Griechenland: Staatsbankrott Nummer Eins

Am 23.04.2010 erreichte die Europäische Zentralbank ein Schreiben der griechischen Regierung, in der es in einem Satz heißt: „In Übereinstimmung mit der Erklärung der Staats- und Regierungschefs vom 25. März und der darauffolgenden Erklärung der Eurogruppe, finanzielle Hilfe für Griechenland wenn nötig bereitzustellen, bittet Griechenland hiermit um die Aktivierung des Hilfsmechanismus.“ Aus eigener Kraft kann Griechenland seine 300 Mrd. Euro Schulden nicht mehr bedienen, damit ist das Land pleite.

In der letzten Ausgabe von ARBEIT ZUKUNFT sind wir in dem Artikel „Generalstreik ist die griechische Antwort auf EU-Spardiktat“ schon ausführlich auf die wirtschaftlichen Hintergründe eingegangen. Die neuere Entwicklung kann eigentlich für niemanden überraschend gekommen sein. Doch die BILD Zeitung vom 24.4. behauptet „auch die Kanzlerin wird kalt erwischt.“ Die Hoffnung der Bundesregierung, dass die Hilfszusage der EU die Kreditwürdigkeit Griechenlands derart verbessert, dass sich Griechenland an den Anleihemärkten refinanziert, hat sich als falsch erwiesen.

Was „unsere“ Kanzlerin überrascht, hat sich für Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise „abgezeichnet“ (FR 24./25.4.) und mit dieser Einschätzung steht er nicht allein. Interessant ist ein Vorgang, den die griechische Internetseite BANKING NEWS am 9.04. meldete. Hier wurde eine fünfjährige Staatsanleihe Griechenlands in Höhe von 8,22 Mrd. Euro nur elf Tage vor Fälligkeit verkauft. Damit „verzichtet“ der Verkäufer auf immerhin 246 Millionen Euro Zinsen. BANKING NEWS schreibt dazu: „Eins ist klar: dieser Verkauf ist die reine Panik. Der Verkäufer geht davon aus, dass Griechenland in den nächsten elf Tagen Bankrott gehen wird. Man muss von einem Zahlungsausfall oder etwas ähnlichem ausgehen, um eine in elf Tagen fällig werdende Staatsanleihe zu verkaufen.“

Tage später wurde öffentlich, dass die tatsächliche Staatsverschuldung Griechenlands noch größer ist und der Wert, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, um 0,7 Prozent höher als bisher angegeben ist und nun 13,6 Prozent beträgt. Der Zinssatz für griechische Anleihen mit zwei Jahren Restlaufzeit kletterte innerhalb eines Tages auf über 10 Prozent und der Euro erreichte ein neues Jahrestief von 1,32 Dollar. Während Deutschland zu einem Zinssatz von ca. 3 Prozent und der europäische Durchschnitt zu ca. 6 Prozent Anleihen aufnehmen kann, benötigt man keinen großen wirtschaftlichen Sachverstand sich auszumalen, dass Griechenland von solchen Zinsbelastungen ebenso schnell, wie vor einigen Jahren Argentinien, in den Bankrott getrieben würde.

Das sogenannte „Rettungspaket“ von EU und IWF umfasst 45 Mrd. Euro, wovon der deutsche Anteil zunächst 8,4 Mrd. Euro betragen würde. Das Geld soll über die KfW fließen und über Staatsbürgschaften abgesichert werden. Der FDP Abgeordnete Schäffler rechnet dagegen mit 30 Mrd. Euro. Er erklärte: „Danach könnte es noch mehr werden. Griechenland ist ein Fass ohne Boden.“ Aber solange Griechenland an der „Kreditnadel“ hängt, ist das ein Riesengeschäft. Denn Griechenland soll das „Rettungspaket“ ja bezahlen. Wahrscheinlich mit Zinsen in Höhe von 6%. Eine Überdosis von 10% würde ja zum Staatsbankrott führen und deutsche Banken müssten 40 Mrd. Euro abschreiben. So kann man davon ausgehen, dass die KfW das Geld zu drei Prozent aufnimmt und zu sechs Prozent an Griechenland verleiht. Ein Millionengeschäft, welches die griechischen Arbeiter bezahlen sollen.

Die Gefahr, dass Griechenland die Kredite nicht zurückzahlen kann, sieht Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise als „gering“ an. Er begründet das wie folgt: „EU und IWF haben jetzt ein Druckmittel in der Hand. Sie werden sehr genau darauf achten, dass die Griechen die angekündigten Reformen und Sparmaßnahmen auch umsetzen.“ Diese Maßnahmen beinhalten unter anderem massive Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst, Einfrieren der Renten und eine Mehrwertsteuererhöhung auf 21 Prozent.

Dass ein Banker, wie Herr Heise, richtig einschätzt, dass Schuldner immer mehr Geld benötigen verwundert nicht, aber es liegt am Kampf der Werktätigen, ob sie sich vom Finanzkapital auspressen lassen oder nicht. Die Griechen haben den Kampf, von Demonstrationen bis zum Generalstreik, schon aufgenommen. Die griechische Regierung steht unter der Kontrolle des EU-Diktats und des IWF, deshalb konzentriert sich der Kampf der Griechen auch besonders auf diese Organe.

Dem Kampf das griechischen Volkes gegen das Diktat des Finanzkapitals gehört unsere ganze Solidarität!

Der CSU Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich hat sich schon dafür ausgesprochen einen Ausstieg Griechenlands aus der Europäischen Währungsunion zu prüfen. „Griechenland hat nicht nur ein Liquiditäts-, sondern auch ein grundsätzliches Wachstums- und Strukturproblem", sagte Friedrich dem SPIEGEL. Deshalb solle das Land "ernsthaft erwägen, aus dem Euro-Raum auszutreten". Ein solcher Schritt, sagte Friedrich, dürfe "nicht zum Tabu erklärt werden".

Das finden wir auch, aber aus anderem Grund. Herr Friedrich möchte die schwachen Teile der EU gerne loswerden, da er das Ziel einer imperialistischen Großmacht EU, die es mit den USA und China aufnehmen kann, nicht gefährden will. Da sich im Kapitalismus die Länder immer ungleich entwickeln, wird es immer „Strukturprobleme“ geben. Wäre Griechenland ein souveräner Nationalstaat mit eigener Währung, wäre Griechenland nicht so stark den Erpressungen ausgeliefert. So gerät Griechenland immer tiefer in den Strudel von Krediten. Und gleiches gilt auch für Portugal, Spanien, Italien u.a., sodass man kein Prophet sein muss, um voraussagen zu können, dass noch weitere Staatsbankrotte warten und die EU in immer größere Schwierigkeiten kommen wird. Ob sie das in ihrer heutigen Form überlebt?

jt

Flugi: Griechenland, Mai 2010