Opel Bochum: HUT oder Schuh – das ist hier die Frage!

Opel Bochum: Proteste gegen Entlassungen

Vor Kurzem hieß es noch: beim neuen Astra müssen die Bochumer den Hut in den Ring werfen. Inzwischen müssen wir wohl eine ganze Hut-Kollektion werfen, um den Standort zu retten.

Nur was soll in den Hüten drin sein? Sind wir mit diesen Spielchen in den letzten zwei Jahrzehnten nicht schon genug ausgetrickst und verarscht worden?

Die Bochumer” können nicht “zuschlagen”, um eine bestimmte Produktion oder Investition nach Bochum zu holen oder gar, um den Standort zu retten.

Fritz, Klaus und Willi vom Bockband entscheiden nicht, wo GM was und wieviel produzieren lässt. Auch kein Betriebsrat kann Produktion nach Bochum holen. Das ist dummes Zeug! Die GM-Manager entscheiden im Interesse größtmöglichen Profits über Standorte, Verlagerungen usw. Für nichts anderes kriegen sie ihre Mammut-Gehälter.

Wir, die Beschäftigten, sind für die Bosse beides: nötig zur Profitproduktion und immer auch “Personalkosten”. Diese sind aber nie allein entscheidend dafür, wo produziert wird. Sonst hätte GM schon längst die gesamte Produktion in Länder verlegt, wo die Leute 10 Dollar am Tag kriegen! Da kommen wir sowieso nicht mit, selbst wenn wir verzichten und uns erniedrigen bis zum Gehtnichtmehr….

Sicher gibt es eine wirkliche Konkurrenz zwischen GM/Opel und VW und Ford etc. Es gibt aber keine wirkliche Konkurrenz zwischen den Standorten eines Konzerns! Diese vorgegaukelte Konkurrenz ist Strategie der Manager, um durch Ausspielerei der einen Belegschaft gegen die andere die Personalkosten überall zu senken! Blubbern wir nicht deren Sprache nach!

Wo die GM-Bosse was und wieviel produzieren lassen, entscheiden sie nicht allein anhand der Arbeitszeiten, Löhne, also der Personalkosten. Da geht es um Stand der Technologie, Lage im globalen Produktionsverbund, um Zuliefernähe, Verkehrsanbindung, Händlernetz, Marktsituation, Währung, Steuertricks und und und…. Bloß den Betriebsräten gegenüber tun sie immer so, als wenn die Personalkosten das einzig Entscheidende wären! All zu oft, aber oft nicht uneigennützig, machen Betriebsräte diese Masche mit. Die Manager spielen dieses Spiel selbst dann noch, wenn die Produktionsentscheidungen längst getroffen sind. Was sie der einen Belegschaft abpressen, legen sie als Forderung gleich der anderen auf den Tisch, um dort noch mehr Verzicht abzupressen.

Die Firma garantiert uns nur eines: dass es uns bei jedem Verzicht schlechter geht, und wir alle weitertraben in der Abwärtsspirale! SONST NICHTS!

Wir müssen nicht den Verzichts-Hut in den Ring werfen, sondern unsere Sicherheitsschuhe bestimmten Leuten an die Köpfe donnern!

(aus: GoG Nr. 66, zu finden im Internet bei www.labournet.de)

Anmerkung der AZ-Redaktion: Die GoG (Gegenwehr ohne Grenzen) feiert in diesem Jahr ihr 40jähriges Bestehen. Wir gratulieren ihr dazu, denn wir kennen kaum eine linke Betriebsgruppe, die so lange existiert und auf eine erfolgreiche Arbeit zurückblicken kann.

Die Opel-Belegschaft in Bochum ist die widerborstigste der Belegschaften an den vier deutschen Opel-Standorten – und das ist auch ein Verdienst der GoG.

Noch ein Hinweis: bei YouTube gibt es einen Bericht des WDR über den “wilden” Streik bei Opel Bochum im Jahr 2004. Um ihn anzusehen, braucht man in die Suchzeile bei Google bzw. YouTube nur einzugeben: “Der Kampf um Opel 2004”.

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Inzwischen hat bei Opel Bochum am 31. März eine Betriebsversammlung stattgefunden. Es kamen – bei einer Belegschaft von nur noch etwa 4200 Beschäftigten – etwa 2500 Kolleginnen und Kollegen.

Vor zwei Jahren, als es um die Zustimmung zum “Master Agreement” ging, waren von damals noch etwas mehr als 6000 Beschäftigten gerade mal 2000 gekommen. Viele der Opelaner in Bochum sahen sich damals in einer Zwickmühle: stimmten sie dem “MA” zu, so bedeutete das für sie einen finanziellen Verlust in fünfstelliger Euro-Höhe; lehnten sie ab, mussten sie befürchten, von ihren Kollegen in den anderen drei deutschen Opel-Werken vorgeworfen zu bekommen, sie seien für die Schließung der vier Werke und den Verlust der Arbeitsplätze auch in Eisenach, Kaiserslautern und Rüsselsheim verantwortlich. Dieser Zwickmühle wichen viele dadurch aus, dass sie nicht zur Betriebsversammlung kamen oder vor der Abstimmung den Saal verließen.

Dass jetzt eine erfreulich große Zahl von Betriebsangehörigen kam, ist ein gutes Zeichen.

Der Betriebsratsvorsitzende Einenkel hatte vorher mal wieder große Töne gespuckt. “Eine Schließung von Bochum werden wir niemals akzeptieren oder sozial verträglich gestalten. Eine Schließung von Opel-Bochum würde für General Motors und Opel die teuerste Werkschließung aller Zeiten werden.” Und das ist auch im Original fett gedruckt… Wow! Das ist doch mal ne Kampfansage!

Außerdem: “Der Vorstandsvorsitzende K.-F. Strack (hat) bestätigt, dass sich Opel und General Motors an die bestehen Verträge halten werden. Danach soll es bis Ende 2014 keine betriebsbedingten Kündigungen und keine Werksschließungen geben.” Ja, was hat Strack denn nun bestätigt? Er hat nicht bestätigt, dass es keine Kündigungen und Schließungen geben wird, sondern nur, dass GM und Opel sich an die Verträge halten werden – und in deren Ausstiegsklausel sind Kündigungen und Schließungen nicht ausgeschlossen – das weiß auch Eineinkel.

Auf der Belegschaftsversammlung war von einer Kampfansage allerdings nichts zu merken. Ein Kollege bemerkte: “Man kann nicht darauf warten, dass Einenkel die radikalen Formulierungen umsetzt – das hat er noch nie getan.” Es gab dann auch nur die üblichen Reden der Offiziellen inklusive NRW-Arbeitsminister Schneider ohne konkrete Aus- oder gar Zusagen – vielen Kollegen reichte es nach etwa 2 Stunden. Betriebsratsvorsitzender Einenkel warnte vor “unüberlegten Handlungen”. Er wies in Worten die Versuche von GM zurück, die einzelnen Werke gegeneinander auszuspielen, verlangte aber praktisch im selben Atemzug, die Produktion des Chevrolet Orlando von Südkorea nach Bochum zu verlagern, um das Werk zu erhalten – “Orlando” ist fast identisch mit dem in Bochum produzierten Opel “Zafira”. Dass dann die Kollegen in Südkorea auf die Straße fliegen, erwähnte Einenkel nicht. Wie sagte doch ein Mitglied der gelben Betriebsrats-Mehrheit so schön? “Ich bin in Bochum gewählt worden, ich will in Bochum wiedergewählt werden.”