Russische Föderation: Koloss auf tönernen Füßen!

Der bewaffnete 36-Stunden-Aufstand der brutalen Wagner-Privatarmee des Faschisten und Putin-Zöglings Evgemij Prigozhin hat schonungslos offen gelegt, wie morsch der russische Staat, die Herrschaft des Kapitals ist.

Putschversuch abgebrochen

Nach der überraschenden und erstaunlich widerstandslos abgegangenen Einnahme des Oberkommandos der russischen Armee für den Ukrainekrieg (!!) in Rostow am Don gelang es dem Hazardeur Prigozhin gleichwohl nicht, in einem schnellen Schlag Moskau und damit die Staatsführung soweit zu überrumpeln, dass sie keinen entscheidenden Widerstand mehr hinkriegte. Offensichtlich hat er das versucht. Aber in der Mitte zwischen Rostow und Moskau, in der Region um Woronesch kam es zu ersten militärischen Attacken der Armee auf die Wagner-Leute (angeblich 25.000 Kämpfer). Sie blieben wohl nahe Lipetzk, keine 300 km vor Moskau, stecken. Putin hatte schon früh Morgens öffentlich Prigozhin zum Hochverräter ausgerufen, zum Widerstand aufgerufen und eine „unabwendbare“ Bestrafung angedroht hatte. Der gleichfalls berüchtigte Kriegsherr Ramzan Kadyrow, offiziell Oberhaupt der Teilrepublik Tschetschenien und ebenfalls Boss einer Söldnertruppe („Kadyrowzy“), stellte sich an Putins Seite, viele Offizielle gleichfalls.

Man darf nicht übersehen, dass zur gleichen Zeit die Gegenoffensive der Ukraine gegen die besetzten Gebiete nahe Lugansk, Donezk, Bachmut und Saporizhzhja weitergeht.

Prompt vermeldete die ukrainische Kriegspropaganda, wie immer lautstark vom britschen Geheimdienst unterstützt, ausgerechnet jetzt größere Geländegewinne beim mittlerweile hochsymbolischen Bachmut. Da kann weder Präsident Putin noch der Erpresser Prigozhin einen Bürgerkrieg gebrauchen, der die Westfront unvermeidlich schwächen würde. Damit würde Prigozhin vollends zum Verräter. So wurde unter angeblicher Vermittlung Alexander Lukaschenkas (Präsident Weißrussland/Belarus) ein eiliger Deal ausgehandelt, damit die Wagner-Gang Ruhe gibt. Prigozhin erteilte sogleich entsprechende Befehle. Die Kernpunkte des Deals:

* Rückzug der Wagnerianer in die „Feldlager“,

* Straffreiheit für die Söldner wie für den Hazardeur selbst (laut Kreml „wegen deren großen Verdiensten“).

* Prigozhin aber muss das Land verlassen und darf nach Minsk ausreisen.

* Unterstellung der Wagnertruppe unter das Kriegsministerium der Russischen Föderation.

Damit dürfte der Wagner-Boss (junge Welt vergleicht ihn mit Wallenstein im 30jährigen Krieg) zumindest eine schwere Schlappe im Machtkampf erlitten haben, wenn er ihn nicht sogar ganz verloren hat. Ob sein Exil bei Lukaschenka eine sichere Bank für ihn ist, darf wohl bezweifelt werden. Längst feixen die westlichen Medien, dass Präsident Putin keine Gnade mit dem Verräter haben werde…

Koloss auf tönernen Füßen!

Das alles zeigt im grellen Licht, dass die russische Staatsmacht durch kaum überbrückbare Risse und Widersprüche geschwächt ist. Das zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass es mehrere Privatarmeen, Söldnertruppen und ähnliche Verbände gibt, die wohl z.T. offen von Kapitalisten oder Kapitalgruppen bezahlt werden. Sie sind ein Zeichen, dass die Zentralmacht kaum noch in der Lage ist, das Militär vollständig zu kontrollieren. Sofort schossen Spekulationen ins Kraut, dass Teile dieser Staatsarmee mit „Wagner“ unter einer Decke stecken könnten.

Das ist eine hochgefährlich Situation, denn die Russische Föderation ist eine faktisch gleichstarke Atommacht wie die USA. Schon während des Putschtages wurde in westlichen Medien immer wieder gebarmt, was denn wäre, wenn die Wagnerianer russische Atomwaffen in die Hand bekämen.

Basis des Krieges und des Putsches: Das russische Großkapital

Basis all dieser Risse und Widersprüche sind die einander bekämpfenden Fraktionen des russischen Großkapitals, so genannte Oligarchengruppierungen. Nirgends ist auch nur eine Andeutung eines irgendwie fortschrittlichen Charakters dieses inneren Krieges und des äußeren gegen die Ukraine zu erkennen.

Für alle, die meinen, weiter auf die sichtlich korrupte und völlig von ihren Widersprüchen zerfressene russische Regierung setzen zu sollen: Die Solidarität darf nicht dem Putin-Regime gelten, sondern den Völkern Russlands wie auch der Ukraine, den arbeitenden Menschen Arbeiter/innen Angestellten, der großen Masse der Bauern. Deren Errungenschaften, so zerfetzt sie heute bereits sein mögen, zu schleifen, das ist das Ziel der Ost- und Westkapitalisten: Her mit den Böden, freier Handel mit Böden und Immobilien, ungebremster Kapitalverkehr, umfassende „Privatisierung“ (Medizin, Alter, Bildung etc.), „Deregulierung“ aller sozialen Sicherungen, selbst wenn es nur noch Reste sein sollten!

Das gilt genauso für die Ukraine, wo der Prozess schon weiter ist. Selbstverständlich gilt das auch für Belarus.

Gewinner des Putschversuchs: Der Westen, die NATO, die Ukraine!

Der Gewinn für die westliche Kriegsführung, das ukrainische Regime und die Schwächung der russischen Macht ist unübersehbar. Wenn so ein Putschversuch – dazu zunächst ohne Widerstand der Armee – einfach möglich ist, wenn der Präsident Jahre auf einen Typ setzt, der ihn kurzerhand verrät und verraten, ja sogar militärisch unter Druck setzen kann, dann ist der Präsident angezählt! Die anscheinend so starke russische Staatsmacht ist ein Koloss auf erschreckend tönernen Füßen. Wir denken, dass Enver Hoxha gern unrecht behalten hätte, als er schon im letzten Jahrhundert auf diese Entwicklungstendenz der damals noch sowjetischen Macht hinwies.

NATO, EU, US-Imperialismus: Jetzt erst recht!

Im Westen denken die imperialistischen Mächte gar nicht an so etwas, wie jetzt vielleicht einzuhalten. Im Gegenteil: Selenski rief natürlich „die Russen“ zum Aufstand gegen Putin auf.

Der so genannte Ex-Oligarch Chodorkowski, Milliardär durch Diebstahl am sowjetischen Volkseigentum, rief zur breiten Unterstützung der Wagner-Truppe auf. Selbstverständlich muss und darf die Frage gestellt werden, wie der Westen in die Prigozhin-Affäre verwickelt sein könnte. Treuherzig berichteten Westmedien, dass die CIA angeblich schon vorher „Anzeichen“ für die Wagner-Aktion gehabt hätte. Echt jetzt??? Wirklich?? Kaum zu glauben!

Schon die mit russischen und tschetschenischen Exilanten durchsetzten Faschotruppen, die jüngst Belgorod angriffen, waren von Geheimdiensten geführt? Agenten bei Wagner? Schwieriges, aber normales Geheimdienst-Geschäft!

Für ihren Krieg, in den sie die Ukraine schicken, wittern die West-Imperialisten Morgenluft und hoffen sogar auf Licht am Ende des finstren Waldes. Samstag, 24.06.2023, hielten Scholz, Macron, Sunak und Biden eine Telefonkonferenz, in der sie die Lage in Russland diskutierten. Sie kamen zu dem Fazit: Jetzt erst recht! Oder, wie es medientauglich heißt: Sie bekräftigten gemeinsam, „die Ukraine so lange weiter zu unterstützen wie nötig“.

Ob ihre Rechnung aufgehen wird, wissen wir nicht. In jedem Fall bedeutet sie eine Fortsetzung des Krieges auf Kosten der Menschen in der Ukraine und Russland. Sie bedeutet Zerstörung, Tod und Elend für die Herrschaftsinteressen des Kapitals.

