Trump kämpft gegen seinen Abgang, Biden kommt! Kommen damit Frieden und Demokratie?


Bürgerliche Wahlen bieten keine Alternative! Man kann nur zwischen verschiedenen Vertretern des Kapitals wählen. Fotomontage: DIDF-Jugend

Wenn man Presse, Funk, Fernsehen und Internet in den letzten Wochen verfolgte, dann ging es bei den Wahlen in den USA um eine Wahl zwischen dem schmutzigen Trump und dem Saubermann Biden.

Nun, wir weinen dem Rassisten Trump keine Träne nach. Er hat seine Abwahl redlich verdient. Er hat ja sogar bewaffnete Faschisten aufmarschieren lassen, um seine Abwahl zu verhindern (siehe unseren Beitrag: https://www.arbeit-zukunft.de/2020/11/05/praesidentenwahl-trump-laesst-in-arizona-bewaffnete-faschisten-aufmarschieren/#more-7700).

Trump verweigert aktuell jede Unterstützung der Amtsübergabe, verbietet der dafür zuständigen Behörde (General Services Administration – GSA) jede Zusammenarbeit mit Bidens Team. Die Chefin, Emily Murphy, gehorcht Trumps Anordnung, verweigert den Biden-Leuten die für die Übergangsarbeiten nötigen beachtlichen Geldmittel, auf die Biden ein Recht hat, obwohl die GSA offiziell unabhängig ist.Trump tauschte vor wenigen Tagen nach der verlorenen Wahl den Verteidigungsminister Espen und sein Führungsteam aus, als sei nichts geschehen und als seien das x-beliebige Mitarbeiter, weil Espen sich geweigert hatte, Militär gegen Black-Lives-Matter-Demonstranten einzusetzen, wie Trump es wollte. Blitz-Nachfolger Miller, Trump-Vertrauter und so genanter Antiterror-Spezialist, wurde sofort über laufende Militäreinsätze und die Atomwaffen-Codes, Daten höchster Geheimhaltungsstufe, informiert, obwohl er mangels Senatszustimmung nur kommissarisch agieren kann. Wie sich dieser Kampf weiter entwickeln wird, wissen wir nicht. Doch darin zeigt sich die tiefe Krise und Instabilität der imperialistischen Supermacht USA.

Aber wird es mit Biden besser? Werden die USA unter Biden zu einem demokratischen, friedlichen Land? Gibt es nun keinen US-Imperialismus mehr? Ist Biden der Mann des Volkes?

Wir sind da anderer Meinung. Wie alle seine Vorgänger wird auch Biden der Chef einer weltweit brutal agierenden Imperialistisch Supermacht sein, die nach innen auf der Ausbeutung und oft auch offen gewaltsamen Unterdrückung beruht, nach außen durch ihre ökonomische Stärke und riesige Militärmacht herrschen will. Deshalb sind wir gegen alle Illusionen auch bezüglich eines Präsidenten Jo Biden. Vor allem aber zeigt die entstandene Lage, wie tief die herrschende Klasse in einer Krise steckt, wie tief ihre Zerrissenheit bezüglich der brandgefährlichen Zukunft ihres Staates und des weltweiten Imperialistischen Systems ist.

Ein paar nackte Tatsachen

Donald Trump sammelte für seine Wahlkampagne 601 Millionen US-Dollar, von denen noch ca. 36 Millionen übrig sind. Damit kann er seine Prozesse zur Wahlanfechtung finanzieren. Joe Biden dagegen sammelte 952 Millionen US-Dollar, von denen noch ca. 160 Millionen übrig sind (nach Stuttgarter Zeitung vom 7.11.20).

Wer finanziert solche Summen? Das Volk? Nein! Jeder, der in den USA Präsident werden will, muss bei den Reichen und Superreichen Geld einsammeln. Biden ist also offensichtlich kein Mann des Volkes, sondern ein Vertreter des Großkapitals. Und die Kapitalisten, die ihm den Wahlkampf finanziert haben, erwarten dafür von ihm, dass er ihnen bessere Geschäfte ermöglicht.

Natürlich stammen auch die Millionen für Trump nicht vom Volk, sondern vom Kapital, aber offensichtlich von einer anderen Fraktion, die sich von Trump mehr erhofft. Allerdings gilt Trump selbst als Milliardär. Laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes hat der US-Präsident ein Vermögen von 2,5 Milliarden Dollar und kann beachtliche Ausgaben seiner Kampagne damit selbst bestreiten, ist also selbst ein Bestandteil des von ihm demagogisch oft geschmähten Establishments, während Biden „nur“ auf ein Privatvermögen von ca. 8 Millionen Dollar kommen soll. Betrachtet man den Unterschied bei der Höhe der Wahlkampfspenden, wo Biden über 50% mehr zur Verfügung hatte, so sieht man, dass Trump offensichtlich reiche Gönner verloren hat. Auch hier zeigt sich die Spaltung in der herrschenden Klasse.

Das Ganze wirft auch ein Schlaglicht auf die bürgerliche Demokratie. Jeder hat das Recht, sich um das Amt des Präsidenten zu bewerben. Doch nur wenige können es sich leisten. Über die Finanzen findet praktisch eine Selektion statt. Nur Kandidaten des Kapitals haben überhaupt eine Chance. Wenn auch in anderen Formen ist das auch in Deutschland über die Parteispenden so.

USA – Supermacht in der Krise

Wenn wir den krisenhaft verlaufenden Wechsel von Trump zu Biden betrachten, so müssen wir die Lage der Supermacht USA berücksichtigen. Offensichtlich befinden sich die USA in einem allmählichen Niedergang. Bei der Industrieproduktion liegen die USA schon seit ein paar Jahren nur noch auf Platz 2 – hinter China, das den ersten Platz erobert hat. Stark sind die USA noch bei Bank- und Finanzgeschäften sowie militärisch. Doch die Rolle als Weltpolizei ist teuer. Die enormen Militärausgaben führen zum Ruin der US-Wirtschaft. Das trägt die Bevölkerung: Keine Krankenversicherung, keine Arbeitslosenversicherung, keine soziale Absicherung. In seiner Gier nach Höchstprofit hat das US-Kapital das eigene Land teilweise deindustrialisiert. Massenhaft wurde Produktion in Billiglohnländer verlagert. Das wiederum hat zu einer enormen Vergrößerung der Arbeitslosigkeit geführt. Zugleich wurde damit die US-Wirtschaft anfällig für Störungen beim Welthandel. Das wurde in der Corona-Krise nicht nur in den USA deutlich. Eine globalisierte Wirtschaft kann sehr leicht zusammenbrechen.

Für das US-Kapital ist das eine schwierige Situation, aus der es keinen Ausweg ohne Schaden gibt. Daher setzt ein Teil des US-Kapitals auf Trump. Mit Protektionismus und offener Aggression sollte er die Position der USA als Weltmacht Nr.1 verteidigen. Doch das Gegenteil war der Fall. In einigen Sektoren der Wirtschaft war seine Politik erfolgreich und führte zu etwas mehr Beschäftigung und vor allem Profiten. Diese Teile der Wirtschaft stehen auch weiter hinter ihm. In anderen Bereichen, die vom Im- und Export oder von internationalen Zulieferern und Absatzmärkten abhängig sind, hat Trumps Politik die USA geschwächt. Daher hat sich ein Teil seiner bisherigen Unterstützer von ihm abgewandt.

Nun soll Biden das schaffen, was Trump nicht geschafft hat. Doch Biden vertritt eine offen neoliberale Politik, die die USA gerade geschwächt und teilweise deindustrialisiert hat. Mit diesen alten Rezepten soll nun eine Offensive gestartet werden. Auch das wird die weitere Schwächung der Weltmacht Nr.1 gegenüber den Konkurrenten nicht verhindern.

Und Biden hat ja eine Geschichte. Er ist schon rund 50 Jahre politisch aktiv und hat bereits gezeigt, wofür er steht. Beim Zerfall Jugoslawiens war er schon dabei und hat den Krieg geschürt. Ob Ukraine, Libyen, Syrien – Biden hat mitgemischt. Er kämpft für die Interessen des US-Imperialismus. Er schreckt nicht vor Militäreinsätzen und Krieg zurück.

Zu Recht haben die Genossen der Amerikanischen Partei der Arbeit geschrieben: „wir als Arbeiter (wissen), dass der Kampf um Gesundheitsversorgung, Polizeireform, Rassen- und Geschlechtergleichstellung und faire Bezahlung jeden Tag fortgesetzt wird, ebenso für freie Bildung, qualitativ hochwertiges Wohnen, sinnvolle Gleichstellung für die LGBTQ + -Gemeinschaft und volle Rechte für Einwanderergemeinschaften.

Und Wahlen bestimmen nicht unsere Macht in diesem Kampf.“

Europa: „Mehr Verantwortung“?

Auch wenn viele bürgerliche Politiker aus Deutschland und der EU wie Merkel, Maas, Macron, Johnson dem „President elect“ Biden herzlich gratulieren und Hoffnungen in ihn setzen, betonen sie gleichzeitig, dass eine Reihe von Problemen zwischen den USA und Europa bestehen bleiben wie z.B. der große Außenhandelsüberschuss der EU, besonders Deutschlands. Das ist eine zarte Umschreibung für den fortbestehenden Konkurrenzkampf, auch unter Biden. Sie wissen, dass die Widersprüche und Konflikte nicht verschwinden, sondern höchstens in etwas netteren Formen ausgetragen werden.

Daher betonte Kanzlerin Merkel in ihrer Grußbotschaft an Biden, dass Europa „mehr Verantwortung“ übernehmen müsse. Auch Heiko Maas, SPD-Außenminister forderte „mehr Verantwortung“. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer legte nach und erklärte, was „mehr Verantwortung“ bedeutet: Mehr Rüstung, mehr Militäreinsätze weltweit und rasche Erfüllung des 2% Zieles, d.h. die Erhöhung der Militärausgaben auf 2% des BIP, fast eine Verdoppelung der Ausgaben für Rüstung und Krieg.

Mehr Verantwortung“ heißt also mehr militärische Stärke, um eigenständig als imperialistische Macht im Konkurrenzkampf der Großmächte mitmischen zu können.

In dieses Horn stößt auch die Linkspartei. Auf Twitter verkündete Dietmar Bartsch von der Linken: Dieser knappe Wahlsieg trotz des gigantischen Wirtschaftseinbruchs, trotz Corona zeigt auch, dass es einen Auftrag an Deutschland, an die Europäische Union gibt, eigenständige Politik, langfristige Politik zu entwickeln.“ Er fordert also die Stärkung des europäischen Imperialismus unter Führung der Großmacht Deutschland. Verschämt wird diese Forderung nach Stärke als „eigenständige Politik“ beschönigt.

Eine Verdoppelung des Militärhaushaltes bedeutet auch in Kombination mit Riesenschulden, die jetzt zur Bewältigung der aktuellen Wirtschaftskrise aufgenommen werden, nur eines: Kürzungen im Sozialbereich. Anders lassen sich solche Summen nicht stemmen. Sie wollen also denselben Weg gehen, den die USA seit Jahrzehnten gehen: Wahnsinnige Summen für das Militär, Ruinierung der eigenen Ökonomie und Verarmung der Arbeiter, Angestellten und arbeitenden Klassen.

Dieser Weg bedeutet nicht nur eine soziale Katastrophe. Er bedeutet auch eine stärkere Verwicklung in die Machtkämpfe der Großmächte USA, China und Russland, die jetzt schon brandgefährlich sind. Es bedeutet eine Steigerung der Kriegsgefahr und auch der Einbeziehung unseres Landes in einen möglichen großen Schlagabtausch der imperialistischen Mächte.

Da passt die Warnung von Bertolt Brecht:

Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“

(Offener Brief an die deutschen Künstler und Schriftsteller, 1951)