Die Betriebsratswahlen laufen. Widersprüchliche Ergebnisse im Bereich der Metallindustrie!

Für eine endgültige Bewertung der Betriebsratswahlen 2010 ist es noch zu früh. Sie sind auch noch nicht überall gelaufen. Zum Teil dauert es noch bis Mai, bis gewählt ist. So kann auch jetzt noch kein endgültiges Fazit gezogen werden. Das wird ein Thema in der nächsten Nummer von Arbeit-Zukunft sein. Berichte und Korrespondenzen unserer Leser/innen zu den von ihnen erlebten oder mitgestalteten BR–Wahlen sind uns deshalb sehr willkommen!

Erste Ergebnisse gibt es nach unseren Recherchen vor allem im IG-Metall-Bereich. Wir geben einen Überblick über einige Tendenzen.

Insgesamt scheinen die IG Metall, aber auch Ver.di in den Betriebsräten ihre Positionen gehalten zu haben. Was sich aber schon jetzt andeutet, ist, dass die Betriebsratswahlen 2010 ein sehr widersprüchliches Ergebnis erbringen werden.

In einigen Fällen, auch da, wo der Apparat der IG Metall massiv in die Kritik geraten ist, konnte dieser seine Positionen trotz alledem halten. „Alternative“ Listen fuhren neben meist bescheidenen Erfolgen auch herbe Niederlagen ein.

Inzwischen beginnen aber Ausschlussverfahren gegen kämpferische Kolleg/innen, die auf eigenen Listen kandidiert haben. Aber auch Proteste dagegen laufen an der Gewerkschaftsbasis.

Zunächst ein vorläufiger Überblick:

Die Mercedes-Benz-Belegschaften erlebten sehr widersprüchliche Ergebnisse und Wahlkämpfe. Beispiele:

Werk Untertürkheim
Dort hatten bekanntlich (Arbeit Zukunft berichtete) die IG Metall und die „Alternative“ zu einer gemeinsamen Liste fusioniert. Die gemeinsame Liste konnte zwar mit 76 % die absolute Mehrheit erobern, aber das waren trotzdem 2800 Wähler/innen weniger als 2006 für IG Metall und Alternative zusammen. Hatte die Alternative 2006 noch 10 Sitze erobert, so sind sie in der neuen gemeinsamen Fraktion anscheinend nur noch mit 9 Kolleg/innen vertreten, die IG Metall dagegen erhielt 25 statt wie 2006 28 Sitze. Die Wahlbeteiligung ging um 8 %(!)zurück. In diesem Ergebnis drückt sich offenbar deutliche Kritik an der Schmusepolitik des IG Metall-Betriebsrats aus, der praktisch alle Vorstandsprojekte unterstützte. Die Kolleg/innen der „Alternative“ haben eine große Verantwortung, nun weiterhin den klassenkämpferischen Kolleg/innen der Untertürkheimer bzw. Mettinger Betriebe eine Stimme zu verleihen.
Die Liste „Offensive Metaller“ konnte ihren Stimmenanteil ausbauen und zusätzlich zu dem bereits zum alten Gremium zählenden Volker Kraft einen weiteren Sitz hinzugewinnen. Kollege Kraft war aus der IG Metall ausgeschlossen worden, weil ihm vom IG Metall Apparat vorgeworfen wurde, die MLPD zu unterstützen. Aus diesem Grund war ihm auch die Kandidatur auf einer gemeinsamen IG-Metall-Liste in Untertürkheim verweigert worden. Gefährlich ist die Polarisierung am rechten Rand dieser Belegschaft! Die Gewerkschaftsfeinde der “Christlichen Gewerkschaft Metall” (CGM) verloren zwar die Hälfte ihrer Stimmen, diese scheinen unseren Informationen nach aber weitgehend an die Liste „Zentrum“ gegangen zu sein, in der wenigstens 2 Mitgliedern vorgeworfen wird, aktive Nazis zu sein!

