Vor wenigen Wochen wurde wieder ein junger schwarzer Mann von deutschen Polizisten erschossen. Der 21-jährige Lorenz wurde vor einer Disko in Oldenburg mit 4 Schüssen aus der Waffe eines Polizisten getötet. Die Versuche der Polizei diesen Tod mit einem vermeintlichen Messer in Lorenz’ Hand zu rechtfertigen scheiterten, denn Kameraaufnahmen und Zeugen bestätigten, dass er kein Messer in der Hand hielt und zudem vor der Polizei weglief als die Schüsse fielen. Auch wäre diese Behauptung wahr gewesen, wäre dies keine Legitimierung dafür, einem Menschen das Leben zu nehmen. Der Fall ist dabei kein Einzelfall, immer wieder hören wir in den Nachrichten von ähnlichen Abläufen. Ob Oury Jalloh oder Qosay Khalaf die unter bis heute ungeklärten Umständen und ohne Konsequenzen für Verantwortliche in Polizeigewahrsam starben. Oder das Schicksal von Lorenz, welches uns an Fälle wie von dem 16-jährigen Mouhamed Dramé, der im Jahr 2022 mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole von der Polizei erschossen wurde, die gerufen worden war, um ihm in einem psychischen Ausnahmezustand zu helfen. Im Fall Dramé wurden alle fünf verantwortlichen Polizisten freigesprochen und einer von ihnen sogar befördert. Und damit sind nur ein paar bekannte Fälle direkter Polizeigewalt genannt, wenn wir uns an rechte Terroranschläge wie vor fünf Jahren in Hanau oder die Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) erinnern, sahen wir auch dort Verstrickungen und Mithilfe der Polizei und des Verfassungsschutz in die Fälle. Die ständig aufgedeckten Chatgruppen in Bundeswehr und Polizei, in denen Rassismus und Gewaltfantasien geteilt werden, sind ein weiterer Teil dieses Problems. Wir müssen uns also die Frage stellen, woher kommt die rassistische staatliche Polizeigewalt und warum ändert sich daran nichts?
In sozialen Medien, Artikeln und Dokumentationen, die das Thema behandeln, finden wir immer wieder ähnliche Erklärungen und Forderungen: Die Ursache für den Rassismus in Polizei, Behörden und Bundeswehr ist ein Spiegel des Rassismus in der Gesellschaft. Und durch soziale Ungleichheit geraten Migranten eben schneller an den Rand der Gesellschaft und in die Kriminalität. Das oft kritisierte „racial profiling“, also die Kontrolle von Personen aufgrund ihrer Hautfarbe und ihres Aussehens durch die Polizei, käme lediglich daher, dass viele Polizisten in ihrer Praxis eben häufiger Menschen mit Migrationshintergrund als kriminell erlebten. Oder der Rassismus wird auf ein moralisches Problem reduziert. Als Lösungsansätze werden dann beispielsweise verpflichtende „Anti-Rassismus-Trainings“ für alle Polizisten gefordert. Dass Polizei und Bundeswehr als Institutionen, die die Interessen des deutschen Staats verteidigen, attraktivere Arbeitgeber für Menschen, die bereits nationalistische Ideen vertreten, sind, wird auch problematisiert.
Erklärt das schon alles?
Diese Erklärungsansätze sind prinzipiell nicht falsch, doch sie kratzen nur an der Spitze des Eisbergs. Es ist richtig, dass wir den Rassismus nicht mit oberflächlichen Maßnahmen bekämpfen können ohne seine materielle Grundlage zu verändern. Wenn Migranten schlechtere Möglichkeiten haben, gute Bildung und Arbeit in Deutschland zu finden, wenn sie in „sozialen Brennpunkten“ aufwachsen, dann ist es eine statistische Realität, dass besonders junge migrantische Männer häufiger in die Kleinkriminalität und in Konflikt mit der Polizei geraten. Dadurch werden rassistische Stereotype am Leben gehalten, denn die rassistischen Ideen entstehen eben nicht als erstes in den Köpfen der Leute. Es ist also klar, dass wir um gegen den gesellschaftlichen Rassismus wirksam vorzugehen auch für soziale Gerechtigkeit kämpfen müssen.
Doch wenn wir über Rassismus in den deutschen Behörden und rechten Terror sprechen ist all das nur die eine Seite der Münze. Blicken wir in die Geschichte des Faschismus und Rassismus in diesem Land zurück, so stolpern wir schnell über die „Entnazifizierung“ Deutschlands nach dem Hitlerfaschismus. In diesem Prozess sollten durch die Siegermächte alle ehemaligen Funktionäre und Mitglieder der NSDAP aus öffentlichen und politischen Ämtern und wirtschaftlichen Funktionen entlassen werden, faschistische Organisationen aufgelöst und Kriegsverbrecherprozesse durchgeführt werden. Am bekanntesten wurden die „Nürnberger Prozesse“, in denen führende Politiker des Hitler-Regimes verurteilt wurden. Schauen wir uns also einmal ganz genau an, ob diese „Entnazifizierung“ der deutschen Behörden konsequent durchgeführt wurde. Wir können uns die Antwort bereits denken.
