern durchgeführt
wurden! Einer Frage aus dem Publikum, ob er sich selbst nicht als
Verfassungsbrecher betrachte, antwortete Montag in kühler juristischer Manier,
dass Deutschland ja im Mandat der Vereinten Nationen handle!

 

Die Linke: Dialog oder Konfrontation?

Wie äußerte sich nun der Kandidat für die bayerischen
Landtagswahlen von der Partei Die Linke, Fritz Schmalzbauer, zum
Bundeswehreinsatz in Afghanistan? Er sprach sich  wie Matin Baraki für einen Abzug der
Bundeswehr aus. Allerdings war auch er ebenso wie Baraki nicht für einen
sofortigen Abzug, sondern für einen allmählichen Abzug, um „kein Chaos zu
hinterlassen“! Überraschenderweise nutzte Schmalzbauer die Wahlkampfsituation
auch nicht für eine direkte Konfrontation mit der Konkurrenz von Grünen und SPD
aus. Schmalzbauer zeigte sich Dialogfreudig gegenüber Jerzey Montag und Axel
Berg. Nach dem Motto, es müsse ja die beste Lösung gemeinsam gefunden werden,
die beiden Bundestagsabgeordneten zeigten sich ja zumindest
Verantwortungsbewusst, so das Credo von Schmalzbauer!

 

Nächste Abstimmung im Oktober!

Mit den Geschwafel der Bundestagsabgeordneten und den eher harmlosen
Ausführungen von Schmalzbauer gab sich ein Genosse unserer Organisation nicht
zufrieden. Er erinnerte daran, dass schon sehr bald die nächste Abstimmung im
Bundestag über Afghanistan stattfinden werde. Es sei bekannt, dass es u.a. um
die weitere Aufstockung um 1000 Soldaten mehr ginge, und er wolle wissen, wie
sich die beiden Abgeordneten verhalten werden, so die Forderung unseres
Genossen! Die heuchlerische Ausflucht der Abgeordneten ging dahin, dass sie ja
gar nicht wüssten, wie die Lage in Afghanistan bis zur nächsten Abstimmung sei
und die genaueren Inhalte der Abstimmung ja auch noch nicht bekannt seien etc.!
Eine ebenso jämmerliche wie entlarvende Vorstellung der beiden Abgeordneten.
Die Veranstaltung zeigte überdeutlich auf, dass die „humanitären Argumente“ von
Bündnis 90/Grüne und SPD für den Kriegseinsatz der Bundeswehr weiterhin mit der
wahren Lage widerlegt werden müssen. Beide Parteien müssen weiterhin von uns
als Kriegstreiber demaskiert werden, und zusammen mit anderen Organisationen
ist weiterhin eine klare Position in dieser Frage zu propagieren, um eine
Gegenöffentlichkeit zu schaffen, die den sofortigen Abzug fordert!                   [ro]