Werk Sindelfingen
Obwohl die Kolleg/innen von Sindelfingen sich im Dezember gegen die Sparpläne des Vorstandes und gegen den eigenen Betriebsrat um den Co-Management-BR-Chef Klemm aufgelehnt hatten, konnte die IG-Metall wieder 76 % der Stimmen erobern und damit 44 Sitze, die absolute Mehrheit.
Die Liste der Gruppe „Alternative“, nicht identisch mit der Alternative in Untertürkheim/Mettingen, bekam immerhin einen Sitz im neuen Gremium, nach der engagierten Unterstützung für den Dezember-Aufstand sicherlich enttäuschend für die „Alternative“-Kolleg/innen.
24.186 von 36.706 Sindelfinger Daimlerkolleg/innen gingen zur Wahl, das sind ca. 66 % – mager; Enttäuschung und Frust bei vielen Beschäftigten! Der Sindelfinger „Alternative“ trauen sie (noch?) nicht genug zu.
Außer den beiden schon genannten Listen bekamen die so genannten „Freien Betriebsräte“ einen Sitz, die so genannten „Unabhängigen“ immerhin vier, die Gewerkschaftsfeinde der CGM sogar 5 Sitze mit alarmierenden 9,9 % der Stimmen! Die drei letztgenannten sind offen Kapital-freundliche Gruppierungen. Wie bereits berichtet, prüft die IG Metall nun ein Ausschlussverfahren gegen die Kolleg/innen der Sindelfinger Alternative. (Siehe dazu auch im)

Betrieb Berlin Marienfelde
Hier gab es eine gute Wahlbeteiligung von ca. 79 %: 2128 von rund 2700 gaben ihre Stimme ab. Die IG Metall errang mit 1402 Stimmen 15 Sitze. Gut 25 % oder 526 Stimmen gingen an die „Alternative Offene Liste“, die nun 5 Sitze hält. Ein Sitz geht an die Liste „Faire Basis“ (110 Stimmen), die auch zur „kämpferischen Richtung“ gezählt wird, so dass jetzt 6 Betriebsräte dieser Richtung angehören.

Werk Hamburg
Hier kam die Gruppe „Alternative“ auf 5 Mandate, während nicht zuletzt deswegen die „offizielle” IG Metall ihre absolute Mehrheit verloren hat. Dagegen fielen bei Mercedes Benz im

Werk Kassel
Die „Alternativen Metaller“, bisher mit 6 Sitzen im alten Gremium vertreten, auf vier Sitze zurück, die Liste „Perspektive“ verfehlte den Einzug in den Betriebsrat.
Inzwischen betreibt die IG Metall Ausschlussverfahren gegen die Kolleg/innen der verschiedenen „Alternative“-Listen in Berlin, Kassel und Sindelfingen. Sie werden vorbereitet bzw. geprüft.In Berlin jedenfalls läuft ein solches Verfahren bereits (Vgl. dazu auch). Solidaritätsunterschriften werden gesammelt.

Bei Opel Bochum gewann die IG Metall offensichtlich die Wahl. Bitter ist das Ergebnis für die „Liste Gegenwehr ohne Grenzen(GOG), die seit Anfang der 70er Jahre im Werk aktiv ist. Sie wird im neuen Betriebsrat nicht mehr vertreten sein. Die demonstrative Unterstützung durch eine Reihe altbekannter Kämpen aus der oppositionellen Strömung der Gewerkschaftslinken, darunter der bekannte Kollege Wolfgang Schaumberg, hat ihnen nicht geholfen. GOG erhielt nur 90 Stimmen(!!). Hier wird ein kritische Aufarbeitung nötig, um die Ursachen zu klären!

Annegret Gärtner-Leymann von der Liste “Offensiv”, angeblich MLPD-nah, eroberte mit 234 Stimmen erneut ihren Sitz im Gremium, bei rund 30 Stimmen mehr hätte es für einen zweiten Sitz gereicht.

Kleinere und mittlere Betriebe: Die IG Metall behauptet sich!

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) vom 13.04 2010 meldet in einem Zwischenbericht zu den Betriebsratswahlen, der sich auf 14 mittlere und kleinere Betriebe im Bereich Gelsenkirchen-Gladbeck mit rund 2400 Wahlberechtigten stützt. Die IG Metall würdigt in einer dem Bericht zu Grunde liegenden Stellungnahme die durchschnittlich hohe Wahlbeteiligung von rund 80 %. Von Wahlmüdigkeit gebe es keine Spur, die Beschäftigten hätten gezeigt, wie wichtig ihnen gerade in der Krise Betriebsräte seien.

