Chronik des Regierungshandelns in der Corona-Krise: Nichts vorbereitet


Auch mit noch so viel Politikerlob und -beifall wird die Lage im Gesundheitswesen nicht besser!

Am 1.12.2019 trat in China der erste Covid-19-Fall auf. Am 27.1.2020 gab es den ersten Fall in Deutschland. Am 30.1.2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen internationalen Gesundheitsnotstand.

Dass es sich um eine ernste Erkrankung handelt, war rasch klar. China, das das Auftreten der Erkrankung zunächst vertuschen wollte, war zu massiven Maßnahmen gezwungen, um einen Kollaps seines Gesundheitssystems zu verhindern. Unsere Regierung und die Medien kritisierten China heftig wegen der Vertuschung und der Unterdrückung des Arztes, der zuerst über die neuartige Krankheit berichtete.

Doch während man China – zurecht – wegen Untätigkeit anklagte, unternahm man selbst nichts!

Vom 1.12.19 bis zum 27.1.20 hatte man fast 2 Monate, um sich vorzubereiten.

Noch am 23.1.2020 spielte Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU) die Gefahr herunter. Man habe ja jedes Jahr eine Grippe-Epidemie, an der in Deutschland bis zu 20.000 Menschen sterben würden. Er meinte: „Auch das ist eben ein Risiko, das wir jeden Tag haben.“ Die neue Lungenkrankheit sei milder als Grippe.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) verkündete noch am 28.1.2020, die Gefahr für die Bevölkerung sei „gering bis mäßig“. Erst sieben Wochen später am 17.3.2020 änderte das RKI seine Einschätzung und stufte die Gefahr für die Bevölkerung auf „hoch“ ein.

Spahn mahnte am 28.1.2020 zur „wachsamen Gelassenheit“. Alles sei gut vorbereitet. Die Pläne für solche Fälle funktionierten.

Nachdem es im Gesundheitswesen Klagen über zu wenig Personal und Ausstattung gab, behauptete Spahn am 3.2.2020: „Für diese Situation jetzt haben wir Intensivstationen, ausreichend Isolierstationen und -zimmer und die Ausstattung, die wir brauchen… Wir haben ja gelernt aus den letzten Jahren.“ Von einer Epidemie könne man nicht sprechen.

Am 26.2.2020 erklärte Spahn, es ginge doch nicht, „das gesamte öffentliche Leben in Deutschland, Europa und der Welt (zu) beenden.“

So konnte noch am 24.2.2020 (Rosenmontag) im Kreis Heinsberg (NRW) eine Karnevalsfeier mit über 300 Menschen stattfinden. In den Faschingsferien wurden das Corona-Virus massenweise aus den Skiferien vor allem nach Bayern und Baden-Württemberg eingeschleppt. Der VfB durfte mit fast 55.000 Zuschauern noch am 9.3.2020 spielen. In allen Fällen wurde mit behördlicher Erlaubnis die Infektion massenhaft weiter verbreitet.

Selbst über 3 Monate nach Bekanntwerden der neuartigen Erkrankung wurde weitgehend wie immer weiter gemacht.

Am 4.3.2020 tönte Spahn noch „Die Folgen von Angst können weit größer sein als die durch das Virus selbst.“ Am 9.3.20, also nur 5 Tage später als die Lage bereits außer Kontrolle geriet und die Zahl der Infizierten explosionsartig anwuchs, appellierte er an Veranstalter, Veranstaltungen mit über 1.000 Besuchern abzusagen. Zugleich sprach er sich gegen eine Schließung von Kitas, Schulen und Unis aus.

Am 14.3.2020 bezeichnete Spahn Meldungen, es seien weitgehende Einschränkungen des öffentlichen Lebens geplant, als „Fake News“.

Am 16.3.2020, also nur 2 Tage später, beschloss die Bundesregierung in Abstimmung mit den Länderregierungen einschneidende Maßnahmen wie

– Versammlungen von mehr als 2 Personen werden untersagt, ausgenommen Familien.

– Restaurants und Geschäfte werden geschlossen, außer Baumärkte, Lebensmittelgeschäfte usw.

– Kindergärten, Kitas, Schulen und Universitäten werden geschlossen.

Zugleich wurde ein Hilfsprogramm von über 1 Billiarde Euro vor allem für die Wirtschaft beschlossen. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kündigten „unbegrenzte Hilfe“ für die Wirtschaft an.

Nachdem lange Zeit Grenzkontrollen, Fiebermessungen als angeblich „unwirksam“ abgetan wurden, wurden auf einmal an den Grenzen zu Frankreich und Österreich genau diese Kontrollen eingeführt. Ebenso wurde lange Zeit behauptet, ein Mund-Nasen-Schutz bringe nichts. Am 2.4.20 schließlich erklärt das RKI, ein solcher Mund-Nasen-Schutz sei zwar nicht hundertprozentig, könne aber Ansteckungen verhindern.

