Preise steigen? Dann Kampf um höhere Löhne!


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Rasant steigt die Inflation in Deutschland und weltweit. Mittlerweile liegt die allgemeine Inflation bei 4,5%. In Bereichen, die sehr stark die unteren Schichten treffen, ist sie noch höher:

Energie 14,3%

Nahrungsmittel 4,9%

Viele werden ihre Heizung drosseln oder abschalten müssen, da sie sich ein warmes Zuhause nicht mehr leisten können. Hartz IV wurde gerade um lächerliche 3 Euro monatlich erhöht! Gemüse und Obst sind damit kaum noch drin. Eine warme Wohnung ebenso nicht. Die Fahrt zur Arbeit wird zum Luxus.

Die Reallöhne fielen während der Covid-19-Pandemie dramatisch! Im 2. Quartal 2020 gab es ein Minus von 4,7%, im 3. Quartal von 1,3%, im 4. Quartal ein minimales Plus von 0,4%. Im 1. Quartal 2021 waren es minus 2% und im 2. Quartal ein Plus von 3%. Dieses Plus geht aber von den mit der Pandemie und den Krisenmassnahmen des Kapitals extrem gesunkenen Löhnen aus. Das bedeutet, dass die Löhne immer noch weit unter dem Vorkrisenniveau liegen; aktuell noch bei einem Minus von über 5%!

Mit rund 5% weniger Realeinkommen für Millionen Menschen und zeitgleich fast 5% Inflation sinkt das Einkommensniveau um fast 10%.

Tariferhöhungen im Minibereich

Während Corona und der tiefen Krise haben sich viele Gewerkschaftsführer brav verhalten. So gab es kaum Kämpfe und niedrige Tarifabschlüsse. Hier eine kleine, aber aussagekräftige Auswahl – immer brutto, also netto noch weniger:

Pflege ab 1.4.21 Erhöhung von 1,4%

Öffentlicher Dienst/ Gemeinden ab 1.4.21 Erhöhung von 1,4%

Baugewerbe ab 1.1.21 Erhöhung von 2,1%

Chemie ab 1.7.21 Erhöhung von 1,3%

Druck ab 1.8.21 Erhöhung von 1%

Selbst die soeben mit massiven Streiks durchgesetzten Lohnerhöhungen bei den Eisenbahner/innen der GDL von ca. 3,3% (1,5% im Dezember und 1,8 % im nächsten März) liegen deutlich unter der Infaltionsrate!

Nach den bis jetzt vorliegenden Tarifabschlüssen schätzt der Informationsdienst Wissenschaft die Erhöhungen in 2021 auf durchschnittlich 1,6% brutto!

Nun rächen sich die sehr langen Laufzeiten. Bei der IG Metall gilt der Abschluss für Metall+Elektro bis 30.9.22! In anderen Bereichen gibt es Abschlüsse bis 2023! Damit sind den Gewerkschaften formal die Hände gebunden.

Auf die neue Regierung hoffen?

Mit schönen Worten von „Sicherheit“, „Stabilität“, „sozialer Gerechtigkeit“ und „Modernisierung“ gibt es ein paar kleine Bonbons und gleichzeitig Riesengeschenke für die großen Konzerne. Investitionshilfen in Milliardenhöhe. Dafür soll die Rentenversicherung teilweise „kapitalgedeckt“ werden, also an der Börse spekulieren. Mit einem Wirecard-Skandal könnte man große Teile der Rentenansprüche verbrennen bzw. in die Tasche von Superreichen leiten. Denn wenn dann die Rentenversicherung das Geld der Versicherten bei so einem Konzern wie wirecard anlegt, der als „todsicher“ galt, dann können diese über Nacht verschwinden.

Einmalhilfen, geringfügige Steuersenkungen und Privatisierungsabenteuer lösen das Problem nicht!

Sind wir ausgeliefert oder können wir etwas machen?

Lohnerhöhungen sind dringend notwendig. In den Gewerkschaften muss dafür eingetreten werden. Denn auch wenn offiziell keine Tarifverhandlungen möglich sind, können wir uns wehren.

Schon auf unterster Ebene können Betriebsräte, die für die Interessen ihrer Kolleg/innen eintreten wollen, Überstunden und Sonderschichten verweigern. Das tut dem Kapital weh, weil derzeit die Produktion wieder hochfährt. Ebenso ist Dienst nach Vorschrift ein wirksames Kampfmittel, um wenigstens einen Inflationsausgleich zu bekommen. Denn wir alle wissen, dass in vielen Betrieben die Vorschriften z.B. beim Arbeitsschutz locker ausgelegt werden. Hält man sich an alle Vorschriften der Arbeitssicherheitsgesetze und der Berufsgenossenschaft, dann wird die Produktion spürbar langsamer.

Wenn ein Betriebsrat und eine Belegschaft also kämpferisch und einig sind, so haben sie viele Möglichkeiten, ihre Unzufriedenheit zu demonstrieren. Und wenn es an seinen Profit geht, dann ist das Kapital manchmal bereit, sich zu bewegen.

Gemeinsam geht es noch besser!

Hat man schon betrieblich viele Möglichkeiten, sich zu wehren, so geht es gemeinsam und kollektiv noch besser, wie die Geschichte beweist.

Im September 1969 begannen eine Reihe spontaner Streiks; zunächst bei Hoesch für 30 Pfennig mehr pro Stunde. Hoesch gab nach und zahlte. Viele Betriebe folgten und erreichten ebenfalls Lohnerhöhungen. Zuvor hatten Gewerkschaftsführungen in der sogenannten „Konzertierten Aktion“ mit Unternehmern und Bundesregierung Krisenbewältigung auf dem Rücken der Beschäftigten vereinbart, was zu Reallohnverlusten bei steigenden Preisen führte. Das Kapital vermeldete Gewinnsprünge. Die Kolleg/innen waren mit einer Gewerkschaftspolitik zu ihren Lasten nicht einverstanden und kämpften.

Auch 1973 brachen spontane Streiks aus, weil die Inflation die Löhne auffraß. Erneut konnten Lohnerhöhungen außerhalb der Tarifrunde erzwungen werden. Hintergrund war wieder, dass die Tariferhöhungen nicht mehr mit der Inflation Schritt hielten und Gewerkschaftsführungen auf das jammernde Kapital Rücksicht genommen hatten.

So ist es auch heute: Das Kapital hat in der Krise und trotz Covid-19 seine Gewinne kräftig erhöht. Die Krise wurde auf die arbeitenden Menschen abgewälzt. Gewerkschaftsführungen übten „Bescheidenheit“ zu Lasten der Kolleg/innen.

Wie die Kämpfe von 1969 und 1973 zeigen, kann man viel erreichen, wenn man einig ist.

Sich in der Gewerkschaft einsetzen!

Sprecht also Eure Vertrauensleute und Betriebsräte an. Fordert Lohnerhöhungen und einen solidarischen, aktiven Kampf! Und wenn zu wenig in der Gewerkschaft sind oder es noch keinen Betriebsrat gibt, dann organisiert Kolleg/innen, leitet die Wahl eines Betriebsrates ein, fordert Unterstützung Eurer Gewerkschaft. Schafft so eine breite Basis für einen Kampf um Lohnerhöhungen.

Die Reichen sollen die Krise bezahlen!