Bankenkrise: Schrecken ohne Ende

Millionen amerikanische Familien konnten 2007 die
Finanzierungskosten ihrer Häuser nicht mehr tragen und mussten der
Zwangversteigerung tatenlos zusehen. Alan Greenspan selbst, damaliger Chef der
US-Notenbank, hatte in den Jahren 2001-2003 dazu aufgerufen, dass die Banken doch
verstärkt Kredite mit variablem Zins ausgeben sollen, da diese für die Kunden
viel günstiger seien. In dieser Zeit betrug der Leitzins der US-Notenbank Fed
tatsächlich nur 1% und natürlich war ein variabler Zinssatz in dieser Phase
geringer als ein über mehrere Jahre festgeschriebener Zinssatz eines
Hypothekendarlehens.

Was Greenspan und jeder Banker wusste trat dann auch ein.
Die Zinsen kletterten von 2004 bis 2006 auf 5,25 %. Doch da hatten schon Millionen
Haushalte ihren Traum vom eigenem Haus verwirklicht und eben auch sehr
einkommensschwache Familien, die der Verlockung so günstigen Geldes nicht
widerstehen konnten. Es kam zu einem regelrechten Immobilienboom, die
US-Eigenheimpreise stiegen von 1996 bis 2006 real um 86%. Die Hausbesitzer
glaubten nun sie hätten einen entsprechenden Wert in der Hand, den sie wiederum
bei den Banken für Konsumausgaben beliehen haben.

Das Volumen dieser Kredite an Kunden mit schwacher Bonität,
so genannte Subprime-Kunden erreichte Ende 2006 dann auch 1,5 Billionen Dollar.
In dieser Phase litten schon 15% der Kredite Not und die Welle der
Zwangsversteigerungen ruinierte die Immobilienpreise. Die Blase war geplatzt,
denn nun hatten die Banken nicht nur mit Kreditausfällen zu kämpfen, sondern
der tatsächliche Immobilienwert entsprach nicht mehr dem Beleihungswert. Fonds
(Bear Sterans) und ganze Banken (New Country) waren nur Auftakt einer
Pleitewelle. Selbst deutsche Kreditinstitute wie die IKB oder SachsenLB gerieten
ins trudeln. Der Grund: die Kredite des amerikanischen Immobilienmarktes wurden
zu Paketen geschnürt (ABS, CDO), die weltweit gehandelt wurden und so bekam die
US-Bankenkrise globalen Charakter.

(Wir haben dazu ausführlicher in 5/2007 berichtet.
Nachzulesen unter www.arbeit-zukunft.de/index.php/item/710)

 

Die Abwärtsspirale geht unterdessen unvermindert weiter.
Mark Zandi von Moody´s Economy rechnet damit, dass die Hauspreise noch bis 2009
zweistellig sinken werden. Der US-Baussektor steckt schon seit Monaten in der
Rezession und namhafte Institute, wie Morgan Stanley gaben eine Rezessionswarnung
für die USA heraus. Von dieser Sorge getrieben erklärte Busch am 5.12.07 seinen
Plan unter bestimmten Bedingungen Hausbesitzer für fünf Jahre vor steigenden
Zinsen zu schützen. Bush weiß, dass die amerikanische Wirtschaftsleistung zu
mehr als zwei Dritteln vom Konsum abhängt. Der Aufschwung der US-Wirtschaft war
hauptsächlich auf den wachsenden Schulden der US-Bürger aufgebaut. Fallende
Hauspreise und steigende Energieausgaben zwingen aber zum Sparen und in Folge
wird der Konsum einbrechen.

Neben Ausfällen bei Hypothekenkrediten geben auch die
Kreditkartenschulden der Amerikaner Grund zur Sorge. Im Sommer 2007 haben diese
Schulden die Marke von 900 Mrd. Dollar überschritten. Capital One, ein
Aussteller von Master- und Visakarten, rechnet allein für 2008 mit Verlusten
von 5,5 Mrd. Dollar. Auch die Citigroup musste hierfür 1,3 Mrd. Dollar
Rückstellungen bilden. Gelockt hatten die Kreditinstitute die Kunden mit Null-Prozent-Finanzierungen
für die ersten zwölf Monate, doch wer dann seinen Saldo nicht ausgleicht, zahlt
schon mal bis zu 19% Zinsen. Auch diese Kredite der US-Konsumenten, wie auch
Autofinanzierungen, wurden teilweise zusammen mit den Hypothekendarlehen
verbrieft (ABS) und als Paket weltweit gehandelt. Diese verbrieften Kredite
(ABS, CDO) haben ein Volumen von über 2,3 Billionen Dollar.