Die „Entnazifizierung“ der BRD
Blicken wir zunächst in die Politik: Eins der bekanntesten Beispiele für die Kontinuität politischer Ämter im Dritten Reich und der BRD war Hans Globke (1889-1973), er war Staatssekretär im Kanzleramt unter Konrad Adenauer und ca. 20 Jahre früher Mitverfasser der „Nürnberger Rassengesetze“ („Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“) gewesen. Hans Filbinger (1913-2007) war NSDAP-Mitglied und Militärrichter der Kriegsmarine zur Zeit des 2. Weltkriegs und verantwortlich für mehrere Todesurteile gewesen und wurde später CDU-Ministerpräsident in Baden-Württemberg.
Heinrich Lübcke (1894-1972) war CDU-Bundespräsident von 1959 bis 1969, nachdem er im faschistischen Deutschland aktives NSDAP-Mitglied und KZ-Baumeister gewesen war. Er war verantwortlich für die Beaufsichtigung von KZ-Häftlingen als Zwangsarbeiter. Kurt Kiesinger (1904-1988) war CDU-Bundeskanzler von 1966 bis 1969 und ehemals aktives Mitglied der NSDAP. Karl Carstens (1914-1992), Bundespräsident der BRD von 1979 bis 1984 war ebenfalls NSDAP-Mitglied gewesen, was er lange Zeit leugnete. Genauso war es auch bei Walter Scheel (1919-2016), Bundespräsident von 1974 bis 1979 und FDP-Mitglied. Und auch in der SPD finden wir solche Beispiele: Erhard Eppler (1926-2019) galt als „linker“ Abgeordneter im Bundestag, unterstützte aber die Agenda 2010 und den Kosovokrieg. Auch er war die letzten Jahre der faschistischen Herrschaft NSDAP-Mitglied. Sein Parteikollege Horst Ehmke (1927-2017), der sich ebenfalls der „linken Mitte“ der SPD verordnete hat „nicht gewusst“, dass er Mitglied der NSDAP war, als dies 2007 bekannt wurde.
Doch auch viele Mitglieder des Bundesnachrichtendiensts (BND), der Auslandsnachrichtendienst, der außenpolitisch relevante Informationen sammelt, weisen einen ähnlichen Lebenslauf auf. Reinhard Gehlen (1902-1979) war aktiv an dem „Unternehmen Barbarossa“, dem Überfall auf die Sowjetunion, beteiligt. Und er leitete ab 1942 in der Wehrmacht die Abteilung „Fremde Heere Ost“ (FHO), welche als Auslandsgeheimdienst für Unterwanderung der Ostfront fungierte. 1945 wurde er damit beauftragt, einen neuen Geheimdienst aufzubauen, die „Organisation Gehlen“. Zahlreiche Mitglieder der FHO wurden darin aufgenommen. 1956 ging aus der Organisation der „Bundesnachrichtendienst“ hervor und Gehlen wurde der erste Präsident des BND.
Der „Verfassungsschutz“ (Bundesamt für Verfassungsschutz, BfV), der Inlandsnachrichtendienst welcher die „freiheitlich demokratische Grundordnung“ in der BRD schützen soll, ist auch in der jüngeren Vergangenheit in zahlreiche Skandale verwickelt gewesen wie beispielsweise in die Mordserie des NSU, doch dazu kommen wir noch. Zuerst schauen wir weiter in die Geschichte des BfV zurück: Dieser wurde 1950 gegründet und auf Druck der Alliierten wurde zunächst ein unbelasteter Mann Verfassungsschutzpräsident und zwar Otto John. Die Alliierten kontrollierten auch darüber hinaus die Einstellung des Verfassungsschutzpersonals um zu gewährleisten, dass keine ehemaligen Mitglieder der Gestapo, SS oder weiterer NS-Organisationen in dieses Amt gelangten. Da offiziell keine Leute mit NS-Vergangenheit eingestellt werden durften, wurden diese mit Billigung der Westmächte lediglich als „Freie Mitarbeiter“ eingestellt, hatten aber dennoch vielfach leitende Funktionen. Richard Gerken (1900-1975) belegte von 1957 bis 1964 die Leitung der Abteilung für Spionageabwehr im BfV und arbeitete als Publizist für nachrichtendienstliche Sachverhalte. Doch er hatte bereits seit 1933 zu den Funktionären der NSDAP gehört und war im Spionageapparat der Hitler-Diktatur eingesetzt. Ab dem Wegfall der Alliierten Vorbehaltsrechte wurde Hubert Schrübbers (1907-1979) von der CDU Verfassungsschutzpräsident. Als Staatsanwalt und Oberstaatsanwalt hatte er in der NS-Zeit einige Menschen ins KZ und damit in den sicheren Tod geschickt. Er war vor dem 2. Weltkrieg Mitglied der „Sturmabteilung“ (SA) gewesen, als Chef des BfV stellte er viele SSler (Schutzstaffel) und SDler (Sicherheitsdienst des Reichsführers SS) ein. Er vertrat das faschistische Deutschland in der Anklage gegen die Attentäter des 20. Juni 1944 (Stauffenberg-Attentat).
So ging es weiter bis zu Hans Georg Maaßen (CDU), der von 2012 bis 2018 Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz war, seit 2024 wird er aufgrund von rechtsextremen und antisemitischen Aussagen selber als Beobachtungsobjekt im Bereich Rechtsextremismus vom BfV aufgeführt. Henrik S. arbeitet beim sächsischen Verfassungsschutz zum Schwerpunkt „Extremismus“, seit 2015 ist bekannt, dass er bei der AfD ist. Er ist dort Leiter des AfD-Landesfachausschusses 5 und damit zuständig für die Erarbeitung von Konzepten im Bereich Innere Sicherheit, Justiz und Datenschutz.
