Egon Krenz lobt in zweifelhafter Weise die DDR

Zum 70. Jahrestag der Gründung der DDR hat Egon Krenz auf einer Veranstaltung des DDR-Kabinetts Bochum eine Rede gehalten, die er mit den Worten überschrieben hat: ‚Die Erfahrungen der DDR für die Zukunft nutzen!‘. Sie ist abgedruckt in einer Rotfuchs-Beilage zur Dezemberausgabe 2019.

In dieser Rede hebt Krenz lobend für die DDR hervor, dass DDR-Bürger wertvolle kulturhistorische Bauten wiedererrichtet haben. Das ist durchaus eine lobenswerte Sache, zumal wenn es sich um Bauten handelt, die die Bourgeoisie auf Grund ihrer historisch unausbleiblichen Neigung zur politischen Reaktion zu vernachlässigen hatte. Es kann aber nicht unerwähnt bleiben, dass im Osten Berlins vor der Humboldt-Universität auch das Reiterstandbild des ‚Alten Fritz‘ von Christian Daniel Rauch auf Anweisung des Politbüros am 30. November 1980 wieder an alter Stelle errichtet wurde, nachdem es 1945 als Denkmal der Verherrlichung des preußisch-deutschen Militarismus abmontiert worden war.

Leider erwähnt Krenz in seiner Rede weder den Namen Marx noch den Namen Engels – recht merkwürdig! Es gibt vom Dietz Verlag eine Broschüre ‚Karl Marx und Friedrich Engels über das reaktionäre Preußentum‘, in der fast alle wichtigen Äußerungen der Klassiker zum Thema Preußen zusammengestellt sind. Es ist hier nur die Quintessenz anzugeben: Beide haben in ihren Schriften den kriminellen Charakter dieser Type nachgewiesen. Die Führung der Bundeswehr weist bis heute diese schädlichen Neigungen auf, bekennt sich wie die SED 1980 zu ihnen.

Hier helfen keine dialektischen Spreizschritte: Die Wiedererrichtung des Reiterstandbildes des ‚Alten Fritz‘ ist ein übler Schandfleck in der Geschichte der DDR und zeigt letztendlich die ideologische Verkommenheit der SED-Spitze an, die in Richtung feudaler Sozialismus ging. Über diesen haben Marx und Engels im Manifest geschrieben, dass er „Schmählieder“ auf die Bourgeoisie sang, um ihr „mehr oder minder unheilschwangere Prophezeiungen … ins Ohr raunen zu dürfen“. (MEW 4,483). Was tat die Propaganda der SED letztendlich anderes gegenüber der BRD? Es fehlte jeder militant-aggressive Ton gegenüber diesem reaktionären, von Faschisten mit aufgebauten Nachfolgestaat, den es zu vernichten galt, um die deutsche Einheit unter sozialistischen Zeichen durchzusetzen.

In diesem Zusammenhang ist auch der spätere, spezifische Kult der SED um Martin Luther von 1983 zu sehen. Honecker war wie besessen, Vorsitzender des Martin-Luther-Komitees zum 500. Geburtstag (10. November) zu werden. Müntzer fristete bei so viel Brimborium nur noch eine Mauerblümchendasein, unterschlagen musste man, dass Luther während des Bauernkrieges zum Massenmord am deutschen Volk aufgerufen hatte, denn die Bauern bildeten damals eben das Volk. Man solle die revolutionären Bauern um Müntzer würgen, hauen, stechen …. Kurz: Luther war der erste Sozialdemokrat in der deutschen Geschichte.

Bismarcks fatal-reaktionäre Rolle in der deutschen Geschichte wurde gegen Ende der DDR immer mehr verwischt, er wurde mehr und mehr positiv gesehen. Während der Pariser Commune wollte Bismarck Paris niederbrennen lassen – das wollte doch im 20. Jahrhundert noch ein Feldherr, der sich eindeutig in der Linie Friedrich-Bismarck sah.

Luther – Friedrich der Große – Bismarck, kein Wunder, dass Krenz in seiner Rede folgende Namen nicht erwähnt: Marx – Engels – Lenin. Und das in einer Rede zum 70. Jahrestag der DDR !!

Heinz Ahlreip