Milchbauern sollen geprellt werden

Zur Erinnerung:

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM)
organisierte Ende Mai 2008 einen neuntägigen Milchlieferstreik, an dem sich die
große Mehrheit der Milchbauern aktiv beteiligte. Dieser Streik ist in seiner
Form einmalig in der Geschichte. Er weitete sich sogar in die Nachbarländer
aus.

Alle Forderungen der Landwirte, wie Umrechnungsfaktor,
Abschaffung der Molkerei- und Bundessaldierung, Forderungen zur Verknappung der
Milch und damit zu höherem Preis, wurden auf dem Milchgipfel am 29.07.2008 von
den Länderagrarministern aufgegriffen. Zu allen Punkten wurden von den
Ministern mündliche Zusagen gemacht.

Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, nahmen am
16.10.2008 rund 10.000 Bauern an der Milchparade des BDM in Berlin teil. 35.000
Namen, die den BDM-Forderungen zustimmen, hatten die Landwirte auf einer
insgesamt einen Kilometer langen roten PVC-Folie vor dem Brandenburger Tor in
Berlin ausgelegt. Diese große zentrale Aktion fand im Vorfeld der Tagung des
Agrarausschusses des Bundesrats statt.

Auf der Tagung wurden – zum Entsetzen der Bauern – mit
großer Mehrheit die beiden wesentlichen Ergebnisse des Milchgipfels im Juli
abgeschmettert. Nun bleibt im Grunde alles, wie es ist. Viele Minister
betrieben Wortbruch, die Milchbauern wurden getäuscht.

Der Preis für den Liter Milch liegt zurzeit durchschnittlich
bei 33 Cent. Die Bauern forderten aber 43 Cent pro Liter. Bald dürfte er noch
fallen. Die Nachfrage auf dem Weltmarkt ist schwach und die Bauern (meist
Großbauern mit 700 bis 1.000 Kühen) liefern mehr als üblich. Die Existenzangst
wird größer. Entsprechend groß sind der Frust und die Wut. Ein Kommentator der
Allgäuer Zeitung schreibt: „Es ist ein Schlag ins Gesicht tausender Allgäuer
Bauern und deren Familien
             …Und es ist ein Signal, das im schlimmsten
Fall viele Landwirte radikalisieren und damit für eine gemäßigte politische Linie
nicht mehr ansprechbar machen könnte.

Wenn der BDM am 01.10.2008 noch schreibt, dass mit dem Lieferstopp
alle Forderungen politisch auf den Weg gebracht werden konnten und „Große
Unterstützung erfahren wir dabei von Bundesminister Seehofer“, so hat er jetzt
gelernt, dass diese politischen Illusionen zerschellt sind. Man ist auf dem
harten Boden der Marktwirtschaft aufgeschlagen. Die Politik bietet in der Krise
immer weniger Spielraum. Tribunen, wie Seehofer, verlieren rasch ihren Mythos.
Bevor er noch Bayerns Ministerpräsident wird, hat er schon „verschlissen“.