Das KPD-Verbot gehört weg!


Leipzig 1952: Demonstration gegen das KPD-Verbot

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Vor 65 Jahren verbot das Bundesverfassungsgericht (BVG) auf Antrag der Adenauer-Regierung die Kommunistische Partei Deutschlands, die Partei Rosa Luxemburgs, Karl Liebknechts, Ernst Thälmanns.

Der 17. August 1956 – ein Tag der antikommunistischen Schande des reaktionären deutschen Kapitals, der deutschen Reaktion und des (west)deutschen Imperialismus. Das KPD-Verbot ist bisher das einzige gegen eine Kommunistische Partei innerhalb einer westeuropäischen Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg, wenngleich auch in anderen Ländern Maßnahmen gegen Kommunisten ergriffen wurden. Es zeigt erneut die reaktionäre Sonderstellung des imperialistischen deutschen Staates.

Während der Verkündung des Urteils schlossen bereits Polizei-Truppen überall Parteibüros, beschlagnahmten Druckereien und verhafteten sofort 33 Genoss/innen.

Die Zwangsauflösung, der verfassungswidrige Entzug vieler politischer Mandate, das Verbot der Gründung von Ersatzorganisationen und zig Gerichtsverfahren gegen tausende Mitglieder – es waren sorgfältig vorbereitete Schläge des westdeutschen Staates gegen eine geschwächte Partei.

Die Hitler-Faschisten hatten die KPD ebenfalls verboten. Sie hatten viele ihrer besten Vertreterinnen und Vertreter verhaftet, gefoltert und ermordet. Ihnen fielen Ernst Thälmann, John Schehr, Fiete Schulze, Etkar Andre, Liselotte Herrman und zahllose andere Kommunistinnen und Kommunisten zum Opfer. Trotzdem waren die Kommunisten die wichtigste Kraft im Widerstand gegen den Hitler-Faschismus. Sofort nach dessen Niederschlagung durch die Rote Armee und die Westmächte gründete sich die KPD in ganz Deutschland neu. Hitler hatte es nicht geschafft, sie zu zerstören.

Während sich in der sowjetischen Besatzungszone die KPD und Teile der SPD zur Sozialistischen Einheitspartei SED zusammenschlossen, musste in den westlichen Besatzungszonen die KPD ihren eigenen Weg gehen. Die rechte SPD-Führung um Kurt Schuhmacher lehnte die SED und eine Zusammenarbeit strikt ab und verfolgte einen antikommunistischen Kurs, obwohl zahlreiche Sozialdemokraten auch im Westen für die Einheit der Arbeiterparteien waren. Adenauer wie auch die Vertreter der West-Alliierten unterstützten Schuhmachers Kurs in dieser Frage. So kam es in der jungen BRD weder zu einer engen Zusammenarbeit noch zu einem Zusammenschluss.

Ab 1949, sofort mit der Gründung der Bundesrepublik in den Westzonen und unter Kontrolle der Westmächte, begann die Bundesregierung Adenauer (CDU) ihren entschlossenen antikommunistischen Kurs, der sich scharf gegen die KPD richtete:

Im September 1950 beschloss die Bundesregierung den so genannten Adenauer-Erlass, der von allen öffentlich Bediensteten Verfassungstreue verlangte und damit Mitgliedschaften in verfassungsfeindlichen Organisationen verbot. Viele Kommunisten, also Mitglieder der noch legalen KPD, wurden als Verfassungsfeinde aus dem öffentlichen Dienst entlassen – Vorbild für den Radikalenerlass von 1972 unter SPD-Bundeskanzler Willy Brandt, der ebenfalls zu vielen Berufsverboten führte. Adenauer verbot am 26. Juni 1951 die FDJ. (Vgl dazu: https://www.arbeit-zukunft.de/2021/06/26/vor-70-jahren-adenauer-regierung-verbietet-die-fdj-in-der-brd/#more-8621) Hierfür wie für den gesamten Repressionskurs gegen die KPD wurden als Gründe insbesondere die engen Verbindungen zur SED angeführt sowie ihr entschlossener Kampf gegen Westintegration und Wiederbewaffung der BRD.

Dann wurde das 1. Strafrechtsänderungsgesetz durchs Parlament gejagt, das neue Strafen einführte, unter anderem für Hochverrat, Landesverrat und Geheimbündelei, was sich offensichtlich gegen die KPD richtete und später etliche KPD-Mitglieder traf.

Was Adenauer beabsichtige, war eindeitig!

Am 23. November 1951 dann ließ Adenauer den Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der KPD beim Bundesverfassungsgericht (BVG) einreichen. Zuvor waren einige Abgeordnete der KPD (Heinz Renner, Oskar Müller, Walter Vesper und Friedrich Rische) wegen angeblichen „unparlamentarischen Verhaltens“ für 20 Sitzungstage aus dem Bundestag verwiesen worden. Schon begannen Durchsuchungen von Parteibüros, um Beweise für das anstehende Verfahren zu sammeln. Klarer und eindeutiger konnten die führenden Kreise der BRD nicht machen, was sie vorhatten. Trotzdem dauerte es noch fast 5 Jahre bis zum Verbotsurteil, da es selbst im BVG Widerstand gegen das Verbot gab, vor allem beim damaligen BVG-Präsidenten Höpker-Aschoff, der praktischerweise 1954, mitten im Verfahren verstarb, so dass mit Nachfolger Wintrich ein scharfer Antikommunist die Verfahrensführung übernehmen konnte.

