Frankreich: Wie „Femmes Egalité“ Frauen aus dem Arbeitermilieu mobilisiert

Unsere Genossen der PCOF (Kommunistische Arbeiterpartei Frankreichs) haben in ihrer Zeitung „La Forge“ einen interessanten Artikel über die Arbeit der Frauenorganisation „Femmes Égalité“ unter den werktätigen Frauen veröffentlicht. Wir haben ihn im Folgenden übersetzt.

Die Organisation richtet sich an Frauen aus der Arbeiterklasse und unter ihnen insbesondere an Arbeiterinnen in Frauenberufen, als Haushaltshilfen, Putzfrauen, Verkäuferinnen, Behindertenbetreuung… Sie bilden die große Gruppe der Working Poor und auf sie fallen prekäre Arbeitsverträge, zwangsweise Teilzeitarbeit, wenig beachtete, schlecht bezahlte Arbeit und nicht anerkannte Belastungen. Sie bilden die Mehrheit in den Berufen, die für die Gesellschaft unerlässlich sind, in den Berufen, die mit Beziehungen und Pflege zu tun haben.


Titelseite der Zeitung „egalité“

Schon heute werden sie durch das Rentensystem stark benachteiligt: geringe Löhne, noch geringere Renten! Ihre Löhne sind im Durchschnitt 22 % niedriger als die der Männer, ihre Renten sind 40 % niedriger, was auf ihre unvollständige Berufsöaufbahn und auf Teilzeitarbeit zurückzuführen ist.

Indem wir gegen diese Rentenreform mobilisieren, erklären wir, wie sie ihre Situation noch weiter verschlechtern wird:

Arbeiten bis 64 Jahre. Sie sind schon mit 62 Jahren kaputt, müssen vor 60 Jahren aufhören, weil der Körper nicht mehr mitmacht, oder werden entlassen, weil der Chef sie nicht mehr für den Job braucht. Das bedeutet Arbeitslosigkeit, Krankheit und Invalidität vor der Zeit. Welche Möglichkeiten haben diejenigen, die arbeitslos werden, wieder einen Job zu finden? Die letzte Reform der Arbeitslosenversicherung hat dazu geführt, dass sie mit mageren Leistungen abgespeist werden und sehr schnell ausgesteuert sind; also was, Sozialhilfe bis 64?

43 Jahre arbeiten: dasselbe Problem, das Problem der Gesundheit und der Unmöglichkeit, die erforderliche Beitragsjahre zu sammeln. Viele haben wenige Berufsjahre,unterbrochene Karrieren mit mehr oder weniger langen Arbeitsunterbrechungen, die oft mit Kindern zusammenhängen. Für diejenigen, die dazu in der Lage sind, besteht die „Lösung“ darin, bis 67 zu arbeiten, um den Abschlag zu vermeiden und in den Genuss einer Vollrente zu kommen: Dies ist heute bei 19 % der Arbeitnehmerinnen der Fall.

Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt Arbeiterinnen ohne Arbeitspapiere. „Femmes Egalité“ kämpft seit langem für ihre Legalisierung.

Alle haben ohne Anmeldung gearbeitet, manchmal viele Jahre lang, in der Regel im Bereich der persönlichen Dienstleistungen oder der Reinigung. Schwere Arbeit, die zu zahlreichen Behinderungen führt. All diese Arbeitsjahre sind für die Rente verloren, da keine Beiträge gezahlt wurden. Es ist unmöglich, 43 Beitragsjahre zu erreichen, und mit 64 Jahren (wenn sie es schaffen, bis dahin zu arbeiten) wird die Rente mickrig sein.

Wir geben ihnen auch konkrete Argumente, um die Lügen der Regierung zu entkräften:

– 1200 € Bruttomindestrente: Das ist ein Trugschluss. Unter den Arbeitnehmerinnen in diesen Sektoren sind sie eine Minderheit, die eine vollständige Berufslaufbahn haben, sie werden nicht von dieser Maßnahme profitieren. Noch weniger Frauen haben ihr ganzes Berufsleben lang Vollzeit gearbeitet; selbst mit 43 Jahren wird ihre Rente im gleichen Verhältnis zu ihrer Arbeitszeit stehen, also in jedem Fall unter den 1200 Euro liegen, die von der Regierung als Fortschritt, insbesondere für Frauen, angepriesen werden.

Die mit der Mutterschaft verbundenen Anrechnungs-Quartale werden beibehalten, und zwar acht Quartale pro Kind. Heute ermöglichen diese Quartale einer Reihe von Frauen, eine vollständige Anwartschaft mit 62 Jahren zu erreichen. Mit dem Übergang zur Rente mit 64 werden sie jedoch keine andere Wahl haben, als zwei Jahre länger zu arbeiten: zwei Jahre Erholung und Leben für sich selbst, die ihnen gestohlen werden.

– Die Berücksichtigung von Härtefällen.

Zur Erinnerung: Macron hat 2017 vier der zehn bestehenden Kriterien für Benachteiligungen abgeschafft: Tragen schwerer Lasten, anstrengende Körperhaltungen, mechanische Vibrationen, Exposition gegenüber chemischen Risiken. Diese Erschwernisse führen zu Muskel-Skelett-Erkrankungen, Atemproblemen und Allergien, die Arbeitnehmerinnen in der Reinigungsbranche, im Einzelhandel, Lebens- und Pflegehilfskräfte, kurzum eine große Anzahl von Arbeitnehmerinnen in Frauenberufen betreffen.

Diese Kriterien werden nicht wieder eingeführt, um einen Anspruch auf Anwartschafts-Quartale zu begründen. Sie werden lediglich zu einer verstärkten medizinischen Überwachung ab 45 Jahren führen, mit der Möglichkeit eines vorzeitigen Ausscheidens ab 62 Jahren, wenn, und nur wenn, die Arbeiterinnen und Arbeiter nach zahlreichen Verwaltungsverfahren nicht mehr als arbeitsfähig eingestuft werden. Es handelt sich um eine Reform, die die Arbeitnehmer bestraft, darunter die am meisten prekär Beschäftigten und unter ihnen die Frauen. Die Ablehnung ist einstimmig. Man muss den Frauen nicht lange erklären, warum sie schlecht ist. Wer will noch zwei Jahre länger arbeiten, mit niedrigen Löhnen und Arbeitsbedingungen, die sich von Tag zu Tag verschlechtern? NIEMAND! Um die Ablehnung in Streiks und Demonstrationen umzuwandeln, ist es der kollektive Charakter der Organisation, der uns das ermöglicht. Es ist die ständige Arbeit in Verbindung mit der sozialen Bewegung, mit den Gewerkschaften, die Vertrauen schafft, um gemeinsam demonstrieren zu gehen und – für einige zum ersten Mal – die Kraft der Masse zu spüren, die Wärme der von den Arbeiterinnen und Arbeitern, vom Volk besetzten Straße.

(Eine Genossin der PCOF, Aktivistin von Femmes Egalité)