Krebsgeschwür kapitalistische Krise

Karikatur StaatskneteSeit 2007 im Sommer
breitet sich die kapitalistische Krise immer weiter aus. Sie ist keinesfalls
beendet. Sie wütet heute in allen Bereichen der Wirtschaft! Sie zeigt nun,
nachdem Schicht um Schicht des kapitalistischen Weltgetriebes erfasst wurden,
immer deutlicher, dass es sich um eine für den Kapitalismus gesetzmäßige Krise
der Überproduktion handelt. Viele Märkte, das A und O des Kapitals, die
Wunderdroge aller Westerwelles und Neo-Liberalen, sind gesättigt, entweder,
weil es keinen weiteren Bedarf an den angebotenen Waren gibt, oder weil zwar
Bedarf herrscht, aber kein Geld in den Taschen der Menschen!! Die Finanzmärkte
dagegen zocken unvermindert weiter.

Die Folgen der Krise
sind offensichtlich. Hier eine unvollständige Auswahl jüngerer Horrormeldungen
nur aus Deutschland:
Massive Krise im Maschinenbau, Maschinenbauer Voith: Entlassungen,
Porzellankonzern Rosenthal: Insolvenz, Mieder und Unterwäschefabrikant
Schießer: Insolvenz, Chiphersteller Qimonda: Insolvenz, Sensoren- und
Elektronikhersteller Micronas (München Freiburg): Massenentlassungen, Märklin:
Insolvenz, Kurzarbeit bei Daimler Bosch, VW, Ford, Eberspächer, Roto, Winkhaus,
Siegenia, Aubi, massive Probleme bei allen Automobilzulieferern!

Aktuell stehen die große Schaefflergruppe und die
europäischen GM-Töchter Opel, Vauxhall und Saab mit ca. 50 000 Kolleg/innen vor
der Pleite und verlangen das Eingreifen des Staates. Sozialdemokraten aller
Couleur verlangen gar die Verstaatlichung, die „Enteignung,“ die „Teilverstaatlichung“
und was an Medizin sonst noch auf dem Markt feilgeboten wird.

 

Die Bankenkrise schwelt weiter!

 

Auch die Finanz- und Bankenkrise wächst wie ein
Krebsgeschwür weiter. Die Commerzbank wurde für ein Mehrfaches ihres
Börsenwerts aus Steuergeldern „teilverstaatlicht“. Landesbanken, IKB, KFW –
Banken, die Milliarden verspekulierten und ihre Banker mit Milliarden-Prämien
versorgten – hängen am Steuertropf der arbeitenden und erwerbslosen Menschen!

Schon über 100 Mrd. Euro
beträgt die Finanzhilfe aus Steuergeldern für das „Schwarze Loch“ der
Hypo-Real-Estate-Bank“(HRE). Es ist kein Ende in Sicht! In den Büchern dieser
Bank scheint es ungeheure Mengen „vergifteter“ „Wert“-Papiere zu geben. Das
aber gilt für andere Banken nach wie vor genauso! Angesichts der HRE-Schieflage
wird über eine „kontrollierte Pleite“ diskutiert, doch werden die Folgen als
unkontrollierbar(!) eingeschätzt. Die Chefs des Finanzkapitals und die
Bundesregierung befürchten, dass die Pleite viele weitere Banken mit in die
Tiefe reißen würde. Die Pleite der US-Bank Lehman-Brothers gilt als
abschreckendes Beispiel. Mit dem größten Eigentümer der HRE, einem
amerikanischen Finanzhai, der ca. ein Viertel des Kapitals hält, wird über
einen Kauf von dessen Aktienanteil verhandelt, bisher ohne Ergebnis, da jener
einen überhöhten Preis für seine HRE Aktien verlangt.

So wird eine Enteignung
juristisch bereits vorbereitet. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde von der
Bundesregierung verabschiedet. Unverändert werden auch Pläne für eine aus Steuergeldern
abzusichernde „Bad Bank“ („Schlechte Bank“) diskutiert, eines Instituts, das
den betroffenen Banken die faulen, also wertlosen „Wert-Papiere“ abkauft(!), so
dass sie diese aus den eigenen Büchern und Bilanzen loswürden und wieder
kreditwürdig würden.