Der Historiker Josef Foschepoth zeigte*, wie die Bundesregierung im Grundgesetz verankerte demokratischen Rechte systematisch brach, um das von Adenauer festgesetzte Ziel des Verbots der KPD durchzudrücken, das BVG erwies sich nicht als unabhängige Instanz, wie ja immer – ideologische Grundsatzposition der BRD! – behauptet wird. Es habe beim KPD-Verbotverfahren massiven Druck auf die Richter gegeben.

Offener Angriff auf den Marxismus Leninismus!

Das Urteil greift in aller Offenheit den Marxismus Leninismus an. Aus der Begründung: „… zusammengefaßt würde …die aus der Lehre des Marxismus-Leninismus zu erschließende gesellschaftliche Entwicklung sein: Errichtung einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung auf dem Wege über die proletarische Revolution und die Diktatur des Proletariats.“ Das sei mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar.

Dass keine Gesellschaftsordnung ewig ist und dass Gesellschaften immer wieder revolutionär umgestaltet werden – diese wissenschaftliche Erkenntnis zur Grundlage einer politischen Partei zu machen, wird von einem reaktionären Gericht unter Verbot gestellt! Zudem wird die internationale Zusammenarbeit mit der SED, der KPdSU zu einer hochverräterischen Tätigkeit erklärt, was nach dem Verbotsurteil etlichen Kommunisten Strafverfahren, in einigen Fällen sogar Freiheitsstrafen einbrachte. Laut Foschepoth gab es zwischen 1951 und 1968 in der Bundesrepublik siebenmal mehr Verurteilungen gegenüber Kommunisten wegen ihrer Weltanschauung (nämlich 6758) als gegenüber Tätern des Hitler-Faschismus (999). Das ist eindeutig!

Revisionismus schwächt die Partei entscheidend.

Es ist befremdlich, dass die Organisation der KPD trotz der Angriffe auf die Partei sofort seit Beginn der BRD offensichtlich auf das Verbot schlecht vorbereitet war. Sie verlor von Wahl zu Wahl Unterstützung, der Widerstand in der Arbeiterklasse war viel zu gering. Zwar konnte sich die Parteiführung in die DDR retten, zahllose Genoss/innen aber gerieten in die Mühlen der bundesdeutschen Justiz. Sogar Nichtparteimitglieder, die irgendwann einmal mit Genoss/innen der KPD zusammengearbeitet hatten, wurden vor Gericht gezerrt.

Die Parteizeitungen verschwanden, sowohl das finanzielle als auch das Immobilienvermögen der Partei wurde vom Staat einkassiert. Lediglich die Parteizeitung „Dat Blinkfüer“, die ohne Nennung der KPD vom späteren Gründer der KPD/ML, Genossen Ernst Aust geführt wurde, bestand noch fast ein Jahrzehnt weiter.

Die Ausbreitung des offenen Opportunismus und des modernen Revisionismus führte zur entscheidenden Schwächung der Partei und letztendlich in die ganz reale, katastrophale Niederlage, deren Wirkung bis heute anhält. Es ist sehr bezeichnend, dass die KPD-Führung 1956, kurz vor dem Verbotsurteil, nach der Machtergreifung des Chruschtschow-Revisionismus in KPdSU und Sowjetunion vergeblich versuchte, die mündliche Verhandlung nochmals aufzunehmen, weil sie hoffte, dass der Nachweis einer geänderten Parteipolitik durch die Übernahme revisionistischer Positionen das Verbot noch abwenden könnte. Darüber lachten die Herrschenden dann nur noch.

Die große Koalition CDU/SPD unter Bundeskanzler und Nazimittäter Kiesinger ließ 1969 auf Initiative der SPD-Minister und unter Mitwirkung des CDU-Innenministers Lücke die Neugründung der DKP als nicht direkte Nachfolgepartei der KPD zu, die auf die wesentlichen marxistisch-leninistischen Positionen verzichten musste, was den Verantwortlichen der DKP im Zeichen des Chruschtschow-Revisionismus nicht schwer fiel.

Das Verbotsurteil gegen die KPD wird heute nicht mehr offen angewandt. Die DKP und die anderen kommunistischen Parteien und Organisationen werden derzeit geduldet. Immer wieder gibt es aber Versuche, es doch anzuwenden. Vor allem aber kann die Kommunisten-Verfolgung im Namen dieses Schandurteils jederzeit wieder aufgenommen werden. Die Forderung, die eigentlich alle Betroffenen einigen müsste, bleibt aktuell:

Das KPD-Verbot muss beseitigt werden. Weg damit!

Anmerkung:

*Vgl.: Josef Foschepoth: Verfassungswidrig! Das KPD-Verbot im Kalten Bürgerkrieg. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017, ISBN 978-3-525-30181-4.