Am 3.4.20 wurde verkündet, dass bundesweit ein enormer Mangel an Masken, Kitteln und Handschuhen für Patienten und Pflegepersonal besteht. Hektisch wurde versucht, Atemgeräte zu besorgen. Über vier Monate nach dem Bekanntwerden des ersten Covid-19-Erkrankten waren noch nicht einmal die einfachsten Dinge vorbereitet und organisiert. Panisch und zu rasant gestiegenen Preisen wurde Material weltweit eingekauft – und es reicht bis heute nicht. Konkurrenten auf dem Weltmarkt kauften sich gegenseitig das Material vor der Nase weg oder leiteten es sogar illegal zu sich um.

Warum wurde so lange nichts gemacht?

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Paul Robert Vogt, ein Schweizer Arzt, der unter anderem auch in Wuhan tätig war, schrieb in einem Kommentar in der „Mittelländischen Zeitung“ am 7.4.2020:

Hätte man diese medizinischen Fakten zur Kenntnis genommen und wäre man fähig gewesen, Ideologie, Politik und Medizin zu trennen, wäre die Schweiz heute mit grosser Wahrscheinlichkeit in einer besseren Lage: wir hätten pro Kopf nicht die zweitmeisten COVID-19-positiven Leute weltweit und eine bedeutend kleinere Zahl an Menschen, welche ihr Leben im Rahmen dieser Pandemie verloren haben. Zudem hätten wir mit grosser Wahrscheinlichkeit keinen partiellen, unvollständigen «Lock-down» unserer Wirtschaft und keine kontroversen Diskussionen, wie wir hier wieder «herauskommen».

(https://www.mittellaendische.ch/2020/04/07/covid-19-eine-zwischenbilanz-oder-eine-analyse-der-moral-der-medizinischen-fakten-sowie-der-aktuellen-und-zuk%C3%BCnftigen-politischen-entscheidungen/?fbclid=IwAR2JhcV6wvDfjPv7yHUi3f_bsdqAFalS5zdUuC6kSZmBa3YMMx3xYdq4QC0) Der gesamte Beitrag ist sehr lesenswert!

Was er zu den Versäumnissen in der Schweiz sagt, kann fast eins zu eins auf Deutschland übertragen werden: Arroganz, Unwissenheit politischer Entscheider, Rücksicht auf kurzfristige ökonomische Interessen.

Man hätte nach seiner Meinung eine solche Katastrophe vermeiden können, wenn man rechtzeitig notwendige medizinische Maßnahmen ergriffen hätte. Das hätte Geld gekostet und wirtschaftliche Schäden bedeutet. Im Vergleich wäre das aber deutlich weniger gewesen, als das was nun passiert: eine Katastrophe!

Er unterstreicht auch:

Diese Pandemie war angekündigt

War die Schweiz minimal auf diese Pandemie vorbereitet? NEIN.

Hat man Vorkehrungen getroffen, als COVID-19 im China ausgebrochen ist? NEIN.

Hat man wissen können, dass eine COVID-19-Pandemie über die Welt ziehen wird?

JA, SIE WAR ANGEKÜNDIGT UND DIE DATEN LAGEN BIS MÄRZ 2019 VOR.

  1. SARS war 2003.
  2. MERS war 2012.
  3. 2013 hat der Deutsche Bundestag Katastrophen-Szenarien diskutiert: wie bereitet sich Deutschland auf Katastrophen, z.B. Überschwemmungen vor. In diesem Rahmen wurde auch diskutiert, wie Deutschland auf eine zukünftigen SARS-Pandemie reagieren muss! Ja, im Jahre 2013 hat der Deutsche Bundestag eine SARS-Corona-Pandemie in Europa und Deutschland simuliert!“

Seit der Analyse in Deutschland, die übrigens der Bundesregierung bereits 2012 und dem Bundestag 2013 vorlag, wusste man, wie katastrophal die Folgen werden können. In dieser Analyse stand unter anderem mehr als deutlich:

Arzneimittel, Medizinprodukte, persönliche Schutzausrüstungen und Desinfektionsmittel werden verstärkt nachgefragt. Da Krankenhäuser, Arztpraxen und Behörden in der Regel auf schnelle Nachlieferung angewiesen sind, die Industrie die Nachfrage jedoch nicht mehr vollständig bedienen kann, entstehen Engpässe.“

Ebenso deutlich wurde gewarnt, dass das Gesundheitssystem bei einer raschen Ausbreitung zusammenbrechen könnte.

Was hat die Bundesregierung seit 2012 getan?

Sie hat weitere Krankenhausbetten abgebaut, Krankenhäuser schließen lassen, das Gesundheitswesen kaputt gespart, Personal verknappt sowie keinerlei Vorrat für Masken, Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel angelegt!