Bemerkenswert ist die Tatsche, dass es in den ausgewerteten Betrieben nur Persönlichkeitswahl, also keine Listenwahl gab. So konnten die Wähler/innen die Vertreter/innen ihres Vertrauens persönlich nach dem Mehrheitswahlrecht auswählen, was bekanntlich nur dann geht, wenn alle Kandidaten auf einer gemeinsamen Wahlliste stehen. Die IG Metall hebt hervor, dass in den ausgewerteten Betrieben 96 % der Neugewählten IG Metalller/innen seien! Robert Sadowsky, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Gelsenkirchen und Gladbeck laut WAZ: „Die Gewerkschaft hat in den letzten Jahren mit den Betriebsräten für die Interessen der Belegschaften gestritten. Oft haben wir Erfolge erzielt. Dieses Engagement ist anerkannt worden.“ Die Bestätigung sei Verpflichtung für ihn: „Auch in Zukunft werden wir alle zur Verfügung stehenden Instrumente einsetzen, um Arbeitsplätze besser und sicherer zu machen.“ Hiermit drückt Sadowsky eine breite Mainstream-Stimmung aus, die sich auch im Wahlergebnis niederschlagen wird. In seinem Bereich wird ebenfalls noch bis Ende Mai gewählt, so dass hier nur ein Zwischentrend deutlich wird.

Es wird schwierig für uns!

Die Kommunisten und Gewerkschaftslinken müssen sich klarmachen, in wie vielen Betrieben sie derzeit gar nicht vertreten sind und keinen Einfluss haben! Damit wäre ein Ergebnis, wie es der WAZ Bericht andeutet, am Ende der Betriebsratswahlkampagne ein Erfolg! Die Linken haben es gegenwärtig schwer, wie die oben gegebene Übersicht deutlich macht. Niederlagen und gravierende Probleme stehen bescheidenen Erfolgen gegenüber. Auch am rechten Rang deuten sich stärker Bemühungen um eine Organisierung an!

Spielzeugeisenbahn-Hersteller Märklin ist ein weiteres alarmierendes Beispiel. Das Unternehmen ist in der Krise und derzeit in der Insolvenz. Bei einer Persönlichkeitswahl wurden jetzt alle Metaller/innen bis auf einen aus dem Betriebsrat abgewählt! Das neue Gremium ist weit nach rechts gerückt. Ob diese scharfe Niederlage nun bedeutet, dass die neue Mehrheit sich dem Insolvenzverwalter und seinen Einschnitten unterwirft, ist von außen schwer zu beurteilen, aber zu befürchten. Aber das Beispiel zeigt, wie die Gewerkschaft alles Vertrauen in der Krise verspielen kann.

Aber die oben dargestellten Ergebnisse zeigen auch, dass die alternativen Kräfte keineswegs automatisch die Lücken füllen können, die eine verschlissene IG Metall hinterlässt!

Andererseits stecken auch in deutlichen IG-Metallerfolgen, die ja nicht vergessen werden dürfen, immer wieder Erfolge auch von klassenkämpferischen und linken, ja sogar von kommunistischen Betriebsräten, die als solche bekannt sind. Die Gleichung IG-Metall-Erfolg gleich Co-Mangement-Erfolg stimmt nicht! Wir stehen zu unserer in Nummer 1/2010 von Arbeit Zukunft veröffentlichten Resolution zur Arbeit in Betrieb und Gewerkschaft. Sie umreißt richtig die schwierigen Aufgaben in diesem Bereich.

Deshalb bleiben wir dabei, dass einer Taktik wie der Fusion der Mettinger Alternative mit der „offiziellen“ IG Metall eine große Bedeutung zukommt. Ihre Ergebnisse müssen aufmerksam und kritisch verfolgt werden.

Auch müssen die verschiedenen „Alternativen“, sowohl die, die jetzt Erfolge verbuchen können wie auch die mit Niederlagen bei der Betriebsratswahl ihre Erfahrungen gemeinsam diskutieren und auswerten. Es bleibt unsere Aufgabe, die „offizielle“ Gewerkschaft, den Gewerkschaftsapparat, die Gewerkschaftsvorstände zu zwingen, diese kämpferischen Metaller/innen zu respektieren, sie bei Wahlen aufzustellen, sie als Vertrauensleute zuzulassen und die Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen Linke und Kommunisten aufzuheben. In diesem Kampf müssen wir uns um ein gemeinsames Vorgehen der klassenkämpferischen Kräfte in Betrieb und Gewerkschaft bemühen und Zusammenhalt aufbauen!

 

 

 

 

 

 

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