EU gegen die Völker

Die Volksabstimmung in Irland
gegen den Lissaboner Vertrag, der die bereits durch zwei Volksentscheide in
Frankreich und den Niederlanden gescheiterte EU-Verfassung ersetzen sollte,
zeigt, wie wichtig demokratische Rechte für das Volk sind und wie
undemokratisch zugleich die EU und die wichtigsten imperialistischen Großmächte
in der EU sind.

Obwohl sich die Regierung,
alle einflussreichen Oppositionsparteien, das Kapital in Irland und einzelne
Gewerkschaften für das Vertragswerk einsetzten, Frankreichs Außenminister
Bernard Kouchner den Iren von Paris aus drohte, und  selbst die katholische Kirche in Irland für
die Unterstützung des EU-Vertrages winselte, stimmte nun die Bevölkerung am
12.Juni mit 55 Prozent gegen das Vertragswerk! Einige andere Mitgliedsstaaten
wie Tschechien und Großbritannien kamen nun ins Schwanken. Ein riesiges Debakel
für die EU-Imperialisten, wie sich schon kurz nach dem Abstimmungsergebnis
herausstellte.

Die EU, das Bündnis der
europäischen Großmächte zur Mehrung ihrer Macht, ist bei den Völkern unbeliebt.
Bei Volksabstimmungen zeigte sich immer wieder, dass die EU keinen Rückhalt
hat:

        
Beim französischen Referendum am 20.9.1992 zu
Maastricht stimmten nur knapp 51% zu, 49% dagegen.

        
Beim ersten dänischen Referendum am 2.6.1992 wurde der
Maastricht-Vertrag zurückgewiesen. Nach entsprechender propagandistischer
Bearbeitung, Druck und kleineren Zugeständnissen stimmte das dänische Volk am
18.5.1993 ein zweites Mal ab, diesmal mit ja.

        
Bei den Volksentscheiden 2005 gegen die EU-Verfassung
in Frankreich und den Niederlanden.

Die EU war von Anfang an kein
Projekt der Völker, sondern ein Projekt der herrschenden Klassen der
europäischen Großmächte, die sich so in der internationalen Konkurrenz eine
bessere Position gegen die USA, Russland, China, Japan usw. verschaffen
wollten. Mit Demokratie hatte die EU daher nie viel am Hut. Die meisten
Verträge wurden ohne eine Beteiligung der Völker ausgearbeitet und beschlossen.
Die wichtigsten Entscheidungen werden von den Regierungen hinter verschlossenen
Türen oder von der Brüsseler EU-Bürokratie gefällt.

Die wichtigsten Inhalte der
EU waren immer:

        
Stärkung der großen Konzerne

        
Schärfere europaweite Konkurrenz der Arbeiter
untereinander

        
Billiglöhne und Abbau sozialer Errungenschaften

        
Gemeinsame Einmischung in abhängige Länder

        
und Aufbau einer gemeinsamen Militärmacht gegen
imperialistische Konkurrenten und gegen kleinere Länder

Schon Lenin analysierte 1915:

„Vom Standpunkt der ökonomischen Bedingungen des Imperialismus, d.h.
des Kapitalexports und der Aufteilung der Welt durch die
„fortgeschrittenen“ und „zivilisierten“ Kolonialmächte,
sind die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen
entweder unmöglich oder reaktionär. Das Kapital ist international und
monopolistisch geworden. Die Welt ist aufgeteilt unter ein Häuflein von
Großmächten, d.h. von Staaten, die in der groß angelegten Ausplünderung und
Unterdrückung der Nationen die größten Erfolge zu verzeichnen haben

Die Zeiten, in denen
die Sache der Demokratie und die Sache des Sozialismus nur mit Europa verknüpft
war, sind unwiderruflich dahin.“

(Lenin, Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa,
LW, Bd. 21, S.343)

Wie die Herrschenden mit demokratischen Entscheidungen
umgehen, zeigt ihr Verhalten nach der Ablehnung des EU-Vertrages durch das
irische Volk. Sie wollen einfach so weitermachen, als ob nichts geschehen wäre.
Selbst nach dem EU-Grundlagenvertrag ist die Zustimmung aller Länder notwendig,
sonst kann er nicht in Kraft treten. Da Irland nicht zugestimmt hat, wäre somit
der Vertrag am Ende. Doch die Herrschenden treten ihren eigenen Vertrag mit
Füßen. Am Ende des Ratifizierungsprozesses will man wohl das irische Volk in
einem zweiten Referendum wie in Dänemark 1993 so lange bearbeiten, bis es „Ja“ sagt.
Dazu wird jetzt schon mit „Abkoppelung“ und ökonomischen Konsequenzen gedroht.

Wie verlogen und reaktionär die Herrschenden denken, zeigt
sich an verschiedenen Zitaten:

Giuliano Amato, früherer italienischer Premierminister, 12.
Juli 2007:

„Sie beschlossen, dass
das Dokument unleserlich sein sollte. Wenn es unleserlich ist, ist es keine
Verfassung, das war die Art von Wahrnehmung… Hätte man es auf den ersten
Blick verstehen können, so hätte das ein Grund für einen Volksentscheid sein
können, weil es bedeuten würde, dass es etwas Neues gibt.“

Karel de Gucht, belgischer Außenminister:

„Das Ziel des
Verfassungsvertrages war, lesbarer zu werden; das Ziel dieses Vertrages
(Lissabon-Vertrag,
d. Red.) war, unleserlich zu werden. Die
Verfassung zielte darauf ab, klar zu sein, wohingegen dieser Vertrag undeutlich
sein musste. Es ist ein Erfolg.“

(Flandreinfo,
23. Juni 2007)

Jean Claude Juncker, Premierminister Luxemburg:

„Natürlich wird es
Übertragungen der Souveränität geben. Aber wäre ich intelligent, die Aufmerksamkeit
der öffentlichen Meinung auf diese Tatsache zu lenken?“

(Telegraph, 3. Juli 2007)

Jan Peter Balkenende, niederländischer Premier:

„Ein neues Referendum
ist nicht wünschenswert.“

 (Telegraph 23.
September 2007)

(Alle Zitate stammen von der Internetseite http://www.reformvertrag.de)

Die Herrschenden haben also keinerlei Absicht zuzulassen,
dass die Völker mitreden können. Die Völker Europas sind ihre Feinde. Darum
heißt ihre Taktik: verschleiern, vertuschen, verdummen und den Völkern ihre
demokratischen Rechte nehmen.

Die Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden
gegen die EU-Verfassung und nun die Abstimmung in Irland gegen den Lissaboner
Vertrag, der denselben Inhalt hat wie die gescheiterte EU-Verfassung, zeigen
jedoch wie wichtig demokratische Rechte sind und welche Kraft in den Völkern
steckt.

Aufgabe aller fortschrittlichen Kräfte in unserem Land ist
es, alle Kräfte gegen den Lissaboner Vertrag in einer großen Bewegung zusammen
zu schließen und gemeinsam wie in vielen anderen Ländern der EU eine
Volksabstimmung zu diesem Vertrag zu fordern.

Wir treten für folgende Forderungen ein:

Recht auf Volksabstimmungen!

Volksabstimmung zum Lissaboner Vertrag!

Nein zum Lissaboner Vertrag!