Auch in der Bundeswehr werden immer wieder rechte Netzwerke aufgedeckt. Diese haben eine lange Tradition. Am Aufbau der Bundeswehr war maßgeblich Adolf Heusinger (1897-1982) beteiligt, der ab 1940 General der Wehrmacht und damit mitverantwortlich für zahlreiche Kriegsverbrechen gewesen war. Mit der Gründung der Bundeswehr am 12. November 1955 lag die Führung mehrheitlich in den Händen alter Reichswehr-Offiziere. Von 1956 bis 1964 war Heusinger der erste Generalinspekteur der Bundeswehr (das höchste Amt in der Bundeswehr). Schon vor der Gründung der Bundeswehr 1955 gab es mit Duldung des Bundeskanzlers Adenauer eine Geheimarmee, die von rund 2.000 ehemaligen Offizieren der deutschen Wehrmacht und der Waffen-SS aufgebaut werden sollte. Im Jahr 1961 wurden nach einer kurzen Anstandsfrist 159 ehemalige Offiziere, 330 Unteroffiziere und 210 Mannschaften der „Waffen-SS“ in die Bundeswehr integriert.
Bis heute hat es Tradition in der Bundeswehr Nazi-Generäle zu verehren. Viele Kasernen tragen noch immer die Namen von Faschisten wie Eduard Dietl, Ludwig Kubier oder Hans Hüttner. Der berühmteste General des dritten Reiches, Erwin Rommel (1891-1944) führte den Afrika-Feldzug an und war an Mordkommandos gegen Juden beteiligt. Für seine militärischen Erfolge in Nordafrika erhielt er den Spitznamen „Wüstenfuchs“. Den gleichen Namen trägt heute ein Spähwagen der Bundeswehr. Der Jagdflieger Werner Mölders, der 1941 bei einem Flugunfall starb, war ein Lieblingsheld der Nazipropaganda, mit 28 Jahren bereits Inspekteur der Jagdflieger, sein Bild hing in der NS-Zeit in Kasernen und Ämtern.
Bei der Bundeswehr war er bis 2005 ein „Held“ und „Vorbild“ und galt als ein „Widerstandskämpfer“. Indizien würden darauf „hinweisen“, dass er vom Attentat auf Hitler gewusst und dieses gebilligt habe. Beweise dafür gibt es keine, aber es reichte, um den alten Helden der Nazis zum neuen Helden der Bundeswehr zu machen.
In Justiz, Polizei und Verwaltung sieht es, wie wir wissen, nicht anders aus. Im Jahr 1953, vier Jahre nach Gründung des Bundesinnenministeriums, waren über 40 Prozent der Mitarbeiter dort ehemalige NSDAP-Mitglieder. Der Artikel 131 des Grundgesetzes ermöglichte rund 150.000 arbeitslosen ehemaligen Beamten Versorgungsansprüche und die Aufnahme in den öffentlichen Dienst. Und 80% der Richter und Staatsanwälte, die bis zum 8. Mai 1945 dem Terrorregime Hitlers zu Diensten standen, sprachen bald wieder Recht in der jungen Bundesrepublik. Ein anschauliches Beispiel ist Franz Nüßlein (1909-2003), ehemaliger Generalkonsul in Barcelona, war in der von Nazi-Deutschland annektierten Tschechoslowakei als Oberstaatsanwalt tätig. Er wurde nach dem Krieg in Prag als Kriegsverbrecher zu 20 Jahren Haft verurteilt, weil er persönlich für zahlreiche Todesurteile verantwortlich war. Nach sieben Jahren kam er frei. Und begann seine zweite Karriere – im Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland. 2020 flog eine rechtsextreme Chatgruppe von Berliner Polizeischülern auf, die für den gehobenen Polizeidienst ausgebildet wurden. In der Gruppe wurden Verharmlosung der Verbrechen der Nazis und Gewaltfantasien gegen geflüchtete Menschen geteilt. Ähnliche Fälle wie diese häufen sich in den letzten Jahren so viel, dass wir an dieser Stelle nur dieses Beispiel nennen können.
Faschistische Geheimarmeen
Das Fortbestehen faschistischer Netzwerke hat jedoch auch außerhalb der Behörden und staatlichen Institutionen eine Kontinuität. Ein Abgrund für sich bilden die faschistischen Geheimarmeen in Deutschland. Auch davon müssen wir uns einige Beispiele genauer anschauen. Die 1948 gegründete „Kampftruppe gegen Unmenschlichkeit“ (KgU) hatte die Aufgabe Zersetzung und Terror in der DDR zu organisieren. In dieser Gruppe sammelten sich Antikommunisten aller Farben (CDU, SPD, Rechte) und auch Rechtsterroristen. Gründer und Leiter war Ernst Benda (1925-2009) von der CDU, der auch Lizenzträger der Alliierten Kommandantur für die KgU war. Zur Belohnung wurde er später Innenminister und ab 1971 bis 1983 Präsident des Bundesverfassungsgerichtes. Zu den Taten der KgU gehörten Kaufhausbrände mit Phosphorampullen, Zerstörung von Schienen und Brücken, Todeslisten und Mordpläne gegen Kommunisten, Spionage für CIA und andere Geheimdienste.
