Klassenkampf ist Alltag und ganz real

Der Klassenkampf ist in Deutschland zu ungeahnter Stärke angewachsen. Die Kapitalistenklasse zürnt öffentlich über eine Vielzahl von Streiks. Sie würden die Wirtschaft nachhaltig schädigen, den Ruf Deutschlands ruinieren und so weiter und so fort…

Die Brennpunkte der aktuellen Klassenauseinandersetzungen in der kapitalistischen Wirtschaft sind zahlreich, viele sind nicht erledigt, Streiks in großer Zahl drangen in die Medienaufmerksamkeit vor.

* Streiks um die Besserstellung der Beschäftigten in den Kitas, den Sozial- und Erziehungsdiensten (ver.di),

* bei den Postzustellern gegen den vom Post-Kapital organisierten Lohnraub (ver.di),

* um Mindestbesetzungen der Krankenstationen an der Charité in Berlin (ver.di),

* der von zahlreichen Streiks der Lokführer und anderen Bahnbeschäftigten begleitete Konflikt der GDL mit der DB,

* der Cockpit-Streik der Piloten um ihre zum Abbruch freigegebene Altersversorgung,

* dazu kommen die letzten Tarifrunden in der Metall-, Elektro- und Stahlindustrie mit Zehntausenden von Streikenden.

Sie zeigen: Der Kapitalismus, das vom Kapital geprägte und von der Klasse der Kapitalbesitzer beherrschte Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zwingt immer mehr Angehörigen der Klasse der Arbeiter/innen und Angestellten in Streit, Kampf und Streik.

Der Kampf macht aber nicht halt bei Ihnen. In einem der reichsten Länder der Erde werden skandalöse Armutsbedingungen geschaffen, rassistische Diskriminierung, Hetze gegen Arme und Entwurzelte beherrschen die Medien. Einer ganzen Generation von Jugendlichen wird im Namen der Wirtschaftsleistung (= Profit!) die Zukunft verbaut. Dafür werden Nazis und Faschisten gestärkt.

Die Paladine dieser Herrschaftsklasse in den Regierungen, egal welche Partei gerade die Regierungszentrale besetzt hält, vollstrecken dazu Gesetze, Regelungen und Politik, die in offenster Weise die Interessen der Klasse des Kapitals voranbringen, ja vollstrecken: Die berüchtigten Hartz-Gesetze, von denen „Hartz 4“ nur eines ist, Gesundheitsreformen mit Fallpauschalen und kapitalistischem Wettbewerb, die Privatisierung der Krankenkassen, Rentenkürzungen, die – von den Herrschenden bewusst herbeigeführt! – zu Altersarmut für Millionen führt und und und.

Letzter Knaller in dieser Entwicklung ist das Gesetz zur (so genannten) Tarifeinheit, das die Antwort des Kapitals auf die eingangs beschriebene lebhafte Streikentwicklung darstellt. Sie lautet: Weitere Einschränkung des sowieso schon eingeschränkten Streikrechts, Beschneidung des Grundrechts der Koalitionsfreiheit. Wir dokumentieren in dieser Nummer, dass bereits Schreiberlinge im Sold des Kapitals fordern, „unsere Zweitrittelmehrheit“ im Bundestag, also CDU und SPD (Ja, Herr Gabriel!) zu nutzen, um eine Kassierung des Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht mit einer passenden Verfassungsänderung zu beantworten! Das ist Klassenkampf in offenster Form.

Dieser setzt sich auch auf allen anderen gesellschaftlichen Ebenen fort einschließlich der internationalen. Klassenkampf ist nicht nur der Kampf um Lohn und Arbeitsbedingen und vielleicht noch um die Rahmenbedingungen wie Bildung, Rente, Gesundheitswesen, nein es gibt keinen Bereich der Gesellschaft, der nicht von Klasseninteressen gesteuert und beherrscht werden.