Dies ist abzulehnen! Einmal
mehr würden die Opfer der Krise zur Rettung der Verantwortlichen herangezogen,
die breiten Massen der arbeitenden bzw. erwerbslosen Menschen, die
Rentner/innen, die arbeitende Jugend, die Schüler/innen, die Studierenden.
Hauptsächlich aus den ihnen abgepressten Steuermitteln wäre eine Bad Bank zu
finanzieren bzw. abzusichern. Denn das Kapital würde bestenfalls symbolische
Summen dafür bereitstellen, macht bisher auch keinerlei Anstalten in diese
Richtung.

 

Der Fall Schaeffler

 

Maria Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg Schaeffler,
die Eigner der Schaefflergruppe, eine Gruppe aus Automobilzulieferern,
verzockten sich bei der Übernahme des viel größeren Continental-Konzerns
(Conti) nach allen Regeln der Kunst und stehen nun – Schaeffler und Conti
gemeinsam!! – am Rande der Pleite! Grausame, völlig legale Realität des
Kapitalismus! Die Conti-Übernahme beruhte auf einer bodenlosen Fehlspekulation
mit Conti-Aktien (ähnlich wie der Herrn Merkle mit VW-Aktien!). Über 10 Milliarden
Euro betragen nun die Schulden der Schaefflergruppe. Sie können Schaeffler und
Conti in den Abgrund reißen! Krisenbedingt brechen nun auch noch die Aufträge
aus der Autoindustrie weg. Das Warenangebot der Schaeffler-Conti-Gruppe ist im
Moment wenig gefragt. Krise!

Die Schaeffler-Chefin vergoss öffentlichkeitswirksam auf
einer Demo ihrer Belegschaften vor der Konzernzentrale in Herzogenaurach ein
paar Tränchen, um auf ihr „schweres Schicksal“ aufmerksam zu machen. Ihre
Belegschaften stellten sich – wider besseres Wissen!! – hinter sie und ihre
Geldforderung an die Bundesregierung. Die Schaeffler und ihr (inzwischen auf
Druck der Banken gefeuerter) Finanzvorstand haben persönlich durch die
Conti-Übernahmezockerei die Gefahr für die Schaeffler- wie auch für die
Conti-Kolleg/innen heraufbeschworen!

Die örtliche IG Metall, ja sogar der IG Metall-Vorsitzende
Huber, ließen sich von ihr vor den Schaeffler-Karren spannen, um bei der
Bundesregierung bis zu 5 Milliarden Euro Staatshilfen zu fordern. Im Gegenzug
handelte Huber die Einführung der paritätischen Mitbestimmung im
Schaeffler-Aufsichtsrat aus, sowie eine noch nicht bezifferte Mitarbeiter/innen
– Beteiligung am Unternehmenskapital. Mit anderen Worten: Gelder der
Lohnabhängigen werden diesen entzogen und dem Pleitebedrohten
Schaeffler-Kapital hinzugefügt, so dass die Mitarbeiter auch noch mithaften!!

Bei der Schaefflergruppe stehen in Wahrheit ca. 71.000
Arbeitsplätze, mehr als 30.000 davon in der BRD, auf dem Spiel. Und es ist
absolut ungewiss, ob daran Staatshilfen überhaupt etwas ändern. Im Gegenteil:
Steinbrück knüpft Rettungsaktivitäten an Sanierungspläne, die wie immer in
erster Linie Arbeitsplätze zur Disposition stellen.

Im kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem
sind die Arbeiter/innen und Angestellten dem Kapital und seinem Ausbeutungs-,
Lohn- und Profitsystem und seinem Zwang zur Mehrwertaneignung durch den
Kapitalbesitzer ausgeliefert, desto schärfer, je geringer die Arbeiterklasse
sich zu Kampf und Gegenwehr organisiert hat. Es ist Augenwischerei, sich dieser
Erkenntnis zu verschließen.

 

Fall Opel: Imperialistische Konkurrenz um einen Multi in der
Krise!