Prof. Vogt schreibt: „Man hätte wenigstens – und das wäre ohne Information an die Bevölkerung, ohne Panik zu säen, machbar gewesen – man hätte wenigstens das notwendige medizinische Material auffüllen können.“

Das alles hätte Geld gekostet! Aber das Gesundheitssystem ist immer stärker privatisiert und auf den Profit ausgerichtet worden – und das weltweit. Die Folgen kann man heute überall sehen – in den USA, in Frankreich, Spanien, Italien, Groß Britannien und in etwas milderer Form auch in Deutschland.

Profit, Profit über alles, über alles in der Welt“ – die deutsche Nationalhymne?

Entscheidend für das gesamte Handeln der Verantwortlichen im Bereich des Gesundheitswesens ist seit Jahrzehnten die Gewinnmaximierung. Dafür wurden Krankenhäuser geschlossen, viele privatisiert, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten durch Rationalisierung und zunehmenden Arbeitsdruck dramatisch verschlechtert. Schon in normalen Zeiten schuften diese am Limit – und das bei niedriger Bezahlung.

Dieses Profitdenken spiegelt sich auch im gesamten Handeln bei der aufkommenden Krise. Über 3 Monate wurden verspielt. Die Zeit wurde nicht genutzt, um wenigstens das nötigste Material zu beschaffen. Man wollte „die Wirtschaft“ nicht schädigen, also den Profit nicht beeinträchtigen.

Dieses kurzfristige Denken, das noch nicht einmal bis zur Nasenspitze reicht, hat dazu geführt, dass man drastischere Maßnahmen ergreifen musste, die notwendig sind, die aber einen viel größeren Schaden anrichten werden. Und auch in dieser Situation werden für die großen Konzerne „Hilfen in unbegrenzter Höhe“ angekündigt, während viele Kurzarbeiter, arbeitslos Gewordene und kleine Selbständige ums Überleben kämpfen und nur ein paar Brosamen aus dem „Rettungsschirm“ erhalten. Viele werden diese Katastrophe nicht überstehen. Wie der Grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg Kretschmann bereits ankündigte, werden viele ärmer werden. Wohnungslose, Flüchtlinge, Empfänger von Hartz IV spüren das schon jetzt bzw. fallen ganz nach unten.

Das Profitsystem versagt

„Kapitalismus fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu! Kapitalismus ist tödlich!“ – so steht es auf unseren Plakaten, die an vielen Stellen in Deutschland hängen.

Das Profitsystem funktioniert nur solange, wie man eben Profit machen kann. Da wird „Geld gemacht“ und privatisiert. Sobald es schlecht geht – in jeder Krise und eben auch in der aktuellen Krise – funktioniert dieses System nicht. Dann muss auf einmal der Staat her und Milliarden, Billionen Euro ausschütten, um das zerstörerische System zu retten. Doch wer soll das bezahlen? Wie nach der Bankenkrise 2008 wird auch jetzt am Ende eine Rechnung präsentiert werden, eine sehr hohe Rechnung. Und wie wird sie bezahlt?

Wie immer! Mit Kürzungen im Sozialbereich, beim Gesundheitswesen, bei der Bildung und Kultur. Denn wenn man dann wieder Profit machen kann, dann werden die eben „geretteten“ Großkonzerne wieder klar machen, dass ihr Profit privat ist. Die Gesellschaft soll die Schäden bezahlen und ihr Profit soll unangetastet bleiben.

Natürlich verlangen wir, eine höhere Besteuerung der Reichen. Damit sollen sie zur Finanzierung der Krisenlasten herangezogen werden. Aber reicht das?

Wäre es dann nicht sinnvoller, zusätzlich für eine andere Gesellschaftsordnung zu kämpfen, in der nicht mehr der Profit über das Wohl und Wehe der gesamten Gesellschaft bestimmt? Eine Gesellschaft in der für die arbeitenden Menschen, für die Gesellschaft geplant und gewirtschaftet wird? Man kann ja aus den positiven und negativen Erfahrungen des ersten Anlaufs zum Sozialismus lernen und es besser machen. Und mit den heutigen Instrumenten lässt sich deutlich besser planen. Planung findet ja in jedem Konzern bis aufs Detail statt. Daimler, Porsche, RWE usw. überlassen ja nichts dem Zufall. Aber diese sehr effiziente Planung findet nur auf betrieblicher Ebene statt. Da sind dann Ausgaben für das Gesundheitswesen Kosten und auch dieser Bereich muss profitabel getrimmt werden. Doch da die Planung nur auf Konzernebene stattfindet und die Gewinne privatisiert werden, muss eben die Gesellschaft alle Lasten tragen wie z.B. den Umweltschutz, Gesundheit und eben auch die Lasten der regelmäßig wiederkehrenden und immer schlimmer werdenden Krisen.

Deshalb müssen wir dafür kämpfen, dass der Kapitalismus beseitigt wird und an seine Stelle eine sozialistische Gesellschaft tritt, die aus den Erfahrungen gelernt hat.