Wer wie die Berliner Regierenden mit ihren privilegierten Kontakten zu den Chefs des deutschen Finanzkapitals kriegerische Verwicklungen in großer Zahl anfacht und dafür die Bundeswehr in Marsch setzt, der tut auch das zum Nutzen dieser Herrschenden, zum Wohl des Profits, internationalen Einflusses, ungehinderter Rohstoffversorgung und freier Zugänge zu allen Märkten der Welt. Man ist führende Macht in der EU. In Brüssel funktioniert nichts ohne das OK aus Berlin. Man ist viertgrößter Waffenlieferant, man ist beteiligt an der Verwüstung des Fischfangs auf allen Weltmeeren, an der ökonomischen Ausplünderung der Arbeiter/innen und viele Länder weltweit. Das alles funktioniert nur, wenn man „zu Hause“ die Menschen im Griff hat. Und das sind mehrheitlich Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellte, kleinere Bauern und Erwerbstätige, Erwerbslose. Auch für deren Überwachung und Niederhaltung wird gesorgt. Auch da herrscht Klassenkampf.

In Griechenland werden unsere Klassengenoss/innen ausgeraubt von den Banken, auch und gerade den deutschen, und Frau Merkel hat beste Beziehungen zu diesen. Das Kapital hält in bester Klassensolidarität zu all den Bankchefs, die wissentlich und mit Beihilfe zuletzt von Merkles Parteifreund Samaras (Nea Dimokratia ist eine Bruderpartei der CDU!)ein Land wie Griechenland in den Schuldensumpf gleiten ließen, das diese Schulden nie wird begleichen können. Diese Banker zieht niemand zur Rechenschaft! Dafür sollen in Griechenland wie in Deutschland die Armen, die Arbeiter/innen und Bauern blechen! Auch das ist Klassenkampf.

 

Gut ist es, wenn zehntausende gegen TTIP und Ceta, gegen Bundeswehreinsätze auf der ganzen Welt, gegen Waffenhandel und gegen die Verantwortung Berlins für den Ukrainekrieg demonstrieren. Aber genauso wahr ist es, dass in diesen Bewegungen genau die Arbeiter/innen und Angestellten, die Erwerbslosen und Bauern ein zu geringe Rolle spielen. Wenn man den unmittelbaren Bereich der kapitalistischen „Betriebswirtschaft“ verlässt, wo es derzeit begrüßenswerter Weise immer stärkeren Widerstand gibt, und diese weiteren Bereiche untersucht, dann muss konstatiert werden: Hier fehlt die Arbeiterklasse, hier fehlt ihre Aktion, hier gibt es ein viel zu geringes Klassenbewusstsein. Aber das heißt: Es gibt überhaupt keinen kämpferischen subjektiven Faktor, überhaupt kein Klassenbewusstsein bei den arbeitenden Menschen, das der objektiv bedrohlichen und sich weiter zuspitzenden krisenhaften Lage der „eigenen“ kapitalistischen imperialistischen Gesellschaft angemessen wäre.

Und nochmals zurück zur kapitalistischen „Betriebswirtschaft“ mit dem derzeit stärkeren Widerstand: Auch hier fehlt der Zusammenschluss, auch hier ist die Solidarität noch viel zu unbewusst, auch hier fehlt der Offensivgeist, hier verteidigen sich die Belegschaften, die gerade massiv angegriffen. Nur die Bewusstesten, klassenkämpferischen Kolleg/innen kämpfen oft schon verzweifelt um mehr Solidarität untereinander, innerhalb der Branche oder branchenübergreifend.

Nach wie vor bremsen mit dem deutschen Kapital verbandelte Gewerkschaftsvorstände die hoffnungsvollen Kämpfe, verhindern ein gemeinsames Vorgehen, wenden Taktiken an, mit denen sie Streiks und Aktionen stets kontrollieren und ausbremsen können. So optimistisch mancher Streik und Kampf stimmen mag, von klassenkämpferischen Kräften geführt werden sie nur in isolierten Einzelfällen.