Zudem sollte der jetzt triumphierende westliche Imperialismus seiner Sache nicht so sicher sein. Denn auch er ist morsch und ein Koloss auf tönernen Füßen. Erinnert sei an den Machtkampf zwischen Biden und Trump, wo die USA, die „Führungsmacht“ des Westens, kurz vor einem Bürgerkrieg stand. Oder erinnern wir an den Abgang Boris Johnsons in Großbritannien, wo sich zeigte, wie zerrissen die dortige herrschende Klasse ist. Wie zerrissen und von Widersprüchen gezeichnet die deutsche Bourgeoisie ist, sehen wir täglich bei den Kapriolen der „Fortschrittskoalition“ von SPD, Grünen und FDP wie auch bei der immer öfter rechtslastigen „Opposition“ der CDU/CSU. Nimmt man den Aufstieg der AfD hinzu, so kann von Stabilität keine Rede sein. Der „Triumph“ ist wohl eher ein Phyrrussieg, also ein Sieg, in dem der Keim der eigenen Niederlage liegt. Ein weiterer Aspekt ist, dass der westliche Imperialismus auch kein einheitlicher Block ist, sondern eine notdürftig zusammengehaltene Bande von Konkurrenten. Spätestens bei der Verteilung einer möglichen Beute, wird man sich in den Haaren liegen.

Hinzu kommt, dass nicht nur Russland private Kampfgruppen hat. In den USA gibt es unter anderem Academi, früher die berüchtigte Blackwater Worldwide, CACI, Constellis, DynCorp. In Deutschland gibt eine Söldnertruppe Asgaard, die mit einem rechtsextremen Netzwerk verbunden ist. Einsatzgebiete von Asgaard waren u.a. Somalia und der Irak. Das private „Sicherheitsgewerbe“ – eher Unsicherheitsgewerbe – hat mittlerweile ökonomisch und militärisch weltweit ein großen Gewicht. Viele Militäroperationen sind ohne diese Firmen gar nicht mehr machbar. Was also in Russland passiert ist, kann auch im Westen bei einer weiteren Zuspitzung der Widersprüche passieren. Diese privaten Kampfgruppen des Kapitals sind auch Ausdruck davon, dass sich das Kapital auf härteste gesellschaftliche Auseinandersetzungen vorbereitet und dabei offensichtlich auch zum Einsatz brutaler Gewalt bereit ist.

Wie weiter?

Die aktuellen Ereignisse zeigen in grellem Licht, wie verkommen die herrschenden Klassen sind. Weder in Russland, China – noch in den USA, EU, Deutschland bringen sie noch Fortschritt. In allen Bereichen, die für das Volk wichtig sind wie Wohnungsbau, Soziales, Gesundheit, Bildung, Pflege wird die Lage für die große Mehrheit immer schlechter.

Um den Verfall dieses Systems aufzuhalten, hat sich der Kampf um die Neuaufteilung der Welt verschärft. Jeder will möglichst viel vom Kuchen zu Lasten der Konkurrenten und um zu überleben. Bezahlen müssen dass die Arbeiterklasse und die Völker mit einer weiteren Verschlechterung ihrer Lebenslage, mit Krieg, Tod und Zerstörung.

Die Lösung besteht nicht darin, sich auf die Seite eines Räubers zu schlagen, ob er groß oder klein ist, siegt oder verliert. Die Lösung liegt einzig und allein in den Händen der Arbeiterklasse und der Völker! Sie müssen sich gegen die immer größeren Lasten auf ihrem Buckel, gegen das Morden wehren. Sie müssen den Ausbeutern und Kriegstreibern das Handwerk legen.

Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ sagte Karl Liebknecht und er hat damit bis heute recht.

Für Russland bedeutet das, dass die russischen Arbeiter/innen und die Völker gegen ihren Feind, gegen die herrschende Klasse kämpfen und diesen die Macht entreißen müssen.

Und für Deutschland gilt es genauso: Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Wir treten dafür ein, dass sich die Völker in der Ukraine, in Russland und weltweit die Hände reichen, solidarisch miteinander sind und ihre Herren entmachten!

Solange das noch nicht möglich ist, treten wir in Deutschland gegen Aufrüstung und Kriegsbeteiligung ein und fordern:

Keine Waffenlieferungen!

Keine deutsche Kriegsbeteiligung!

Waffenstillstand sofort!