Macrons „dritter Weg“: Der Weg von Kapital und Reaktion

Übersetzung aus „La Forge“ 04/2021, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs, PCOF

Macron, der dem undurchsichtigen Verteidigungsrat vorsteht, hat die Gesundheitskrise immer weniger „unter Kontrolle„. Er fährt auf Sicht, während er behauptet, die beste Politik zu treiben, die stets besser als die der anderen europäischen Staaten sei. Seine Minister, insbesondere Castex, widersprechen sich, ohne mit der Wimper zu zucken, von Woche zu Woche, während sie behaupten, immer die beste Wahl getroffen zu haben.

Das Spektakel der Pseudo-Debatten im Parlament, immer den Ankündigungen der Regierung nachfolgend, illustriert den Grad der Konzentration von Entscheidungen in den Händen der Exekutive, verstärkt durch den bereits bis zum 1. Juni verlängerten Gesundheitsnotstand. Nachdem er seine Politik damit begründet hat, dass er die Meinung von Gesundheitsexperten berücksichtigt, lässt Macron seine Minister der parteiischen Voreingenommenheit bezichtigen und spielt sich selbst als Chef-Epidemiologe auf. Dadurch wird die wissenschaftliche Sichtweise selbst entwertet. Dies hat Auswirkungen auf die massiven Impfungen, die als Schlüssel zur Überwindung der Krise dargestellt werden, denen aber „gleichzeitig“ der Mangel an Impfstoffen, logistische Versäumnisse und die Skepsis gegenüber der Wirksamkeit bestimmter Impfstoffe angesichts der Vielfalt der Varianten entgegenstehen.

Dieser permanente „Relativismus“ ist ein spaltender Faktor, der die Verantwortung auf den Einzelnen abwälzt, vor dem Hintergrund eines Managements, das auf den „Sprachregelungen“ basiert, die von den zahlreichen Büros für Kommunikation ausgeheckt wurden, auf die Macron und seine Minister zurückgreifen.

Die Folgen dieses Schlingerkurses in der Gesundheitspolitik sind besonders schwerwiegend für die Arbeiterklasse, die Unterprivilegierten, die die Masse derjenigen bilden, die an erster und zweiter Stelle bei der Schinderei stehen, die weiter arbeiten müssen und noch nicht „anerkannt“ sind – Kassiererinnen, Reinigungskräfte, ambulante Helfer, E-Commerce-Auslieferer, die immer mehr mehr werden sollen, und alle Varianten der „uberisierten“ Arbeiter…

Der Aufbruch am Vorabend einer hybriden Ausgangssperre, die von Macron als „dritter Weg“ präsentiert wird, mit einem sehr dichten Verkehr in einem Radius von 200 km um Paris, sind eine Illustration der Trennlinie zwischen den Arbeitervierteln und -vororten, die an schlechten Wohnungen, schlechtem Leben und Enge ersticken, und denen, die „aufs Land“ fahren können, wohl wissend, dass sie nicht unbedingt „reich“ sind, sondern Angestellte, die zur Telearbeit gerufen werden.

Die Arbeitgeber können frohlocken: „Telearbeit hat die Produktivität der Arbeitnehmer um 22% gesteigert“, eine Zahl, die die Ausweitung der unbezahlten Arbeitszeit und die Stärkung der Unterordnung der Arbeitnehmer unter die Unternehmer widerspiegelt, begleitet von einer größeren Aufsplitterung der Arbeitskollektive, die die Zerstörung der kollektiven Rechte fördert.

Die Minister – Blanquer, Vidal, Darmanin – setzen die reaktionäre Offensive zum Thema „Separatismus“ fort, die den Islam und die Anhänger dieser Religion stigmatisiert. Reaktionäre Kreise veranstalten ganz offen eine regelrechte „Hexenjagd“, um Forscher und Disziplinen, die des „Islamo-gauchisme“ beschuldigt werden, zu „vertreiben„. Die sehr jungen, noch minderjährigen Menschen, die Macron mit dem „allgemeinen Nationaldienst“1) anspricht, sollen ebenfalls für den „Kampf gegen Radikalisierung und Separatismus“ sensibilisiert werden.
Diese Polemiken und Angriffe, die von den Mainstream-Medien verbreitet werden, zielen darauf ab, die Aufmerksamkeit vom Ernst der sozialen Lage und der Wirtschaftskrise abzulenken und die sich entwickelnden Arbeiter- und Volksmobilisierungen zu verschleiern, die sich trotz der Beschränkungen, die für Reisen und Personenansammlungen gelten und die zunehmend Versammlungen und Demonstrationen betreffen, ausbreiten.

Der Monat März war von mehreren Mobilisierungen geprägt

Tausende von Menschen demonstrierten am 27. März für das Recht auf Wohnen unter menschenwürdigen Bedingungen, für das Recht auf Wohnen für junge Menschen und für das Einfrieren und eine Begrenzung der Mieten nach oben, eine Erhöhung der APL2) und um die Übernahme der Mietschulden, die Tausende von Haushalten nicht mehr begleichen können, durch den Staat zu fordern. Die Mobilisierungen und Hausbesetzungen können nur in allen Städten weitergehen.

Die Leiharbeiter der Unterhaltungsindustrie besetzen Dutzende von Theatern und Opernhäusern, um die Verlängerung des „année blanche“ und die Förderung der Kultur zu fordern. Diese Mobilisierung hilft oft anderen mobilisierten Sektoren, sich zu äußern: Krankenschwestern, Schwesternhelferinnen, Lehrer, prekär Beschäftigte… sie alle prangern die Politik der Regierung an. Die Mobilisierungen für das Klima haben auch Zehntausende von jungen Menschen auf die Straße gebracht. Und es gibt all die Mobilisierungen gegen die Entlassungen, die Tausende von Arbeitnehmern und ihre Familien betreffen und die zu Arbeiter- und Volksdemonstrationen in mehreren Städten geführt haben.

Das chaotische Jahr, unterbrochen von Phasen des Lockdowns, hat den Klassenkampf nicht erstickt und die soziale Wut staut sich an. Wie wir in unserer März-Zeitung dargelegt haben, ist das Interesse an der revolutionären Erfahrung der Pariser Kommune die gute Nachricht in diesem Frühlingsanfang.

Anmerkungen:

1) Staatspräsident Macron hat 2019 den Service national universel (SNU) bzw. den Allgemeinen Nationaldienst eingeführt, der ab 2021 für alle Staatsbürger im Alter von 16 bis 25 Jahren verpflichtend ist. Die Dienstpflicht dauert zunächst einen Monat und kann sowohl in zivilen als auch in militärischen Einrichtungen geleistet werden.

2) APL = aide personnalisée au logement: personenbezogener Wohngeldzuschuss

3) année blanche = leeres Jahr: Jahr, in dem wegen Verdienstausfall keine Steuern bezahlt werden.