Zum subjetiven Faktor und seiner Stärkung im Sinne bewussten und aktiven Klassenkampfes gehören die Kräfte der Linken in der Gesellschaft, all die revolutionär gesinnten fortschrittlichen, antifaschistischen Kräfte, und erst recht die Kommunisten in Deutschland. Aber sie versagen bislang vor der Aufgabe, den Kampf der Arbeiterklasse zu stärken und für ein Klassenbewusstsein auf dem Niveau der Zeit zu sorgen. Sie verfügen selbst über kein entsprechendes Bewusstsein. Sie sind gespalten und – schlimmer noch – sie pflegen die Spaltungen. Auch das ist ein Zeichen des geringen Bewusstseins bei ihnen – bei uns! Der große Enthusiasmus, der im klassenkämpferischen Alltag schwere Zeiten und aufreibende Kämpfe überstehen lässt und von der herrschenden Klasse oft als „Idealismus“ abgetan wird, ist, auf unsere Analyse- und Erkenntnisfähigkeit übertragen, eine Falle: Idealismus hindert uns an der schonungslosen, materialistischen, auf Fakten gestützten Analyse der oft bitteren Realität.

Zu erkennen und damit als Tatsache anzuerkennen, wie zersplittert die Kämpfe, wie relativ niedrig das Niveau des Klassenbewusstseins der Arbeiter, wie einflussarm die Gewerkschafts- und die revolutionäre Linke ist, wie zufällig die Berichterstattung über wichtige, aber von den herrschenden Medien totgeschwiegene Arbeiterkämpfe auch in unseren linken und revolutionären Medien zustande kommt (Es gibt Blätter, die für die aktuellen Streiks kein Wort übrig haben!) – da liegt die unerlässliche Tagesaufgabe für Kommunist/innen heute. Wie schaffen wir ein alltagstaugliches Netzwerk der klassenkämpferischen Kräfte, um überall in der Republik zu denselben Alltagskämpfen gemeinsam und einigermaßen einheitlich Stellung zu nehmen und eine solche Stellungnahme sofort oder zeitnah in all die Betriebe und Öffentlichkeiten zu bringen, zu denen wir heute Zugang haben? Das, was man heute schon gemeinsam machen kann, gemeinsam tun – im Sinne einer lebensnotwendigen Aktionseinheit – das ist ein erster Schritt zu einer kommunistischen, klassenkämpferischen Arbeite/innen – Partei, ein erster Schritt, den Klassenkampf der Arbeiter/innen und Angestellten zu einer Macht umzugestalten. Es gibt keinen Führungsanspruch für irgendwelche Kommunistischen Initiativen, Parteien und Organisationen. Vergesst es! Umgekehrt wird der Schuh daraus: Wer die Arbeiter/innen und die Kommunisten auf diesem Weg real und tatsächlich voranbringt, der führt! Und wer führen will, wird das an Fakten, Erfolgen, in der Praxis unter Beweis zu stellen haben. Dies ist im Übrigen keine Absage an die notwendige Klärung der großen prinzipiellen Differenzen unter uns! Aber gemeinsamer Alltagskampf stärkt auch den Willen zur Einheit in grundsätzlichen Fragen.

 

Der Klassenkampf ist real, alltäglich, alle Klassen unserer kapitalistischen Klassengesellschaft sind aktiv und kämpfen. Und wenn die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Erwerbslosen, die Frauen und Jugendlichen, die Rentner/innen und Erwerbslosen diesen Klassenkampf oft gar nicht, nicht bewusst genug und ineffektiv führen – die Kapitalistenklasse führt ihn alltäglich, mit vollem Bewusstsein, professionell, mit großer Härte und Entschlossenheit! Allein diese Tatsache verbietet es, auch nur im Geringsten an der unsren Alltag bestimmenden Tatsache des Klassenkampfs zu zweifeln, wie es immer wieder unter kleinbürgerlichen Linken vorkommt, eben weil der reale Klassenkampf der Arbeiterklasse ungenügend erscheint und den idealistischen Ansprüchen zuwiderläuft.

 

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Kasten:

 

Warren Buffet, ein illustrer Vertreter des US-Kapitals, bevorzugt den Begriff „Klassenkrieg“ (Class warfare):

Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen“. (Interview mit Ben Stein, New York Times, November 26, 2006.

 

Warren Edward Buffett , Jahrgang 1930, gilt mit einem geschätzten Privatvermögen von 60 Milliarden Dollar als der dritt-reichste Mensch. Er steht den US-Demokraten nahe. Quelle. http://udopia-04.blogspot.de/2013/02/klassenkampf-sagt-man-nicht-warren.html).

 

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