Finanziert wurden sie u. A. von der CIA. Ab 1950 wurden in allen westeuropäischen Staaten Terrorgruppen von den USA, dem CIA und den betreffenden Staaten aufgebaut. Eine davon war auch die „Geheime Terrortruppe Gladio“ die in Frankreich, in Belgien, in Holland, in Dänemark, in Schweden, in Finnland, in der Türkei, in Spanien, in Portugal, in Österreich, in der Schweiz, in Griechenland, in Luxemburg und in Deutschland aktiv war. Sie wurde von USA und NATO mit aufgebaut, auch hier sammelten sich Antikommunisten, Rechtsradikale und Faschisten. Diese Gruppen legten geheime Waffenlager an, übten Guerillakampf und planten Anschläge. Eins ihrer Ausbildungszentren war in Bad Tölz in Bayern. In Deutschland wurde von CDU/CSU, SPD, FDP eine Aufklärung ihrer Aktivität verhindert. In Italien wurde von ihnen eine „Strategie der Spannung“ verfolgt. Bombenattentate wurden „Linksextremisten“ in die Schuhe geschoben. Ein trauriges Beispiel ist der Terroranschlag auf den Hauptbahnhof von Bologna 1980 mit 85 Toten und über 200 Verletzten. „Gladio“ gelang es, dass diese Tat zunächst „Linksextremisten“ zugeschrieben wurde. Auch das Attentat von Peteano 1972 lief so ab. In einem Fiat 500 explodierte eine Bombe, als Polizisten ihn untersuchten und drei Polizisten wurden getötet. Beweismittel wurden gefälscht und das Attentat den „Roten Brigaden“ zugerechnet. Der rechtsextremistische Attentäter Vincenzo Vinciguerra sagte dazu: „Man musste Zivilisten angreifen, Männer, Frauen, Kinder, unschuldige Menschen, unbekannte Menschen, die weit weg vom politischen Spiel waren. Der Grund dafür war einfach. Die Anschläge sollten das italienische Volk dazu bringen, den Staat um größere Sicherheit zu bitten.“. Die ganze Aktivität von „Gladio“ in Deutschland ist bis heute nicht aufgeklärt. Eine ähnlicher Terroranschlag in Deutschland ist der Fall „Celler Loch“.
Am 25. Juli 1978 verübte der niedersächsische Verfassungsschutz einen Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Celle. Es wurde dabei ein Loch in die Außenmauer gesprengt. Direkt beteiligt waren die „Anti-Terror-Einheit“ GSG 9, die niedersächsische Landesregierung unter Ernst Albrecht von der CDU sowie die Anstaltsleitung. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wusste angeblich nichts davon. Das Attentat sollte der RAF angelastet werden, was jedoch aufflog.
Am 26. September 1980 wurde am Haupteingang des Oktoberfests in München ein Bombenattentat verübt, bei dem 12 Menschen ermordet und 213 verletzt wurden, 68 davon schwer. In ersten Meldungen waren es „Linksextremisten“
Doch einer der Täter, Gundolf Köhler, starb beim Attentat: Ein Rechtsradikaler, Mitglied der „Wehrsportgruppe Hoffmann“. Er wurde schnell zum „Einzeltäter“ erklärt, obwohl Zeugen mehrere Personen gesehen hatten. Beweismaterial wurde vernichtet, sodass später u.a. keine DNA-Analyse mehr möglich war. Die „Wehrsportgruppe Hoffmann“
wurde im gleichen Jahr verboten, aber weiterhin verübten ihre Mitglieder Terroranschläge. So ermordeten sie am 19. Dezember 1980 den Verleger und ehemaligen Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, Shlomo Levin, und seine Lebensgefährtin Frieda. Andere Mitglieder verübten 1982 fünf Banküberfälle und danach mehrere Autobombenanschläge auf Angehörige der US-Army. Das „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) besteht aus dem am besten ausgebildeten und am meisten abgehärteten Soldaten des deutschen Militärs. Es wurde 1996 gegründet und handelt nur im Geheimen. Damit unterliegt es faktisch keiner parlamentarischen Kontrolle. Eine offizielle Mannstärke ist nicht bekannt: sie wird auf etwa 400 geschätzt, mit Unterstützungskräften und Stab auf etwa 1.400. Das KSK wird für Tötungen im Ausland eingesetzt aber auch zum Einsatz im Inneren vorbereitet. Es ist bekannt für rechtsradikales Gedankengut in seinen Reihen. Bei einer Feier des KSK am 27. April 2017 soll der Hitlergruß gezeigt und Songs der rechtsextremen Band „Sturmwehr“ gehört worden sein.
Im April 2017 flog der rechtsterroristische Bundeswehroffizier Franco A. auf. Er hatte sich einen falschen Pass besorgt und sich damit als Asylbewerber registrieren lassen. Unter diesem Namen plante er Terroranschläge. Bei den Beteiligten wurden Waffen und Munition, teilweise aus Bundeswehrbeständen gefunden. Franco A. wurde in der Bundeswehr befördert, obwohl er eine rechtsradikale Masterarbeit abgegeben hatte. Er wurde kurz verhaftet, kam aber bald wieder frei. Das Oberlandesgericht Frankfurt sah „keinen hinreichenden Tatverdacht“. Der Terrorhelfer von Franco A., Maximilian T. ist Mitglied der AfD, was diese lange bestritt. Seit 2018 ist er Mitarbeiter im Bundestagsbüro des AfD-Abgeordneten Jan Nolte, Mitglied im Verteidigungsausschuss. Eine Anklage gegen ihn wurde fallen gelassen. Im Zusammenhang mit Franco A. kam es auch zu Hausdurchsuchungen im Umfeld des Vereins „Uniter“. Man fand ein Netzwerk um „Hannibal“ (Deckname) und Gruppen wie „Nordkreuz“, „Südkreuz“, zusammengefasst als das „Kreuz-Netzwerk“. Diese Gruppen führen Todeslisten mit 25.000 Personen. Dazu fand man bei Hausdurchsuchungen Munitionsdepots, Leichensäcke, Löschkalk und Pläne für eine gewaltsame Machtübernahme in Deutschland. Zu den Mitgliedern der Gruppen gehören Bundeswehroffiziere, Verfassungsschutzmitarbeiter, Polizisten, Staatsangestellte, Rechtsanwälte, AfDler und NPDler und weitere. Ernsthafte Konsequenzen hat diese Enttarnung bis heute nicht wirklich gehabt. Die Gruppen wurden nicht einmal verboten. „Uniter“ arbeitet als „Sozialverein“ für Bundeswehrsoldaten weiter und ist im Gegensatz zur VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) als gemeinnützig anerkannt.
