Italien: Populistische Demagogie und Diktat der EU

Übersetzung aus „La Forge“, Zeitung der PCOF, Oktober 2018

Ende September, am Ende der Nachverhandlungen in der Koalition der 5-Sterne mit der Lega Nord, hat die italienische Regierung ihren Haushaltsentwurf für 2019 bekannt gemacht. Die Mitglieder der 5-Sterne-Bewegung (M5S) haben daraufhin von der Presse so bezeichnete „Freudentänze in den Straßen Roms“ aufgeführt und einen „Haushalt für das Volk“ begrüßt.

Die Wut Brüssels

Von der Europäischen Kommission wurde dieses Projekt nicht in gleicher Weise aufgenommen. „Ein abwegiger Haushaltsplan“, „nicht kompatibel mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt“, der sich „von den ökonomischen Leitlinien entfernt“, die im Juli von den Mitgliedsstaaten beschlossen wurden, um ihre Schulden zu verringern. Die Beschimpfungen und der Druck haben die Haltung der italienischen Regierung, die daraus einen politischen Sieg machen will, verstärkt: „Der Widerspruch besteht nicht mehr zwischen rechts und links, sondern zwischen Politik und Markt“, schreibt eine der M5S nahe Zeitung. Aber wenn die italienische Regierung viel bei der Konfrontation mit der EU gestikuliert, heißt das nicht, dass sie bis zum Crash gehen wird. Beweis dafür ist die Beibehaltung des Wirtschaftsministers, der anscheinend Gegner dieser Explosion der Defizite ist und dessen Funktion es ist, die Märkte zu beruhigen. Der Präsident der Finanzkommission, der erklärt hatte „völlig überzeugt“ zu sein, „dass Italien einen großen Teil seiner Probleme lösen könnte, wenn es sein eigenes Geld hätte“, nahm sich schnell zurück und bekräftigte, dass er „nicht verrückt“ sei, und die Regierung “nicht beabsichtigt, die Euro-Zone zu verlassen.“

Der Haushaltsplan des Wandels

Ein Grundeinkommen von 780 Euro soll schon im April 2019 eingeführt werden, um „die Armut zu beseitigen“. Die Lega Nord hat bereits dafür Sorge getragen, dass dieses Wahlversprechen der M5S kein Geld sein soll, dass denen, „die auf dem Sofa liegen bleiben“, nachgeworfen wird. Es erhalten nur Personen unter der Armutsgrenze als Ausgleichszahlung unter Anrechnung aller anderen Einkünfte, Haus- oder Wohnungseigentümer nur 400 Euro, nach Ablehnung von 3 zurückgewiesenen Arbeitsangeboten ausgesetzt und… es bleibt ausschließlich Italienern und Ausländern mit mindestens zehn Jahren Aufenthalt vorbehalten!

Das Renteneintrittsalter, das momentan bei 65 Jahren festgelegt ist und 2019 auf 67 Jahre ansteigen sollte, würde für Personen, die 38 Beitragsjahre besitzen, auf 62 Jahre gesenkt, um 400.000 Stellen „für die Jugend“ frei zu machen.

Die „flat tax“ (einheitliche Besteuerung), welche die Lega Nord wünscht, ist noch nicht real eingeführt, aber eine Verringerung der Steuerstufen wurde begonnen. Für mehr als eine Million Selbständige und Handwerker, die einen Umsatz von weniger als 65.000 Euro haben, wird sofort eine Einheitssteuer von 15% eingeführt.

Die automatische Erhöhung der Mehrwertsteuer, die im vorhergehenden Haushaltsgesetz vorgesehen war, ist abgeschafft.

Für die staatlichen Investitionen ist eine Erhöhung um 15 Milliarden auf 3 Jahre vorgesehen, eine Reaktion auf den schlechten Zustand der Straßen und der Infrastruktur, wovon der Einsturz der Autobahnbrücke von Genua ein schlagendes Beispiel gab.

Das „Antisystem“ ohne Systemwechsel!

Die Investoren und die Finanzmärkte sind nervös und die großen Ratingagenturen werden unruhig. Der „spread“ (der Unterschied im Zinsniveau zwischen den italienischen und deutschen Zinsen) steigt gefährlich und die Anleihen werden für den italienischen Staat, dessen Verschuldung sich schon auf 131% des PIB beläuft, viel teurer, aber auch für die Privatkunden. Die angekündigten Engagements für die unteren Klassen und kleinen Betriebe (mit all den oben beschriebenen Einschränkungen) bleiben höchstwahrscheinlich nur fromme Wünsche, wenn das beschleunigte Wachstum, das dieser Haushalt begünstigen soll, nicht eintritt. Die größere Öffnung Italiens für chinesisches Kapital, das seine europäischen „Partner“ fürchten, ist sicherlich nicht der Weg, die Probleme der italienischen Arbeiter und des italienischen Volkes zu lösen.

Diese Regierung, die aus einer untypischen Allianz der extremen Rechten – deren Geschäft die Flüchtlingsabwehr ist – und einer Bewegung, die sich volksnah und systemkritisch gibt – ohne mit dem Kapitalismus zu brechen – hervorgegangen ist, ist das Produkt der Schwächung des italienischen Imperialismus, der drittstärksten europäischen Wirtschaftsmacht und des unsäglichen Scheiterns der italienischen „Linken“, die den Neoliberalismus übernommen hat.

Diese Situation zeigt, dass es in Italien wie anderswo für die revolutionären Kräfte dringend nötig ist, an einer fortschrittlichen Opposition gegen die EU und an einem tatsächlichen Bruch mit dem kapitalistisch-imperialistischen System zu arbeiten. Unsere Unterstützung gilt insbesondere unseren Genossen von der Kommunistischen Plattform, die in diesem Sinne tätig sind.

Übersetzung aus „La Forge“, Zeitung der PCOF, Oktober 2018