 

Vergleichbar der Fall Opel, wenn auch noch dramatischer!
Zehntausende Kolleginnen und Kollegen von Opel und den anderen GM-Töchtern Saab
(Schweden) und Vauxhall (Großbritannien) gingen europaweit auf die Straße, um
für den Erhalt ihrer Arbeitplätze zu demonstrieren, gegen GM und die
Opel-Vorstände. Sie stellen einen wichtigen Faktor in der Krise dar. Es geht um
ihre Existenz.

Opel ist im Totalbesitz des US-Konzern General Motors
(GM) und verfügt heute laut bürgerlichen Medien nicht einmal „über ein eigenes
Bankkonto“. Alle Patente aus der Opeltätigkeit sind im Besitz von GM. Opel hat
Standorte in Spanien, Polen, Belgien, Großbritannien Russland sowie 4 in
Deutschland, hier mit zusammen rund 26.000 Beschäftigten.

Der Mutterkonzern GM ist mit über 30 Mrd. Dollar
überschuldet und somit praktisch Pleite.

Er wird mit Staatskrediten der US Regierung künstlich am
Leben erhalten, jetzt fordert Konzern-Boss Wagoner auch noch deutsche
Staatshilfe. Das tut er zwar nicht offen und direkt, dafür schickt er seine
europäischen Manager vor, so den GM-Europachef Forster und den Opelchef Demant.

Der Opel Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz fordert
die Selbständigkeit des europäischen Opel-Konzernteils von GM. Die
Ministerpräsidenten Rüttgers(NRW), Koch(Hessen) und Beck (Rheinland-Pfalz)
machen sich für Staatshilfe aus Berlin stark. Die Debatte in der deutschen
Öffentlichkeit fordert Staatshilfe bis hin zum Einstieg des Staates, ja sogar
die Verstaatlichung bzw. Enteignung. Die deutsche Seite fordert aber die
Herauslösung von Opel oder von allen europäischen GM-Töchtern aus dem
US-Konzern. Die Bundesregierung fordert von GM und Opel ein Sanierungskonzept,
in dem sichergestellt sein muss, dass gewährte Hilfen nicht in den Kassen des
maroden GM-Konzern landen. Das Opeldrama erweist sich damit als Teil der
Konkurrenz zwischen zwei imperialistischen Mächten, den USA und der
Bundesrepublik.

Aber bei den gegebenen Eigentumsverflechtungen wäre es
schwierig, Opel, ggf. auch Saab und Vauxhall, aus so einem kapitalistischen
Mammutkonzern herauszulösen. So sieht seit Freitag dem 27. Februar das Szenario
aus: GM fordert ca. 3,3 Milliarden Euro von der BRD und den anderen
europäischen Staaten mit Opel-Standorten, bietet dafür die Schaffung einer
rechtlich eigenständigen europäischen Opel-Gesellschaft an, an der GM aber mehr
als 50 % behält, „Dritte“ könnten sich im Umfang „zwischen 25 und 50 %“
beteiligen (GM-Europachef Carl Peter Forster). Das können sowohl Staaten oder
Bundesländer als auch private Investoren sein.

In diesem Fall wäre mit drastischen Einschnitten und
Kostensenkungsprogrammen zu rechen, Forster droht weitere Lohn- und
Gehaltsverzichte an, aber bisher keine Schließung von Standorten bzw. keine
betriebsbedingten Kündigungen, vorerst nicht, um die Geldforderungen nicht noch
zu gefährden, und weil sich die Beschäftigten mit ihren Aktionen etwas Respekt
verschafft haben.

Die Alternative dazu ist die Pleite, kontrolliert oder
nicht, dramatisch oder „sozial abgefedert“. Die Folgen wären in jedem Fall
dramatisch! Zehntausende Arbeitslose aus den Opelwerken und denen der
Zulieferer, Niedergang der beteiligten Regionen in NRW, Rheinland-Pfalz,
Hessen, in Schweden, in Großbritannien, viele davon, vor allem NRW und England,
schon genug geplagt mit den Folgen früheren kapitalistischen Niedergangs. Eine
solche Entwicklung würde nicht zuletzt auch die Krise bei Schaeffler-Conti
entscheidend verschärfen!

Diese Alternative würde sich noch weiter zuspitzen, wenn der
Mutterkonzern GM kaputtginge, bzw. wenn die US-Regierung ihn sterben lassen
würde.

