8 Tote bei Brand in Backnang – und der alltägliche Rassismus

Als am 10. März 2013 bei einem Brand in einem Wohnhaus in Backnang 8 Menschen türkischer Herkunft (eine 40-jährige Mutter mit sechs Söhnen und einer Tochter im Alter zwischen 6 Monaten und 17 Jahren) ums Leben kamen, kam sofort die Angst auf, es handele sich um einen rechtsradikalen Anschlag. Diese Vermutung hat sich bisher nicht bestätigt. Mittlerweile gehen alle Fachleute, auch aus der Türkei angereiste Spezialisten, davon aus, dass ein technischer Defekt, wahrscheinlich an der Elektrik, zum Brand geführt hat.

Es war deutlich zu spüren, wie wichtig es allen Politikern von Ministerpräsident Kretschmann bis Kanzlerin Merkel war, möglichst rasch verkünden zu können, es handele sich nicht um einen fremdenfeindlichen Anschlag. Sie waren erleichtert. Mittlerweile ist die Aufregung vorbei und wieder Alltag eingekehrt. Alle sind beruhigt.

Dabei wird übersehen, dass, auch wenn es sich nicht um einen rassistischen Terroranschlag handelt, der alltägliche Rassismus hier sichtbar geworden ist.

Denn wer lebt in alten, baufälligen Häusern mit maroder Elektrik, teilweise noch mit Ofenheizung (wie in Backnang)? Die untersten Schichten in dieser Gesellschaft! Und das sind zumeist Menschen ausländischer Herkunft. Vermieter werden an sie die letzten Löcher los, weil diese Menschen Mühe haben, überhaupt eine Wohnung zu bekommen. Deshalb sind auch Wuchermieten problemlos möglich. Wenn Vermieter sich dann um nichts kümmern, Schäden und Gefahren nicht beseitigen, schreitet praktisch niemals eine Behörde ein. Und die Menschen, die in solchen Bruchbuden wohnen, haben zwar auf dem Papier dieselben Rechte, können sich aber durch Unkenntnis, Sprachbarrieren nicht so wehren. Wenn sie sich um Hilfe an Behörden wenden, begegnen sie dort auch oftmals dem alltäglichen Rassismus, indem ihre Anliegen nicht ernst genommen werden.

Der Autor kennt in seiner unmittelbaren Umgebung eine große Zahl eigentlich abrissreifer Gebäude, die an Menschen mit Migrationshintergrund, wie das heute so schöngeredet wird, vermietet sind. Keine feuerpolizeiliche Kontrolle kommt. Denn dann müssten die Buden abgerissen und den Menschen anderer Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Und natürlich verdienen viele an diesem Elend. Sie kaufen billig abbruchreife Häuser und vermieten sie teuer.

Es zeigt sich auch hier schlaglichtartig, wie dieses kapitalistische System tickt:

Privateigentum ist heilig! Menschenleben sind billig!

Keiner der angereisten Politiker, die Worte des Bedauerns sprachen und Tränen verdrückten, hat sich mit diesem Skandal, der mit dem Brand sichtbar wurde, beschäftigt. Alle schwiegen dazu. Obwohl sie natürlich wissen, wie menschenunwürdig Menschen wohnen und wie Profitjäger davon leben. Denn sie sehen nicht als ihre Aufgabe an, dass Menschen Arbeit, Wohnung, Auskommen und gleiche Rechte haben. Sie wollen an diesem Profitsystem nichts ändern. Sie wollten beruhigen! Kein Nazi-Anschlag! Dann können wir ja weitermachen wie bisher.

Wer daran etwas ändern will, der muss selbst aktiv werden! Der muss mit eigener Kraft und in Solidarität mit allen anderen Betroffenen für eine Veränderung, für Arbeit, Wohnung, Auskommen und gleiche Rechte für alle kämpfen.

dm