Chaotisches Jahr und besorgniserregende Ankündigungen über das Abitur

Aus La Forge, Juli-August 2021, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF)

Ein improvisiertes Abitur 2021, das die Zerschlagung des nationalen Abiturs vorwegnimmt

Wenn die DNB (entspricht etwa Mittlere Reife)- und Abitur-Prüfungen 2021 stattfinden konnten, dann sicher nicht dank des Ministeriums, das eine allgemeine Improvisation organisierte: Anweisungen, die in letzter Minute an das Verwaltungspersonal gegeben wurden, das oft überfordert war und dem es an Ressourcen fehlte; Einladungen für Lehrer, die in letzter Minute versetzt wurden; das Versäumnis, die Abiturunterlagen einzuscannen, was unmäßig viel Zeit in Anspruch nahm und von denen einige verloren gingen… Es gab viele Probleme und jede Schule hatte ihre eigenen. Wenn die Prüfungen abgehalten werden konnten, wenn die Studenten unter korrekten Bedingungen „Klausuren schreiben“ konnten, dann nur dank des Engagements des pädagogischen Personals für seine Schüler. Die ministeriellen Anordnungen haben das Chaos und die Ungleichheit nur noch vergrößert. Die große mündliche Prüfung, auf die wir in unserer letzten Ausgabe hingewiesen haben, offenbart die sozialen Ungleichheiten, die die Schule aufrechterhält. Welche Zeit ist im Stundenplan für die Arbeit an den mündlichen Fähigkeiten vorgesehen? Mündliche Gewandtheit ist in unserem Leben als Arbeiter und Aktivisten unerlässlich. Dennoch geraten seit Jahren Gruppen, welche lebende Sprachen pflegen oder sich in anderen Disziplinen üben, stark ins Kreuzfeuer. Die Umsetzung von Programmen, die oft zu schwerfällig sind, verhindert das Experimentieren mit anderen Erziehungsmethoden, die auf mündlicher Ausbildung beruhen. Schließlich fehlen oft Theaterclubs, da sie meist auf freiwilliger Basis von Lehrern geführt werden, die zunehmend mit der hohen administrativen und bürokratischen Arbeitsbelastung durch das Ministerium überfordert sind. Dennoch nutzt Blanquer 1) sein eigenes Versagen beim Abitur als Vorwand, um eine weitere Reform der Prüfung anzukündigen, in der er die Rolle der fortlaufenden Bewertung unterstützt und indem er die volle Verantwortung für die Benotung den lokalen Lehrerteams überträgt. Damit greift er das Abitur als nationalen Abschluss an. Dies wird in der Tat zu Ungleichheiten zwischen verschiedenen Gymnasien führen und den nationalen Charakter des Abschlusses in Frage stellen. Dieser Abschluss wird bereits durch die Reduzierung der Abschlussprüfungen und die Individualisierung der Prüfungen angegriffen. Dies bringt auch die Lehrer unter den Druck der Familien und der örtlichen Direktionen. Es war notwendig, Selbstaufopferung zu zeigen, um den Schülern entgegenzukommen und die Schwierigkeiten einer anderthalbjährigen Gesundheitskrise auszugleichen. Außerdem bleiben die Schwierigkeiten für viele bestehen, da kein wirklicher Versuch unternommen wurde, sie zu überwinden: zum Beispiel keine Reduzierung des Lehrplans. Für einige Schüler in Schwierigkeiten haben sich die Lücken vergrößert. Obwohl mehr Lehrer benötigt wurden, um den Rückstand aufzuholen, um in kleinen Gruppen arbeiten zu können, ist dies nicht geschehen.

Eine immer größer werdende Kluft zwischen dem Ministerium und dem Personal

Die am Ende des Jahres von den Inspektoren der Lehrerteams angeforderten Bewertungen waren nutzlos, da es vor Ort keine Lösung für die gemeldeten Probleme gab. Doch es gab genug zu tun: leerstehende öffentliche Gebäude requirieren, um den Unterricht in halben Gruppen abzuhalten, massenhaft Personal einstellen, den Schülern erlauben, in Kinos oder Kulturstätten zu gehen, die leer standen. All diese Maßnahmen hätten Ungleichheiten verringert, kulturelle Offenheit für alle ermöglicht und Kulturschaffenden eine berufliche Perspektive geboten. Aber in einer Gesellschaft, die sich ausschließlich an Gewinnen oder Einsparungen in den Bereichen Bildung und Kultur orientiert, kann es nicht anders sein. Und so ist dieses Jahr vergangen mit den Anordnungen eines Ministers, auf den niemand mehr hört oder den niemand mehr respektiert, sondern der weiterhin autoritär regiert. Wenn diese Art des Handelns weithin abgelehnt wird, weil sie das Personal verachtet und schlecht behandelt, inspiriert sie manchmal gewisse Direktionen, die ein autoritäres Management gegen die am wenigsten Geschützten entwickeln (… Vertragsarbeiter) und einseitig dem gesamten Personal ihre pädagogischen Visionen aufzwingen. Deshalb steht im Moment die Frage der kollektiven Arbeit und des kollektiven Kampfes auf der Tagesordnung, um auf die Angriffe zu reagieren. Im Bildungswesen bildet sich dieses Kollektiv um die kämpfenden Gewerkschaftsorganisationen (FSU, CGT, FO, SUD), die „stylos rouges“ 2) und die Kollegen, die sich in den verschiedenen Kämpfen engagiert haben, gegen die Rentenreform, die Schulreform oder die Reform des Abiturs, oder auch gegen die Unterdrückung der Klassen, den Mangel an Mitteln, die „No-Wave“-Bewegung. Durch die Reaktivierung dieser Kollektive mit den am Kampf beteiligten Gewerkschaften, durch die Einbeziehung von mehr Kollegen, wird das Personal in der Lage sein, sich gegen die von Blanquer für den Beginn des Schuljahres 2021 geplanten krummen Touren zu wehren.

La Forge, Juli-August 2021)

Anmerkungen:

1. Blanquer: Minister für Erziehung, Jugend und Sport

2. stylos rouges: Die Bewegung der „stylos rouges“ (Rotstifte) ist eine Vereinigung autonomer Gruppen zur Verteidigung der Lehrer und der Förderung der Bildung. Sie hat sich spontan während der ersten Wochen der Bewegung der Gelbwesten gebildet.