Mit Pleiten ist in der weltweiten Autobranche in jedem Fall
zu rechnen. Schon vor dem Ausbruch der Krise gab es die Überkapazitäten, jetzt
sind sie unübersehbar. Dass der Kapitalismus den Fortschritt hemmt, je weiter
er voranschreitet, ist in der Autobranche mit Händen zu greifen: Viele
Autotypen sind von der Massenkundschaft gar nicht mehr gewollt, da technisch
rückständig! Kleine, Platz sparende, umweltfreundliche und sparsame Modelle
sind zunehmend gefragt, nicht die rollenden und Benzin saufenden Monster, die
nur widerstrebend aus dem Angebot vieler Automonopole verschwinden.

Immer mehr Menschen fragen sich überhaupt nach dem Sinn
zumindest dieser Art von Individualverkehr, ob das Auto nicht selbst ein
technisch rückständiges Produkt ist. Car-Sharing, stärkere Inanspruchnahme von
ÖPNV, Eisenbahn und umweltschonenden Alternativen treten immer stärker ins
Bewusstsein der Menschen.

Die so genannten Entwicklungs- und Schwellenländer bauen auf
dem dort herrschenden niedrigen Niveau der Löhne und Arbeitsbedingungen eigene
profitable Autoindustrien auf, mit denen sie auch auf die Märkte Europas und
Nordamerikas drängen, was den Markt für die „alten“ Autokonzerne weiter
einschränkt.

All das macht es unter den gegebenen kapitalistischen
Bedingungen unwahrscheinlich, dass alle Automobilkonzerne überleben werden. Ein
Teil der kommenden Entlassungen ist historisch nicht vermeidbar, ein Teil des
unvermeidlichen Niedergangs des Kapitals! Dafür gibt es im Kapitalismus keine
Lösung!

Die Konsequenzen sind für die Arbeiter/innenklasse
dramatisch. Es wird keinen Weg ohne weiteren Kampf geben! Dieser Kampf kann im
Kapitalismus nur bedingte Erfolge erzielen, immer auf Kosten der Profite des
Kapitals, das massiv dagegen kämpft! Es geht um den Kampf gegen weitere
Verarmung, gegen die Hartzgesetze I – IV. Im Bereich des „Sozialkahlschlags“
gibt es durchaus „Verschlimmerungspotenzial“! Die Schwindel erregenden
Milliardenschulden der „Konjunktur- und Bankenrettungspakete“ will das
Finanzkapital schließlich wieder hereinbekommen – mit Zins und Zinseszins! Wo
sollen diese Mittel denn geholt werden, wenn nicht bei den arbeitenden Klassen,
bei Erwerbslosen, Rentnern?! In der IG Metall wird heute offen von einer
drohenden „Schrottung der Sozialsysteme“ nach der Bundestagswahl gesprochen!

Es ist deshalb alles andere als unrealistisch, sich auch auf
Ereignisse wie eine Opel-Pleite vorzubereiten!

 

Klassenkampf in der Krise!

 

Unerlässlich ist es, den antikapitalistischen Kampf zu
führen. Kurzfristig, aktuell führt kein Weg an dem Kampf um Forderungen vorbei wie:
Massive Besteuerung des Reichtums, der Vermögen, der Profite und
Spekulationsgewinne! Verkürzung der Arbeitszeit mit vollem Lohn- und
Personalausgleich, Senkung des Rentealters, Mindestlöhne von 10 Euro und
anderes mehr (Vgl. S. )

Doch das reicht nicht länger! Notwendig ist der Kampf um die
Gewerkschaften, in den Gewerkschaften des DGB. Fassen wir Mut und setzen
den Klassenkampf dort wieder auf die Tagesordnung. Nicht nur in der Krise
vertritt das Kapital konsequent seine Interessen gegen die Arbeiterklasse gegen
die Beschäftigten, gegen Erwerbslose, Rentner etc. Wo ist diese Konsequenz bei
uns, bei den Gewerkschaften, bei den Menschen in Betrieben und Institutionen?!