Christof Gramm, Leiter des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Mitte November 2018 im Bundestag: „Wir haben keine gewaltbereiten Rechtsextremisten festgestellt.“ „Eine Vernetzung von gewaltbereiten Extremisten innerhalb der Bundeswehr findet daher auch nach unserer Wahrnehmung nicht statt.“. Ende Januar 2020 kam die Meldung, dass der MAD gegen ca. 550 Soldaten wegen Rechtsradikalismus Untersuchungen führe. Eine Woche zuvor kam die Meldung, dass der MAD auf eine Anfrage der FDP antwortete, dass er gegen ca. 1200 rechte Bundeswehrangehörige ermittle. Überführt wurden letztendlich 2019 insgesamt 14 Extremisten – davon waren nur acht offiziell Rechtsextremisten.
Rechte Terrorgruppen
In Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen
wurden zwischen 1990 und 1993 Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und Häuser mit türkischstämmigen Bewohnern verübt. In Hoyerswerda wurden die Scheiben einer Unterkunft für Geflüchtete und eines Vertragsarbeiterheims mit Brandsätzen eingeworfen, hunderte Menschen beteiligten sich daran. Edmund Stoiber, Innenminister Bayerns sagte dazu: Man müsse die Bevölkerung vor einer „totalen Überforderung“ durch Flüchtlinge schützen. Der deutsche Staat versprach „rückhaltlose Aufklärung“, doch dies blieb wie so oft eine Floskel. So war es auch in Mölln und Solingen. Bundeskanzler zu der Zeit, Helmut Kohl (CDU) lehnte eine Teilnahme an den Trauerfeiern in Mölln und Solingen mit der Begründung ab, er wolle keinen „Beileidstourismus“. Die rechten Terroranschläge wurden genutzt, um die Polizei und den Verfassungsschutz aufzurüsten und Gesetze wie das Asylrecht zu verschärfen. Der Staat war auch in Solingen dabei: Der Leiter einer Kampfsportschule, die bis zum Brandanschlag Treffpunkt für Rechtsradikale war, galt als führende Figur im braunen Milieu Solingens und war V-Mann. Die Opfer wurden zu Schuldigen gemacht. Drei Tage vor dem Anschlag in Solingen wurde zwischen CDU/CSU, SPD, FDP ein „Asylkompromiss“ geschlossen, der zur weitgehenden Abschaffung des Grundrechtes auf Asyl führte.
In der Operation „Rennsteig“ hat der Thüringer Verfassungsschutz, das Bundesamt für Verfassungsschutz und der MAD die rechtsextreme Szene Thüringens „unter die Kontrolle staatlicher Behörden bringen und sie damit steuern und beherrschbar“ machen wollen. Dafür wurden rund 40 „freie Mitarbeiter“ der 140 Mitglieder des „Thüringer Heimatschutzes“, Vertrauensleute, aus der Nazi-Szene bezahlt und deren Arbeit finanziert und unterstützt. So erhielt der Kopf der „Thüringer Heimatschutzes“, Tino Brandt, rund 200.000 DM vom „Verfassungsschutz“, dessen Mitarbeiter er war, mit denen er rechtsterroristische Strukturen in Thüringen aufbaute. Er war zugleich ab 1999 Landespressesprecher der NPD und ab 2000 stellvertretender Landesvorsitzender.
Das Netzwerk und seine lokalen Mitgliedsorganisationen sind bis heute nicht verboten – außer der kleinen Gruppe „Skinheads Sächsische Schweiz (SSS)“ mit ca. 120 Mitgliedern. Aus der Mitgliedsgruppe „Nationaler Widerstand Jena“ ging der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) hervor, Tino Brandt stand selber im engen Kontakt mit dem NSU. Der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) ist eine der bekanntesten rechtsterroristischen Netzwerke der letzten 30 Jahre gewesen. Über 10 Jahre lang (1999-2011) konnte der NSU eine Blutspur durch ganz Deutschland legen. Neun Menschen mit Migrationshintergrund und eine Polizistin wurden gezielt zu Opfern dieser Anschläge. Dazu kommen 43 Mordversuche, 4 Sprengstoffattentate und 15 Raubüberfälle. Als 1998 beim NSU in einer Garage Material für den Bombenbau gefunden wurde, beschwerte sich der ermittelnde Kriminalpolizist Mario Melzer, er werde bei seiner Arbeit behindert. Er wurde daraufhin versetzt. Die Mitglieder des NSU, Uwe Mundlos (1973-2011), Uwe Bönhardt (1977-2011) und Beate Zschäpe (*1975) flohen daraufhin mit einem Auto des Verfassungsschutz-Mitarbeiters Ralf Wohlleben (*1975).
