Leserbrief: Die Forderungen der „Letzten Generation“ gehen nicht weit genug

Die Art des Vorgehens der Aktivisten der Letzten Generation erzielt durchaus Effekte. 
So haben die Aktionen der Demonstranten in Berlin in den letzten Wochen z.B. dazu geführt, dass in den Medien darüber berichtet wurde, dass wir nach jetzigem Stand auf eine Klimaerwärmung von 2,8 Grad zusteuern. Auch die unumkehrbaren, absolut katastrophalen Folgen solch einer Erwärmung wurden erläutert, so zum Beispiel, dass die UN keinen glaubhaften Kurs mehr sieht, auf dem die 1,5-Grad-Grenze noch eingehalten werden kann. Um die schlimmsten Folgen der Klimakrise noch zu begrenzen, braucht es, so heißt es auch im kürzlich veröffentlichten Umweltbericht, einen radikalen gesellschaftlichen Wandel.
Der Protest der Letzte Generation trägt direkt (über die Aktionen) und indirekt (über die Medienberichterstattung) zur Bewusstseinsbildung bei und bringt die absolute Dringlichkeit sofortigen entschlossenen Handelns immer wieder ins Bewusstsein der Menschen.
Die Frage, ob die von der Gruppe erhobenen Forderungen überhaupt ausreichend sind, wird man allerdings stellen müssen. So wird unsere extrem flächen- und ressourcenverbrauchende wachstumsorientierte kapitalistische Wirtschaftsordnung von der Gruppe nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Die Gruppe hat auch noch nie darauf hingewiesen, dass die fleischlastige Ernährungsweise in der westlichen Welt den Klimawandel wesentlich befeuert. Man könnte auch fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, mit den Aktionen nicht die Allgemeinbevölkerung sondern direkt die politisch Verantwortlichen zu konfrontieren, wobei ich den Eindruck habe, dass die gegenwärtig in Berlin stattfindenden Aktionen mehr in diese Richtung gehen. Zu bemängeln wäre auch die mangelnde basisdemokratische Struktur der Gruppe.
Das größte Manko bleibt jedoch der Verzicht auf eine sozialistische Perspektive. Die „ausgelosten Bürgerräte“ werden‘s nicht richten.
A.S.

Stellungnahme der Redaktion:
Lieber Genosse,
wir geben Dir in vielem recht. Allerdings sehen wir, dass die „Letzte Generation“ oft sehr abgehoben von den arbeitenden Menschen agiert. Das wird von der herrschenden Klasse genutzt, um die Menschen gegeneinander zu hetzen. Aktionen sollten vielen die Möglichkeit bieten, sich zu aktivieren und mitzumachen. Die absolute Dringlichkeit, gegen den kapitalistischen Raubbau an der Umwelt und damit an der Lebensgrundlage der Menschen vorzugehen, macht es notwendig, möglichst viele Menschen gegen den Kapitalismus zu mobilisieren. Dazu ist jedoch noch sehr viel beharrliche Aufklärungsarbeit notwendig. Das vermissen wir bei der „Letzten Generation“.