Wenn kapitalistische Unternehmen Pleite gehen, dann liegt
das nicht in der Verantwortung der Beschäftigten, obwohl das Kapital es schon
wieder so hindreht. Die Arbeiter/innen und Angestellten sollten dies auch
bewusst ablehnen. Es liegt daran, dass das Kapital historisch nicht länger in
der Lage ist, den Menschen im kapitalistischen System überhaupt noch ein
sicheres und stabiles Auskommen zu sichern! Die Zeit des Kapitalismus läuft ab!
Wohin soll sich denn die nächste Krise ausweiten? Die gegenwärtige erfasst –
historisch erstmalig – weltweit bereits alle Märkte!

 

Enteignung, Verstaatlichung?

 

Bekämpfen wir die Illusionen, die ideologischen
Vorstellungen, die nun in der Krise vielfach vorgetragen werden, von Parteien
wie der DKP, der Linkspartei. Eine der Hauptillusionen, die heute gezielt
gestreut werden, besteht darin, die Verstaatlichung bzw. die Enteignung der
Banken, teilweise auch von Konzernen wie Schaeffler oder Opel, würden die
Folgen der Krise beherrschbarer machen, die Schäden, die das Kapital anrichtet,
verringern oder vermeiden helfen und Sicherheit für die Ausgebeuteten schaffen.

Es handelt sich um eine Ausrichtung in die Irre! Wir lehnen
entsprechende Forderungen ab. Merkel und Steinbrück selbst haben bereits das
Enteignungsgesetz für die HRE in der Schublade.

Zur Verstaatlichung: Die Commerzbank wurde
teil-verstaatlicht durch einen Aktienaufkauf zu völlig überhöhten Preisen. Es
wurde bisher nicht bekannt, dass die nun in den Commerzbank-Aufsichtrat
eingerückten Regierungsvertreter einen grundlegenden Wandel in der
Geschäftpolitik herbeigeführt hätten. Verstaatlichungen ändern nichts am
kapitalistischen System. Es tritt mit dem Staat lediglich ein weiterer
kapitalistischer Eigentümer auf, der grundsätzlich nichts am Geschäft nach
kapitalistischen Grundsätzen ändert. Es gibt staatliche Beteiligungen in großer
Zahl, bei den Landesbanken, bei bestimmten Unternehmen wie z. B. VW. Alle
bürgerlichen Parteien betonen, dass es sich um vorübergehende Engagements
handeln soll, wenn der Staat in der Krise in Unternehmen, Banken, Konzerne
einsteigt.

Zur Enteignungsforderung gilt grundsätzlich zunächst dasselbe.
Das Grundgesetz der BRD geht selbst von der Möglichkeit der Enteignung aus,
obwohl dieser Paragraph hauptsächlich dafür da ist, dass Kleinbesitzer für
öffentliche Projekte enteignet werden können. Er ist gewiss nicht für die
Enteignung von Banken und Konzernen geschaffen worden.

Entsprechend groß ist auch das Propagandagetöse aller
möglichen Vertreter des Großkapitals. Hans Olaf Henkel, früher IBM-Chef und
heute Lobbyist, sah gar die DDR wieder auferstehen. Doch dieses Getöse
reflektiert nur den Widerwillen der Groß- wie Kleinkapitalisten, aller
Ideologen des Liberalismus, gegen die Einschränkung ihrer Handlungsfreiheit.
Aber gerade Marx hat darauf hingewiesen, dass der Staat des Kapitals als
„ideeller Gesamtkapitalist“ in bestimmten Situationen auch ein „Gesamtinteresse
des Kapitals“ vertreten muss und Krisen mit unkonventionellen Maßnahmen auch gegen
einzelnen Kapitale durchsetzen muss. Eine massive Krise wie diese, die
potentiell das Gesamtsystem gefährden kann, ist solch eine Situation. Die
Enteignung, wenn sie denn stattfindet, dient dem Kapital als System, seinem
Überleben!
Sie erfolgt gegen Entschädigung, und bei der HRE wird darum
gerade gefeilscht.

Davon zu schweigen, zu verschleiern, wie die Enteignung
gerade dem Kapital in der Krise helfen und nützlich sein kann, ist
Illusionsmacherei! Daran ändert auch die gern als Argument angeführte parlamentarische
Kontrolle der enteignenden Regierung nichts. Der Staatsmanager an der Spitze
wird genauso die Gesetze des Kapitals, der Kostensenkung, der Effizienz an den
Beschäftigten exekutieren wie der Privatmanager. Der Laden wird unter Einsatz
von Steuermitteln saniert und möglichst wieder privatisiert.

Käme es zu einer Enteignung der HRE oder gar von einem
Konzern der Produktionssphäre, gingen Entschädigungen von Milliarden aus
Steuergeldern an die enteigneten Kapitalist/innen. Dann können die damit weiterspekulieren,
-investieren usw. mit den bekannten Folgen.

Eine andere Frage ist es in der politischen Praxis, ob ein
im Staatsbesitz befindliches Kapital umstandslos privatisiert wird. Sie stellte
sich bei der Post, der Telekom und stellt sich bei der Bahn. Hier ist
Widerstand gerechtfertigt, hier werden zum Teil historisch aus öffentlichen
Mitteln geschaffene Strukturen denen entzogen, die diese Mittel aufgebracht
haben! Und das ist natürlich auch bei einer Reprivatisierung Fall für Fall zu
diskutieren.

Kommunisten geht es nicht um Überführung einer
kapitalistischen Eigentumsform in eine andre, wenn wir die Enteignung fordern.
Uns geht es darum, dass mit der Enteignung durch einen sozialistischen, von den
Arbeiter/innen gebildeten Staat das kapitalistische Eigentum entschädigungslos
abgeschafft wird. Kapitalbesitzer sollen zu einfachen, dem Arbeiter, der
Arbeiterin, den normalen Werktätigen völlig gleich gestellten Bürgern werden.
Das Recht, Geld als Kapital zur Ausbeutung zu verwenden, gehört vollständig abgeschafft!

Damit ist gesagt, das sich in der gegenwärtigen Lage die
Enteignung von Banken oder Konzernen, von Verstaatlichungen und Teilverstaatlichungen
ganz zu schweigen, als ein wenn auch drastisches Mittel der kapitalistische
Krisenbewältigung erweist. Wir betrachten sie nüchtern als Teil des
Geschäftsgebarens des Kapitals in der Krise, das in aller Regel genauso zum
Schaden der Arbeiter/innen und Angestellten eingesetzt wird wie andere
Krisenmaßnahmen. Ihnen gegenüber sind genauso die Forderungen der
Arbeiterklasse zu vertreten wie gegenüber der Pleite oder der Umstrukturierung,
gegenüber dem Verkauf oder der Fusion. Ersparen wir uns in dieser Lage
Illusionen!

Wenn die Menschen der heutigen Gesellschaft, insbesondere
die Jugend, die zukünftige Gesellschaft nach dem Kapitalismus, einen
Sozialismus und Kommunismus, der diesen Namen verdient, erleben und den Kampf
dafür führen wollen, dann müssen sie sich darauf vorbereiten, die
gesellschaftliche Produktion und Reproduktion, die jetzt im Kapitalismus unter
die Räder der Profitmacherei gerät, in die eigenen Hände, in die selbst
ausgeübte gesellschaftliche, kollektive Regie zu übernehmen und zu leiten und
das Kapital, dieses zerstörerische Wirtschafts- und Gesellschaftsverhältnis,
ganz abzuschaffen!

Empört ließ Lobbyist Hans Olaf Henkel verlauten, dass die
DDR angeblich gezeigt habe, was der Staat als Eigentümer anrichte. Wir, Herr
Henkel, aber erleben gerade, was das Kapital, Monopolkapital, Finanzkapital als
Eigner anrichtet. Blicken wir auf die Folgen nicht nur, wie in diesem Artikel,
auf die BRD und die reichen Länder, sondern auf die ganze Welt! Man kann nur
erschrecken! Das Kapital ist dabei, die Welt, die Gesellschaften, die Menschen,
die Natur zu verwüsten!

Rosa Luxemburg hat gewarnt: „Sozialismus oder Barbarei!“ Sie
hat dafür auf barbarische Weise mit dem Leben bezahlen müssen. Sorgen wir
dafür, dass das Kapital endlich für seine barbarische Herrschaft bezahlen muss.

 

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