Frankreich: Kriminalisierung der Solidarität und Unterdrückung der Migranten

Aus „La Forge“, Sept. 2017, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF)

Die Flucht der Menschen aus den durch Krieg, Elend, Gewalt und Korruption heimgesuchten Ländern ist ein massenhaftes Phänomen, das sich nur noch verstärken wird, weil die neoliberale Politik, die für diese Lage weitgehend verantwortlich ist, sie nicht in Grenzen halten kann. Die beschwörenden und manchmal drohenden Worte des Präsidenten und die Treffen zur Abstimmung im europäischem Rahmen bekräftigen nur, dass unsere Regierung, wie die Regierungen der EU, entschlossen sind, den Aufbau der Festung Europa fortzusetzen und zu verstärken, im Versuch, die Flut der Neuankömmlinge zu begrenzen.

Während Innenminister Gérard Collomb bei seinem Besuch in Calais am 23. Juni den Ordnungskräften, die mit „viel Menschlichkeit“ (!) arbeiteten, die Ehre erwies, bemängeln die Vereine der Flüchtlingshilfe und der Menschenrechtsbeauftragte ständig eine „Treibjagd“ auf die Migranten und mahnen die staatlichen Stellen, „nicht darauf zu beharren, was einer Vernichtung der Existenz der Flüchtlinge gleichkommt“. Mit Pfeffergasspray geweckt, geschlagen, ihre wenigen Habseligkeiten von der Polizei von Calais zerstört, sahen sich die Migranten der Verweigerung des Rechts auf Nahrung, auf Wasser und auf sanitäre Einrichtungen beraubt. Es bedurfte einer Gerichtsentscheidung des obersten Verwaltungsgerichts am 28. Juli, das die Stadt und den Staat anwies, eine Aufnahmeeinrichtung mit Duschen, Waschbecken und Toiletten zu errichten. Aber dazu mussten elf Hilfsorganisationen für Flüchtlinge, die nicht mehr unter normalen Bedingungen arbeiten konnten, das Verwaltungsgericht von Lille anrufen. Bis jetzt sind die Duschen immer noch nicht installiert.

Im Süden des Landes, im Tal von Roya, mobilisiert sich die Bevölkerung angesichts der dramatischen Versuche [der Flüchtenden], die Alpen zu passieren. Der Bauer Cédric Herrou, der aktive Solidarität in offenem Widerstand gegen die Politik des französischen Staates übt, wurde vom Gericht in Aix-en-Provence im Berufungsprozess verurteilt, denn „wenn die Hilfe in der pauschalen Ablehnung des Gesetzes besteht, sie einer militanten Sache dient und daher eine dagegen gerichtete, strafbare Handlung darstellt . Das ist ein schwerwiegender Präzedenzfall, der die Solidarität mit dem Schleuserwesen gleichsetzt und damit tatsächlich einer Straftat. Dagegen spricht sich der Staat von der Einhaltung des Asylrechts frei; er wurde verurteilt wegen der Weigerung, das Asylgesuch einer eritreischen Familie entgegenzunehmen oder, einen Rechtsanwalt daran gehindert zu haben, seinen Mandanten zu sehen, was ermöglichte, ihn am Tag nach seiner Anhörung zur Stellung des Asylantrags klammheimlich abzuschieben… Macron kramt ein altes Argument hervor: es gäbe zwei Arten von Migranten, die Guten, die politisches Asyl bekommen würden, und die ungesetzlichen, Wirtschaftsemigranten, die sogar verdächtig sind, den Schleusern zuzuarbeiten… Das ist eine Spaltung ohne seriöse Grundlage, dazu bestimmt, die Verweigerung der Aufnahme in Frankreich zu kaschieren und zu verhindern, dass die Verantwortung des französischen Imperialismus für die Gründe dieser Emigration erkannt wird. Es ist auch eine kriminelle Politik, weil sie einerseits Völker gegeneinander in Opposition bringt, was enthemmten, fremdenfeindlichen Sprüchen Nahrung gibt, andrerseits weil sie die Aufrechterhaltung einer unerträglichen Situation zulässt. Sich auf dieses Axiom stützend, verkündet er beim Minigipfel von Paris am 28. August mit den Staatschefs der 7 europäischen und asiatischen Staaten – Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien auf der einen Seite des Mittelmeeres, Tschad, Niger und Libyen auf der anderen – eine „Roadmap“, die darauf gerichtet ist, zwischen den zwei Kontinenten „die Migrationsflüsse zu kontrollieren“. So würde das Asylrecht zum Zuge kommen… in Afrika. Die Asylanträge würden in den Lagern des UNHCR in Niger und in Tschad geprüft. Für diese Regierung ist es eine klare Sache: die Flüchtlinge sollen daheim bleiben, außer denen, die speziell ausgesucht werden. Es soll alles getan werden, um vor dem Aufbruch abzuschrecken, um die Überfahrt auf dem Mittelmeer und die Überquerung der Grenze mit Italien zu blockieren und um das Leben in Frankreich unerträglich zu machen. Eine solche Politik kann die Opposition nicht ertragen, die sich in zahlreichen Unterstützungshandlungen, in Initiativen, ob politisch organisiert oder individuell, ausdrückt und lautstark ihre Empörung und ihren Willen bekundet, die Arbeit der Aufnahme zu leisten, die der französische Staat absichtlich verweigert. Die Regierung wird fortfahren, ihn mit Gewalt, Einschüchterung und Unterdrückung zu brechen. Das konnte man im Lauf der letzten Monate von Calais bis Ventimiglia wieder feststellen und es hat die Unterstützung und Solidarität, die sich offen ausdrücken, nicht zurückgedrängt. Nur so, indem der Widerstand verbreitert wird, können wir diese schmachvolle Politik zum Zurückweichen bringen.