Metall-Tarifrunde 2004 vorbereiten! Ein Kollege berichtet

In der IG Metall wird die nächste Metall-Tarifrunde 2004 schon
diskutiert. Am 22.10.03 fand in Stuttgart eine Funktionärskonferenz der
IGM statt. Der 2. Bevollmächtigte der IGM in Stuttgart, Hans Bauer,
schlug vor, dass sich die Forderung zwischen 3,5-4,5% bewegen sollte.
Er wies Kritik zurück, die Abschlüsse der letzten Jahre seien zu
niedrig gewesen. Die Reallöhne seien durch Steuererhöhungen und höhere
Sozialbeiträge gesunken.
Das seien politische Entscheidungen gewesen, auf die die IGM keinen Einfluss habe.
Mit demselben Argument lehnen die Gewerkschaftsführungen derzeit
Aktionen gegen Sozialabbau ab. Doch das bedeutet Verzicht auf eine
eigenständige Politik – unabhängig von der SPD. Zur Lohnforderung ist
zu sagen, dass jeder weiß, dass bei 3,5% am Ende höchstens 2%
rauskommen. Und bei dieser Tarifrunde wird automatisch 1% abgezogen.
Mit dem neuen Entgeltrahmentarifvertrag (ERA) hat die IG Metall
unterschrieben, dass als Gegenleistung für Verbesserungen in der
Tarifstruktur bei der nächsten Tarifrunde 1% der Lohnerhöhung
einbehalten werden.

Unterstützung fand Bauer bei einem Vertreter von Daimler-Chrysler und
von Dürr. Der Kollege von Dürr meinte sogar, man solle auf jede
Lohnforderung verzichten. Bei ihnen seien gerade 80 Kolleg/innen
„sozialverträglich„ entlassen worden. Der Rest habe Angst, durch
Lohnforderungen die Arbeitsplätze zu gefährden.
Kolleg/innen von Bosch, Porsche, Daimler-Chrysler und anderen Betrieben
sprachen sich für höhere Forderungen zwischen 6 und 13% aus. Eine
Kollegin von Daimler-Chrysler rechnete vor, dass die Reallöhne in den
letzten Jahren so stark gesunken seien, dass eine 13%ige Erhöhung
gerechtfertigt sei. Ein Kollege von Bosch meinte, dass es falsch sei,
die Forderung so niedrig anzusetzen, dass die Kolleg/innen dafür nicht
zu mobilisieren seien. Auch bei einer höheren Forderung sei es aber
wichtig, wirklich die Kolleg/innen dafür zu gewinnen. Ein Kollege
merkte an, dass man sich nicht wieder auf „Geschäfte„ einlassen solle.
So sei es zum Beispiel falsch, auf Lohn zu verzichten, um die
Tarifautonomie zu „retten„.

Die Diskussion um die nächste Tarifrunde muss dringend in die Betriebe
getragen werden. Die Funktionärskonferenz in Stuttgart zeigt, dass von
oben bereits die Weichen in die falsche Richtung gestellt werden:
Lohnverzicht! Der jüngste Abschluss in der Stahlindustrie (siehe http://www.igmetall.de/tarife/nachrichten/stahl/stand.html)
belegt dies. Dort wurde im Oktober ein Tarifvertrag über 21 Monate
abgeschlossen. Die ersten 4 Monate gibt es eine Einmalzahlung von 35
Euro/Monat, dann folgen für 10 Monate 1,7% Erhöhung und weitere 1,1%
für 5 Monate. Angesichts einer erwarteten Inflation von 1,5-2% und des
voranschreitenden Sozialabbaus bedeutet dies Lohnsenkung.
Für die Metall-Tarifrunde 2004 muss in den Betrieben eine Forderung
entwickelt werden, die einerseits den Reallohn sichert und steigert,
andererseits möglichst viele Kolleg/innen mobilisiert. Die Bemerkung
des Kollegen von Dürr, dass viele Angst vor dem Verlust ihres
Arbeitsplatzes haben, ist berechtigt. Er zieht allerdings die falschen
Schlussfolgerungen. Die Arbeiterklasse muss dem Kapital Grenzen zeigen,
sonst geht es immer weiter nach unten. Allerdings hat die Propaganda
des Kapitals auch in den Betrieben Einfluss gewonnen. Es erfordert
daher geduldige Überzeugungsarbeit, um das Bewusstsein zu entwickeln
und zum Kampf zu mobilisieren. Diese Arbeit muss jetzt stattfinden.

Die Entscheidung der Tarifkommission über die Forderung und den
Abschluss muss demokratisch auf der Grundlage der aktiven Einbeziehung
der Gewerkschaftsmitglieder gefällt werden. Daher muss jetzt die
Diskussion in den Vertrauenskörpern, Betriebsräten, Betriebsgruppen
stattfinden. Dabei muss eine Forderung ausgearbeitet werden, die der
Kampfbereitschaft in den Betrieben und den objektiven Notwendigkeiten
gerecht wird.