Untergetaucht lebten sie von 2000 bis 2011 in Zwickau und waren dort mit dem Verfassungsschutz-Mitarbeiter Ralf Marschner (*1971) befreundet. Der Verfassungsschutz wusste angeblich nichts von diesen Verbindungen. Sprengstoff erhielt der NSU von Thomas S., einem V-Mann des Berliner Landeskriminalamts (LKA). Drei Tage nach dem Auffliegen des NSU schredderte das Bundesamt für Verfassungsschutz zahllose Akten über den Einsatz von sogenannten „Vertrauensleuten“. Die Generalstaatsanwaltschaft stellte ein Verfahren ein. Halil Yozgat, Inhaber eines Internetcafés, wurde am 6. April 2006 in Anwesenheit des Verfassungsschützers Andreas Temme ermordet. Temme hat nach späterer Aussage angeblich nichts von der Tat gesehen und gehört. In seinem Wohnort hatte er wegen seiner rechtsradikalen Gesinnung den Spitznamen Klein-Adolf. Er erhielt keinerlei Konsequenzen, im Gegenteil: Später wurde er ins Kasseler Regierungspräsidium versetzt. Dort war er für die Abteilung „Rechtsradikalismus“ zuständig. Temme hat in diesem Amt auch Berichte über Stephan Ernst, den rechtsextremen Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der 2019 in seinem Garten erschossen wurde geschrieben und war dienstlich mit ihm befasst. Ernst galt dadurch als ungefährlich und wurde nicht mehr beobachtet. „Andreas Temme ist ein ganz normaler Mitarbeiter, der sehr ordentlich arbeitet.“ hieß es vom Regierungspräsidium Kassel im Oktober 2019. Daher keine Entlassung. Immer wieder gab es solche „Merkwürdigkeiten“, die zeigten, dass Teile des Staates mit den Rechtsterroristen verschmolzen sind. Das BKA und BfV zählen 139 „Unterstützer“ des NSU, beharren aber bis heute auf der These, dass die Taten selber allein von dem Trio durchgeführt wurden. Neben Beate Zschäpe erhielten nur zwei Unterstützer geringe Strafen; einer kam bei Prozessende sofort frei. Dafür wurden die Opfer und ihre Familien über 10 Jahre beschuldigt: Ehebruch, Drogenhandel, Schutzgelderpressung, Mord am Partner. Die Medien sprachen lange von den NSU-Morden als „Dönermorde“ und spekulierten über Clan-Strukturen hinter den Morden. Bis heute werden Akten des Verfassungsschutzes unter Verschluss gehalten und eine vollständige Aufklärung der Fälle verhindert. Interessant ist dabei auch: Der NSU sowie auch der islamistische Attentäter Anis Amri, der 2016 auf einem Weihnachtsmarkt in Berlin 13 Menschen mit einem Sattelzug ermordete, verwendeten dasselbe Pistolenmodell (Erma, Modell EP 552, Kaliber .22). In beiden Fällen wurde die Waffe auf dem gleichen Wege über zwei Stationen am Bodensee und in der Schweiz besorgt. Beide Waffen haben eine ähnliche Seriennummer
Bei Anis Amri wusste der Verfassungsschutz über seine V-Leute von den Mordplänen. Amri war sogar inhaftiert und wurde frei gelassen. Ein V-Mann des VS fuhr ihn nach Berlin, wo er das Attentat auf den Weihnachtsmarkt verübte. 2020 wurde eine rechtsradikale Wehrsportgruppe in Bayern und Baden-Württemberg aufgedeckt, bei Hausdurchsuchungen wurden Waffen und Naziuniformen gefunden. Die Hinweise auf die Gruppe kamen weder von der Polizei noch vom BfV, sondern aus der Bevölkerung. 2024 gab es einen Anschlag mit einem Auto auf einen Weihnachtsmarkt durch einen AfD-Sympathisanten durch den 5 Menschen starben und 200 Menschen verletzt wurden. Erst vor wenigen Tagen wurde erneut eine Razzia rechte Terrorgruppe, die sich „Letzte Verteidigungswelle“ nennt, durchgeführt. Die Gruppe soll Anschläge auf Geflüchtete und politische Gegner geplant haben und bestand vor allem aus Jugendlichen.
Die Geschichte geht weiter… NSU 2.0 und Co.
In den letzten Jahren beobachteten wir weitere Fälle staatlicher Verstrickung in rechte Netzwerke. Im Juli 2016 erwischte die Berliner Polizei einen „Linksradikalen“ beim Autoanzünden. Es kam heraus: Es war ihr eigener Polizeispitzel und –provokateur Marcel G., der später als Redner bei „Bärgida“ (Berliner Ableger von „Pegida“ – „patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) auftrat. Eine Zeit lang hatte er sich als „Linksautonomer“ ausgegeben und Informationen über die Berliner Szene gesammelt. 2018 wurde das erste Drohschreiben des „NSU 2.0“ verschickt. Dieses wurde von Polizisten aus Hessen an eine Rechtsanwältin gesendet, die NSU-Opfer in Gerichtsprozessen um die Morde vertrat. Sie bildeten ein rechtes Netzwerk in der hessischen Polizei, dass Hitlerbilder und Hassmails austauschte und viele weitere Drohbriefe verfasste. Die Daten der betroffenen Personen, wurden an Dienstcomputern des Polizeireviers in Frankfurt abgerufen.
