Skandalöse Anwesenheit

In der Solidaritätsbewegung mit dem Kampf des palästinensischen Volkes äußerte sich schnell die Wut über die Teilnahme der israelischen Staatsführer an der Demonstration (gegen die Terroranschläge in Paris – d. Übers.). Wir drucken die Stellungnahme von Michel Warschawski ab.

 

Vor zwei Tagen habe ich mich gegen die heilige Allianz bei der Solidarität mit Charlie Hebdo aufgelehnt, welche Rechte und Linke in einer aus Heuchelei und Manipulation gestrickten Einigkeit versammelte. Die Opfer, daran habe ich keinen Zweifel, hätten sich über die Anwesenheit derer, die sie ständig angeprangert haben, in ihren Zeichnungen und Texten ausgekotzt.

Die Anwesenheit der „Großen der Welt“ bei der Zusammenkunft, die heute , den 11. Januar, in Paris vorgesehen ist, ist eine wahre Grabschändung der Opfer des Massakers an der Redaktionsmannschaft von Charlie. Heute hatte ich, als ich die Zeitung las, auch Lust zu speien: der israelische Premier Benjamin Netanjahu hat beschlossen, nach Paris zu kommen und sich der Solidaritätskundgebung anzuschließen. Sein erster Reflex war jedoch, fern zu bleiben. War es deswegen, weil seine Abscheu gegen die redaktionelle Linie von Charlie Hebdo, insbesondere betreffs Israel und seiner Politik, noch viel stärker war als sein Wunsch, gegen „die weltweite islamistische Gefahr“ zu demonstrieren? Oder fürchtete er gar, das Ziel von Manifestationen der Wut wegen seiner Anwesenheit zu sein? Der Vorwand, der von seinen Sprechern geäußert wurde, waren die Schwierigkeiten, in so kurzer Zeit seine Sicherheit zu gewährleisten. Schließlich entschied sich Netanjahu, nach Paris zu kommen. Der Grund ist noch erbärmlicher: Naftali Benett und Avigdor Liberman werden in Paris sein, und der Chef des Likud konnte ihnen in Zeiten der Wahl nicht den Zugang zu den internationalen Medien überlassen, während er in Jerusalem geblieben wäre.

Die ganze Rechte Israels wird also bei der Solidaritätskundgebung mit Charlie Hebdo zugegen sein. Ich kann nur wiederholen, was ich vor zwei Tagen schrieb: dass es dringend notwendig ist, die heilige Allianz um Charlie zurückzuweisen und die Grenzen, so hermetisch wie möglich, zwischen unserem Lager und all denen zu ziehen, die durch ihr rassistisches, kulturelles Gerede den Kern der Werte, die von Charlie verteidigt wurden, beschmutzen und von ihm schmarotzen wollen.

Netanjahu, Bennet und Liebermann raus!

Michel Warschawski (israelischer, antizionistischer Aktivist)

 

Aus La Forge, 1/2015, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOT)