Krefeld: Interview mit Aktivist*innen von Seebrücke nach Brandanschlag

1. Ihr seid bei der Seebrücke in Krefeld ziemlich aktiv. Es gab einen Brandanschlag auf eure Autos, womöglich aus rechtsradikalen Kreisen. Was ist passiert?

In der Nacht zum 29.9 schellte die Polizei bei uns, weil unsere beiden Autos brannten. Für die Feuerwehr war schnell klar, dass es sich um Brandstiftung handelte, und aufgrund der Seebrückenaufkleber wurde eine Straftat mit politischem Hintergrund vermutet. Der Staatsschutz ermittelt. Aber wir vermuten, dass die Täter_innen nicht gefasst werden.

2. Warum gerade eure Autos?

Wir vermuten, dass wir durch einige öffentliche Auftritte und Reden für die Seebrücke ins Visier von Rechten geraten sind. Auf einer Gegendemonstration am Krefelder Theaterplatz von den selbsternannten Querdenkern_innen haben wir uns in eigenen Redebeiträgen deutlich gegen Rechts und gegen Faschismus positioniert. Bei dieser Veranstaltung waren auch Rechtsradikale anwesend, die alles filmten und im Netz verbreiteten.

3. So ein Brandanschlag hat sicherlich Auswirkungen auf euer Leben, wie fühlt ihr euch?

Natürlich war es erstmal ein Schreck und irgendwie auch kaum zu glauben, dass sich so viel Hass und Gewalt gegen uns richtet. Aber dass die Rechten und Faschisten und Faschistinnen zur Zeit immer dreister und gewaltbereiter werden, ist ja keine wirkliche Überraschung, sondern gesellschaftlich überall zu beobachten. Die AFD war und ist hier als Wegbereiterin zu sehen und die sogenannte „Querdenkerbewegung“ tut aktuell ihren Teil dazu. Aber wir haben viel Solidarität erfahren. Uns wurden Autos geliehen, so dass wir schon am nächsten Tag ganz normal arbeiten konnten.

4. Wie sieht es mit Solidarität aus?

Die starke Solidarität, die wir von den unterschiedlichen Menschen, Organisationen und Gruppierungen erfahren haben, hat sich wie ein Schutzschild zwischen uns und diesem feigen Anschlag geschoben. Ermunternde Worte waren da genauso wichtig wie finanzielle Unterstützungsangebote. Dass bei der spontanen Kundgebung ein Tag nach dem Brandanschlag über 80 Menschen gekommen sind, hat deutlich gezeigt, dass die Aktivist*innen in Krefeld, die sich für Menschenrechte und Solidarität starkmachen, zusammenstehen und sich nicht einschüchtern lassen. Den Brandanschlag sehen wir nicht als persönlichen Angriff, sondern als Angriff auf unsere ganze Seebrücken-Gruppe und als Angriff auf unsere Idee von einer solidarischen und gerechten Welt. Aber hier sind wir nicht alleine, sondern wir sind viele!

5. Wie geht es weiter? Werdet ihr weiterhin aktiv bleiben?

Wir haben uns keine Sekunde gefragt, ob wir weitermachen. Ja natürlich! Wir kämpfen seit den 80iger Jahren, also seit 40 Jahren gegen Rassismus, Sexismus und Faschismus. Es gab schon andere Nazis, die versucht haben, uns einzuschüchtern. Die Überzeugung „Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus!“ ist bei uns tief verwurzelt und gibt uns Kraft. Unser Kampf mit der Seebrücke für sichere Fluchtwege, gegen die Kriminalisierung der Retterinnen und Retter und gegen die tödliche Abschottungspolitik der EU geht weiter. Schon am Morgen nach dem Brand bekamen wir einen Post von einem Freund und Mitaktivisten: „Autos mögen brennen, Freiheit, Menschenrechte, Seebrücke niemals!“ Genau diese Einstellung gibt uns die Kraft weiterzumachen.

Wir wünschen Euch Erfolg in eurem Kampf und weiterhin Mut sowie Kraft!

Das Interview wurde geführt mit Martina K. und Georg M. Das Interview führte M.S.