Köln und die „überforderte Polizei“

Sexismus gilt als "normal". Hier ein Plakat der "Jungen Union"

Ein Plakat der „Jungen Union“ zeigt wie tief der Sexismus in unserer Gesellschaft verankert ist. Viele derer, die sich jetzt aufregen, sind Heuchler.

Unglaublich sind die Meldungen aus Köln und teilweise aus anderen Städten. Da konnten Frauen sexuell belästigt und/oder beklaut werden, obwohl am Kölner Hauptbahnhof über 200 Polizisten, 140 der Kölner Polizei und 70 der Bundespolizei, vor Ort waren. Dazu kam noch eine nicht bekannte Anzahl von zivilen Sicherheitskräften der Bahn. Der Kölner Polizeipräsident Albers erklärte, die Polizei habe ausreichend Kräfte gehabt. „Wir waren an dem Abend ordentlich aufgestellt.“ Laut „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte eine Frau aus Overath, die selbst massiv belästigt wurde. „Ich hatte das Gefühl, die Polizei und die Sicherheitsleute der Bahn waren nicht nur überfordert, sondern hatten auch Angst…“.
Man stelle sich vor, vor dem Kölner Hauptbahnhof hätten hundert Autonome eine Spaßparty gemacht. Wäre dann nicht innerhalb kürzester Zeit genügend „mutige“ Polizei aufgefahren worden,um die Jugendlichen einzukesseln und von jedem einzelnen die Personalien aufzunehmen. Da hätte die Polizei sicher keine Angst gehabt. Doch bei Kriminellen zieht sie sich zurück.
Statt einzugreifen, wurde beispielsweise eine jungen Frau, die eine sexuelle Belästigung anzeigen wollte, der „ungeheuer wertvolle“ Tipp gegeben, sie solle ihre Sektflasche behalten und sich damit wehren. Die Polizei blieb untätig und überließ die junge Frau sich selbst. Bei einer anderen Frau lehnte ein Polizist die Aufnahme einer Anzeige ab, da er gerade „überfordert“ war.
Das alles ist nicht neu und hat eine lange Tradition. Es gibt zahllose Berichte von Frauen, wie sie auf Polizeirevieren behandelt werden, wenn sie eine sexuelle Belästigung oder Vergewaltigung anzeigen wollen. Da werden oft die Opfer zu Täterinnen gemacht, indem man ihnen vorhält, warum sie um diese Zeit auf der Straße waren oder wie sie gekleidet waren. Anscheinend gibt es bei der Polizei ein ähnlich reaktionäres Frauenbild wie bei den enthemmten Männern in Köln. „Frauen sind selber schuld, wenn sie um Mitternacht auf der Straße sind.“ (Siehe dazu auch den Blog https://polizeiundsexismus.wordpress.com/.) Passend dazu empfahl Kölns Oberbürgermeisterin Reker den Frauen, sie sollten eine Armlänge Abstand zu Männern halten, die sie sexuell belästigen wollen. Auch hier das reaktionäre Frauenbild: Selber schuld!
Dass Gewalt und sexuelle Belästigung inzwischen etwas Normales sind zeigt sich am Polizeibericht zum Oktoberfest 2015: „372 Körperverletzungen, 88 gefährliche Körperverletzungen, 20 Anzeigen im Bereich Sexualdelikte.“ Nur da gab es keinen Aufschrei in den Medien, weil es eben ein urdeutsches Oktoberfest ist.
Wie die Zustände an vielen größeren Bahnhöfen in Deutschland sind, weiß jeder. Dort werden immer wieder Menschen von Betrunkenen belästigt. Gewalttätige Hooligans attackieren Passanten. Und jeder weiß, dass die Polizei diese teilweise großen Ansammlungen gewähren lässt und nichts unternimmt. Sie gehören mittlerweile zum Alltag.
Es ist ja auch nicht das erste Mal, dass die Kölner Polizei bei schweren Straftaten zuschaut, ohne einzugreifen. Als am 26. Oktober 2014 in Köln die rechtsradikalen Hogesa (Hooligans gegen Salafismus) demonstrierten, jagten diese ausländisch aussehende Menschen durch die Straßen, verprügelten Menschen in Straßenbahnen und Bussen, randalierten durch Köln. Polizeiautos wurden umgeschmissen. Die Täter konnten ungestraft abziehen – wie jetzt an Silvester.
Als 2015 Hogesa wieder in Köln demonstrierte, erklärte Arnold Plickert, Vize der Polizeigewerkschaft GdP: „Am meisten Sorge bereiten uns derzeit etwa 800 bis 1000 Vermummte aus dem linken Spektrum.“ Dementsprechend wurden auch Wasserwerfer gegen die linken Demonstranten eingesetzt und viele verhaftet. 3.500 Polizisten waren im Einsatz, hauptsächlich gegen die Antifaschisten.
Es stellt sich die Frage, wieso man 3.500 Polizisten zum Schutz von Hogesa auffahren konnte, aber an Silvester trotz erhöhter Terrorwarnung nur 210 anwesend waren und keine ausreichende Verstärkung herbei geholt wurde?
Es stellt sich zugleich die Frage, warum in München eine Unmenge schwer bewaffneter Polizisten bei einem spektakulären „Anti-Terror-Einsatz“ aufgefahren wurden, bei dem bis heute keine ernsthaften Beweise für eine Gefährdung vorgelegt wurden?
Wir sind keine Verschwörungstheoretiker. Doch es entsteht der Eindruck, dass hier – ob bewusst oder unbewusst ist dabei unerheblich – der Hass in der Bevölkerung geschürt wird. Das ist auf jeden Fall das reale Ergebnis der Ereignisse, wenn man sie nicht isoliert betrachtet, sondern einen Zusammenhang herstellt. Dann ist nur noch die Frage zu stellen, wem das nützt? Der herrschenden Klasse nützt es, wenn sich die Menschen unten gegenseitig hassen, bekämpfen und sie sich spalten lassen.
Eines aber ist ebenfalls klar:
In Köln fordern wir die rasche Ermittlung und Bestrafung der Täter!
Wir fordern ebenso, dass die Verantwortlichen der Polizei wegen unterlassener Hilfeleistung und schwerer Dienstvergehen vor Gericht gestellt und verurteilt werden! Eine Entlassung in die Pension ist nicht akzeptabel, sondern eine Belohnung für die Untätigkeit!