Beim Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 2. Juni 2019 verkündete die Polizei Hessen rasch, sie sehe kein rechtsradikales Motiv. Der Täter gehörte zum Umfeld von Combat 18 („18“ steht für „AH“ = „Adolf Hitler“) und der AfD. Combat 18 ist der militärische Arm von „Blood & Honour“ (dt. „Blut und Ehre“), ein Netzwerk was in Großbritannien, Skandinavien und Deutschland aktiv ist. B&H wurde im Jahr 2000 verboten, ihr militärischer Arm wurde aber erst 2020 verboten und war vorgewarnt worden. Am 9.10.2019 ereignete sich ein rechtsterroristischer Anschlag in Halle. Der Täter versuchte mit Schüssen in eine Synagoge einzudringen, was ihm jedoch nicht gelang. Daraufhin ermordete er zwei Personen auf der Straße und in einem nahegelegenen Döner-Imbiss. Der Täter war vernetzt, gut trainiert und gerüstet. Seine Pläne hatte er in rechtsradikalen Internetplattformen dargestellt, sich Pläne zum Waffenbau besorgt und weiterverbreitet. Die Behörden „merkten“ mal wieder nichts, bis es zu spät war. Auch die „Gruppe S.“ entstand 2019 durch Vernetzung übers Internet. Die Mitglieder sollen Anschläge auf Muslime, bekannte Politiker und die „Antifa“ geplant haben. Am 14. Februar wurden Werner S., der Gründer der Gruppe und elf weitere Männer festgenommen. Werner S. hatte angekündigt, man solle Muslime in fünf oder sechs Moscheen in mehreren Bundesländern mit Waffen angreifen. Solche Attentate würden dann Gegenreaktionen der muslimischen Seite auslösen, ein „Dominoeffekt“ würde einsetzen und schließlich würde es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommen. 2023 verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart elf Angeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen. Ein Angeklagter erhielt lediglich eine Bewährungsstrafe und ein Polizei-Informant aus der Gruppe wurde freigesprochen. Ein sehr aktueller und prägnanter Fall ist der rassistische Anschlag in Hanau im Jahr 2020 gewesen. Der Täter Tobias Rathjen (1977-2020) erschoss in einer Nacht neun migrantische Menschen an verschiedenen Orten in Hanau. Im Anschluss tötete er seine Mutter und sich selbst. Am ersten Tatort erschien bereits eine Polizeistreife, die ihn nicht davon abhielt zu fliehen und weitere Personen zu erschießen. Während der Mordserie gingen mehrere Notrufe in die lokale Polizeistation ein, diese war jedoch über den Tatzeitraum nicht erreichbar. Eines der Opfer versuchte mehrmals erfolglos den Notruf zu erreichen, während er den Täter im Auto verfolgte, bis er diesem später auch zum Opfer fiel. Auch noch immer ungeklärt ist, warum der Notausgang der „Arena-Bar“, in der mehrere Schüsse fielen, verschlossen war und ob dies eine polizeiliche Maßnahme gewesen war, um bei Razzien zu verhindern, dass Menschen dadurch fliehen. Der Täter war Sportschütze in Frankfurt und in München und legaler Eigentümer von drei Pistolen, darunter auch der Tatwaffe. Seit Sommer 2013 hatte er eine Waffenbesitzkarte. Er war bei den Behörden als rechter Verschwörungstheoretiker bekannt, spätestens durch seine ausführlichen Veröffentlichungen vor der Tat.
Wem nützt der rechte Terror?
Wenn wir sehen, dass gegen den rechten Terror und rechte Netzwerke in staatlichen Behörden nichts wirksam unternommen wird, können wir uns sicher sein das irgendjemand davon profitiert und kein Interesse dran hat etwas daran zu ändern.
Die deutsche Geschichte lehrt uns, dass der Nährboden für den Faschismus im Kapitalismus besteht. Sobald die herrschende Klasse sich in ihrer Macht durch eine starke Arbeiterbewegung oder zu große Unzufriedenheit in der Bevölkerung bedroht sieht, verhilft sie faschistischen Kräften zur Macht, um diese gewaltsam zu brechen. Es ist nicht zu vergessen, dass die ersten Konzentrationslager der Nazis für politische Gegner errichtet wurden, welche größtenteils Kommunisten und Gewerkschafter waren. Viele große Konzerne in Deutschland haben eine düstere Vergangenheit im Dritten Reich, darunter: Siemens, Unilever, BASF, Die Dresdner Bank, VW, Bayer, Dr. Oetker, Allianz, Bosch, Wintershall, Porsche und AEG. Sie alle profitierten vom faschistischen System durch Zwangsarbeit in den Konzentrationslagern. Fritz ter Meer (1884-1967) war zu der Zeit im Vorstand der „IG Farben“, er verantwortete den Aufbau eines „IG-Farben“-Werks in Auschwitz, durch das ca. 30.000 Menschen ums Leben kamen. Später sagte er vor Gericht in den Nürnberger Prozessen dazu, man habe den Zwangsarbeitern kein besonderes Leid zugefügt, „da man sie ohnedies getötet hätte“. Von 1956 bis 1964 war er Aufsichtsratsvorsitzender der „Bayer AG“. Dass das oberste Ziel der Kapitalisten ist, so viel Profit wie möglich zu erwirtschaften und dabei so brutal wie es geht auszubeuten, ist eines der Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise. So ist es kein Widerspruch, dass die herrschende Klasse den Faschismus als ein strategisches Herrschaftsinstrument zu nutzen weiß, wenn dies notwendig wird. Das Unterstützen und Aufrechterhalten faschistischer Netzwerke innerhalb und außerhalb der eigenen Behörden bietet so den Zweck einer Art Reservearmee, welche besonders dann nützlich wird, wenn der Staat sie zur Einschüchterung und Hilfspolizeifunktion gegenüber fortschrittlichen Bewegungen braucht. Besonders im Fall einer Straßenkampf- und Bürgerkriegssituation. (Auch hierfür lassen sich reichlich Beispiele in der deutschen Geschichte finden, etwa in der frühen Weimarer Republik bei der Niederschlagung der Novemberrevolution und der Arbeiter- und Soldatenräte in ganz Deutschland.) Nach jedem Terroranschlag ist die Regierung wieder „zutiefst betroffen“ und kündigt in kürzester Zeit eine Stärkung und Aufrüstung der Sicherheitsdienste (Geheimdienste, Polizei, Bundeswehr) an. Das bedeutet dann mehr Überwachung, Einschränkungen demokratischer Rechte und mehr Verfügungsgewalt für Polizei und Behörden (Wie beim beschlossenen „Sicherheits- und Asylpaket“ nach dem Messerangriff in Solingen). Damit wird letztendlich der Staat gestärkt, der jahrzehntelang nicht nur nichts gegen rechten Terror getan hat, sondern im Gegenteil, Nazis geschützt und ihre Netzwerke unterstützt hat. Eingesetzt wird der hochgerüstete Staatsapparat gelegentlich trotzdem um faschistische Strukturen und Gruppierungen zu bekämpfen aber besonders auch gegen jede fortschrittliche Bewegung und Organisationen. Und auch in Zeiten der Militarisierung nach außen und innen, wie wir sie aktuell wieder in großen Ausmaßen miterleben, erfüllt der wachsende Nationalismus und die Hetze gegen andere Völker und Nationen einen wichtigen Zweck. Zur Legitimierung von Kriegen braucht es Feindbilder, damit es „moralisch“ gut und richtig ist, Waffen zu liefern und aufzurüsten. Daher beteiligt sich die herrschende Klasse auch aktiv an der rechten, rassistischen Hetze und betont dabei, dass sie gegen Terror und für Demokratie sei. Siehe Thomas de Maziere, von 2013-2018 Bundesinnenminister, Horst Seehofer oder Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. Sie alle sorgten in den letzten Jahren mit ihren Aussagen besonders zum Thema Migration für Skandale. Wir erinnern uns an Seehofers Worte, Migration sei die „Mutter aller Probleme“ in Deutschland. Mit der Aufrüstung gehen massive Kürzungen in Bildung und Gesundheit und ein allgemeiner Sozialabbau einher. Die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse verschlechtern sich fortwährend und die Hetze gegen Migranten, vor der man sich besonders während des Wahlkampfs kaum noch retten konnte, lenkt die Verzweiflung und Wut der Bevölkerung über ihre Situation auf die, die noch schlechter dran sind. Ganz nach dem Motto „Spalte und herrsche.“ Wer die wirklichen Ursachen seiner Misere nicht erkennt, kann sich auch nicht dagegen wehren.
Deswegen ist es wichtig, mit aller Kraft gemeinsam gegen die rechte Gefahr zu kämpfen. Aber klar ist auch: Wer Faschismus und rechten Terror wirksam bekämpfen will, der muss auch das kapitalistische System ins Visier nehmen. Nur in einer Gesellschaft, in der nicht eine kleine reiche Minderheit alles beherrscht, können die Wurzeln des Faschismus beseitigt werden. Daher gehören der Kampf gegen den Faschismus und der Kampf der Arbeiterklasse für eine sozialistische Gesellschaft untrennbar zusammen!
Verweise:
https://www.arbeit-zukunft.de/2020/10/19/rechter-terror-unvollstaendige-bilanz-einer-woche/
https://www.arbeit-zukunft.de/2024/12/24/magdeburg-rechter-afd-sympathisant-ermordet-5-menschen/
https://www.arbeit-zukunft.de/2019/10/10/nach-halle-stoppt-den-rechten-terror/
Rassistische Polizeigewalt:
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/polizei-racial-profiling-100.html
https://taz.de/Ermittlungen-im-Fall-Qosay-Khalaf/!5821955/
https://www.instagram.com/reel/DJ9raM5IRVC/?igsh=MWJvNm9lenJveDBkNg==
Verfassungsschutz:
https://www.tagesschau.de/investigativ/kontraste/maassen-verfassungsschutz-106.html
https://www.der-rechte-rand.de/archive/3348/vs-temme/
https://taz.de/V-Mann-Thomas-S/!5083633/
https://www.tagesschau.de/inland/maassen-klage-verfassungsschutz-100.html
Bundeswehr:
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-05/bnd-akten-geheimarme
https://www.nd-aktuell.de/artikel/554277.nazigeneraele-und-preusseri-killer.html
Rechter Terror:
https://www.tagesspiegel.de/politik/razzia-gegen-letzte-verteidigungswelle-mutmassliche-neonazis-festgenommen–14-jahriger-in-u-haft-13727674.html
https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/halle/halle/anschlag-synagoge-prozess-100.html
NSU 2.0:
Entnazifizierung: