NS-Ordensburg Sonthofen – jetzt: Generaloberst-Beck-Kaserne

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oder: für‘s Militär ist immer genug Geld da

Seit der Nazi-Diktatur ist Sonthofen schon immer ein bedeutender Bundeswehrstandort. Zeitweilig gab es dort gleich drei Kasernen, die besagte „Ordensburg“, die Grünten- und die Jägerkaserne.

In der Generaloberst-Beck-Kaserne war eine Zeit lang die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr untergebracht. Da Feldjäger (die Polizei innerhalb der BuWe) bei den einfachen Dienstgraden und bei Zivilisten nicht gerade beliebt sind, kam es beim traditionellen Klausentreiben (Nikolaustreiben) im Ort schon manchmal vor, dass vermummten Klausen so einen mal tüchtig vertrimmten. Andersherum gab es auch Soldaten, die gegenüber Zivilpersonen übergriffig wurden. Insgesamt profitiert Sonthofen selbstverständlich von den zivilen Arbeitsplätzen, die der Standort bietet und sicher auch von einer Menge Aufträge für Handwerker und Kleinbetriebe.

Aber nun zum Beginn: Laut Wikipedia ist das Bauwerk eine von zwölf in ganz Deutschland verteilten Adolf-Hitler-Schulen zur Ausbildung von nationalsozialistischen Kadern. Als Ordensburg Sonthofen war sie, neben Krössinsee in Pommern und Vogelsang in der Eifel, eine von drei NS-Ordensburgen während der Zeit des Nationalsozialismus. Als Bundeswehr-Kaserne wurde sie 1956 nach dem ehemaligen Chef des Generalstabs des Heeres und Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, Generaloberst Ludwig Beck benannt (er gehörte zum kleinen Zirkel des nationalkonservativen Widerstandes). Wobei Beck als General lange Zeit für die Hitler-Wehrmacht tätig war, etwa ab 1933 im Reichswehrministerium.

Welche Rolle spielte die Ordensburg zur Zeit der Nazi-Diktatur?

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Zitieren wir noch einmal Wikipedia: „Vom Turmbau, dem Palas, an der Westseite bis zur östlichen Ecke des Hauptgebäudes ist der ganze Gebäudezug etwa 160 Meter lang. Die Länge der Seitenflügel beträgt etwa 85 Meter. Der Speisesaal im Süden der Ordensburg besitzt eine Länge von 116 Metern. Im Geiste der nationalsozialistischen Gigantomanie wurde die Anlage mit gewaltigen Gebäuden und Ausdehnung geplant… Am 23. November 1937 besuchte Adolf Hitler die Ordensburg und hielt dort eine Rede, in der er u.a. auf den erwünschten Charakter eines Nationalsozialisten zu sprechen kam: Beharrlich, zäh, aber auch, wenn notwendig, rücksichtslos. Am 5. und 24. Mai sowie am 21. Juni 1944 hielt Heinrich Himmler Reden vor Offizieren des Chefs Heeresrüstungsamts und Befehlshabern des Ersatzheeres und Allgemeinen Heeresamtes, bei denen er sich offen über den Gesamtplan zur Judenvernichtung in Europa aussprach und gleichsam die Morde rechtfertigte. Ebenso am 21. Juni 1944 hielt der NS-Chefideologe Alfred Rosenberg eine politische Rede über das Thema Europa.“ Übrigens gab es 1938 in der Adolf-Hitler-Schule 600 Schüler, 1941 waren es schon 1500 Schüler.

Die Burg war also eine echte Nazikader-Schmiede. Das wäre eigentlich schon ein Grund, das ziemlich hässliche Bauwerk abzureißen.

Von der NS-Ordensburg zur Generaloberst-Beck-Kaserne.

Nach Kriegsende kam das westliche Allgäu unter französische Besatzung, später übernahmen die Amis die Burg und richteten dort die zentrale Schulungsstätte der Spezialeinheit US Constabulary ein. Nach der Remilitarisierung ging die Burg 1956 in den Besitz der neu gegründeten Bundeswehr über und wurde „Generaloberst-Ludwig-Beck-Kaserne“ getauft. 1964 bis 1972 befand sich hier die Heereunteroffiziersschule, bis Juli 2009 war sie ein Aus- und Fortbildungszentrum der BuWe z.B mit der schon erwähnten Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr.

Nachdem es kurzzeitig Überlegungen gab, die Burg aufzugeben und zu veräußern, wurde 2010 im Rahmen der großen Bundeswehrreform das „Stationierungskonzept 2011“ beschlossen. Der Standort sollte von 1120 auf 590 Dienstposten verkleinert, die Ordensburg grundsaniert, die beiden anderen Sonthofener Kasernen aufgelöst werden. Die ABC- und Selbstschutzschule wurde bereits in die „Burg“ (lt. ortsüblicher Bezeichnung) verlegt.

Was wird das Ganze kosten?

Wie immer, wenn staatliche Akteure am Werk sind und ganz besonders, wenn es um Militär und Rüstung geht, wird mit Geld von uns Steuerzahlern nicht geknausert. Für Grundsanierung, Umstrukturierung und Erweiterung des Kasernengeländes wurde nach einem Vergabeverfahren 2008 das Stuttgarter Büro „Wulf Architekten“ beauftragt. Wir werden später von dessen homepage noch ein paar Sätze zitieren. Die Gesamtkosten wurden (Stand 1.04.2009) auf 100 Mio. € veranschlagt. Die Baumaßnahmen sollten Ende 2018 fertig sein – inzwischen wird immer noch gebaut (auch das ist man von staatlichen Großbaustellen gewöhnt). Am 24.05. war das Richtfest für das 22,4 Mio. € teure Hörsaalgebäude. Die Fertigstellung der gesamten Anlage ist derzeit auf 2022 terminiert.

Zurück zu den Kosten:

Am 4. Dezember 2019 schrieb die Allgäuer Zeitung: „Die Kosten für den Umbau der Generaloberst-Beck-Kaserne in Sonthofen sind weiter gestiegen. Laut Bürgermeister Christian Wilhelm seien aktuell 280 Millionen Euro eingeplant. Ob es bei dem Betrag bleibt, ist allerdings noch offen, da noch nicht alle Bauvorhaben vergeben wurden“

Zu Baubeginn rechnete man mit „über 100 Millionen Euro“ Baukosten. Verbaut sind aber jetzt schon 130 Millionen Euro, außerdem sind weitere 125 Millionen Euro verplant. Das ergibt 255 Millionen Euro, ohne die momentan noch nicht vergebenen Arbeiten. Der Bau soll 2021 fertig werden. Dann stationieren sich dort alle Sonthofener Bundeswehreinheiten. Darum wird die Kaserne saniert und erhält zusätzlich einige Neubauten. Nach der Fertigstellung wird die Schule für ABC-Abwehr Hauptnutzer der Kaserne werden. Das sind Spezialisten für atomare, biologische und chemische Stoffe. Dass der Bau nun deutlich teurer wird, als anfangs geplant, hat mehrere Gründe. So wird unter anderem besser und vor allem mehr gebaut, als man zu Beginn annahm. Hinzu kommt auch eine angespannte Konjunktur im Bauwesen, weshalb es bundesweit zu gestiegenen Kosten von Baumaßnahmen kam, erklärt das Infrastruktur-Bundesamt.“ (https://www.all-in.de/sonthofen/c-lokales/kosten-fuer-die-kaserne-in-sonthofen-steigen-voraussichtlich-auf-280-millionen_a5049372)

Die Kosten waren also schon Ende 2019 auf das fast Dreifache der ursprünglich geplanten Kosten von 100 Millionen € gestiegen, wobei da noch gar nicht alle noch zu erwartenden Zusatkosten eingerechnet sind! Inzwischen ist die endgültige Fertigstellung auf 2022 verschoben, mit noch höheren Gesamtkosten, versteht sich.

Auf ihrer homepage verkündet der Baukonzern Wulf Architekten Stuttgart ganz philosophisch:

„Die imposante denkmalgeschützte Gesamtanlage wird durch eine Reihe von Neubauten ergänzt, die den vorhandenen architektonischen Ausdruck aus der Entstehungszeit der Gebäude weder unterstützen noch konterkarieren, sondern eine zeitgemäße, selbstbewusste Material- und Formensprache hinzufügen. Im Dialog zwischen Alt und Neu wird dadurch eine kritische Auseinandersetzung mit dem problematischen architektonischen Erbe spürbar.“ (https://www.wulfarchitekten.com/projekte/detail/show/generaloberst-beck-kaserne-ehemalige-ordensburg-sonthofen/ – Hervorhebung von mir).

Haha! „Kritische Auseinandersetzung mit dem problematischen architektonischen Erbe…“. Es geht um die Kohle, die sich mit dem teuren Bauobjekt für die Kriegführung des deutschen Militarismus und Imperialismus verdienen lässt.

Nebenbei, Wulf Architekten Stuttgart verdient u. a. auch am Bau von Polizeikasernen, z.B. das Polizeipräsidium Rheinpfalz in Ludwigshafen.

S.N.