 

Fed Chef Bernanke räumte die „Schwäche“ bei Verbrauchern und
Unternehmen ein und so hat er in Schritten seit Sommer 2007 die Zinsen auf
4,25% gedrückt. Zusätzlich pumpt die Fed, wie auch EZB und andere
Zentralbanken, zusätzliche Milliardenbeträge in den Geldkreislauf, doch die
langfristigen Zinsen im Geldmarkt bleiben auf Rekordniveau. Liquidität wäre
vorhanden, doch die Banken trauen sich gegenseitig nicht, da noch
Abschreibungen in ungeahnter Höhe drohen. Eine Sorge, die nicht unbegründet
ist, wenn man die Meldungen einiger Banken der letzten Wochen verfolgt. So
musste die Schweizer Großbank UBS zehn Mrd. Dollar auf ihre zweitklassigen
US-Hypotheken abschreiben und die Swiss Re schreibt mit 748 Millionen Euro rote
Zahlen. Bisher sind 33 CDOs mit einem Volumen von 35 Mrd. Dollar Not leidend. Selbstredend,
dass unter diesen Umständen die Papiere nur mit größten Verlusten verkauft
werden könnten und ein Verkauf einen weiteren Kursrutsch auslösen könnte.
Deshalb ist der einst so florierende Handel praktisch zum erliegen gekommen.
Bisher haben Banken weltweit rund 75 Mrd. Dollar wegen der Krise abgeschrieben,
aber nach Schätzungen könnten noch weitere 300 Mrd. Dollar anfallen. Der
ehemalige Vize der US-Notenbank Ferguson und heutige Vorstand der Swiss Re
erklärte: „Man muss 100 Jahre zurückgehen, um in den USA einen so dramatischen
und anhaltenden Mangel an Liquidität zu finden.“ Rödl, Vorstand von
Creditreform warnt: „Sollte sich die Subprime-Krise nicht entschärfen und
sollte die Konjunktur in Deutschland stärker in Mitleidenschaft gezogen werden,
ist im nächsten Jahr ein Wiederanstieg 
der Pleiten auf bis zu 30.000 Fälle nicht auszuschließen“.

 

Während die US-Notenbank mit Zinssenkungen der Krise zu
begegnen versucht folgt die EZB diesem Trend nicht und belässt die Zinsen bei
4%. Doch sinkende Zinsen in den USA machen den Dollar für Anleger weniger
attraktiv. Die Folge ist, dass der Euro zu einem historischen Höhenflug
ansetzte (1,50 Euro je Dollar) und der Dollar weltweit an Wert verliert.

Für die amerikanische Volkswirtschaft, die chronisch mehr
Waren einführt als ausführt, ist das mehr als willkommen, denn amerikanische
Produkte werden so preiswerter und lassen sich weltweit besser verkaufen. Die
deutsche Volkswirtschaft hat im Gegenzug ihr Wachstum weder auf  Verschuldung aufgebaut, noch auf einen
gewachsenen Binnenmarkt, sondern durch den Export von Waren. Dies wird durch
einen teuren Euro nun erheblich erschwert.  Gerade Chemie, Maschinen- und Automobilbau
sind betroffen. Konzerne müssen sich gegen diese Risiken absichern, was allein
bei BMW  mit 666 Mio. Euro im letzten Jahr
zu Buche schlug. So plant BMW verstärkt Autos in den USA zu bauen, um das
Währungsrisiko auszuschließen. BMW will dazu die Produktion im Werk Spartanburg
von derzeit 140 000 auf 250 000 hochgefahren. 
Louis Gallois, Chef von EADS, kündigte an, „Teile der Produktions- und
Zulieferbereiche in den Dollarraum zu verlegen“.

Aber nicht nur Arbeitsplätze werden in die USA exportiert,
sondern auch Firmenkäufe nehmen deutlich zu, immerhin haben deutsche Konzerne
dank sprudelnder Gewinne reich gefüllte Kriegskassen. Im Vergleich zu 2004
haben sich die Käufe in den USA vervierfacht und betrugen im Jahresverlauf  34,5 Mrd. Dollar.

Ein schwacher Trost ist, dass Ölgeschäfte in der
Weltleitwährung Dollar abgewickelt werden und so trotz Anstieg des Ölpreises
seit Januar 2006 von 65 Dollar auf 100 Dollar, sich der Anstieg für den
Euroraum von 55 Euro auf nur 65 Euro erhöhte.

 

Dass die USA eine starke Abschwächung ihrer Wirtschaft
hinnehmen müssen ist sicher und dass Deutschland deutlicher weniger in die
Saaten exportieren wird ist ebenfalls sicher. Die weltweite Rezession wäre in
Stein gemeißelt, gäbe es da nicht noch andere Länder auf diesem Planeten, allen
voran die „Bric“. Hinter diesem Begriff verbergen sich Brasilien, Russland,
Indien und China. Experten gehen hier von einem Wirtschaftswachstum von über
10% aus. China hat in den letzten zehn Jahren seine Dollarreserven auf 1.430
Milliarden Dollar verneunfacht. Selbstredend sehen die Chinesen den
Dollarverfall mit großer Sorge, denn niemand verliert dabei mehr Geld. Aber bei
einem Verkauf größerer Dollarmengen würde der Kurs des Dollar nur weiter
einbrechen. So erklärte Xiaochuan, Chef der chinesischen Notenbank
folgerichtig: „Wir unterstützen einen starken Dollar“. Absetzbewegungen vom
Dollar gibt es dagegen im arabischen Raum. Auf dem Treffen der OPEC in Riad,
hatten Chavez (Venezuela) und Ahmadinejad (Iran) darauf gedrängt den Ölhandel
in einer anderen Währung abzuwickeln, um sich gegen Verluste aufgrund des
schwachen Dollars zu schützen. Der saudische Außenminister Al-Faisal begegnete
mit der Warnung, dass dann der Dollar kollabieren würde.

Frank Mattern, Chef der Unternehmensberatung Mc.Kinsey spricht
von einem „Erdbeben im Weltfinanzsytem“ Die Auswirkungen reichen weit ins neue
Jahr und der Schrecken wird so schnell kein Ende finden. (J.T.)