Korrespondenz: Nachruf auf Gerry Wolff

Der bekannte Defa-Schauspieler Gerry Wolff verstarb am
Mittwoch im Alter von 84 Jahren in einem Krankenhaus in Oranienburg.

Gery Wolff NachrufGerry Wollf der mit bürgerlichem Namen Gerald Wolff hieß,
wurde 1920 in Bremen geboren und entstammte einer jüdischen
Schauspieler-Familie. Er war der  Enkel
eines Rabbis und Sohn des Schauspielers Martin Wolff und seiner zweiten
Ehefrau, der Soubrette Grete Lilien. Mit elf Jahren Vollwaise, wird er von
seiner Großmutter in Berlin-Charlottenburg erzogen. Vormund ist sein Onkel
Erich Lilienthal (1882-1943), ein Kinobesitzer und über die Grenzen Berlins
hinaus bekannter Komiker, der bis 1933 auch in zahlreichen Filmen auftritt.
Sein sieben Jahre älterer Halbbruder Peter Wolff ist Schauspieler und wird für
den jungen Gerald ein Vorbild. Ab 1933 besucht Wolff ein jüdisches Gymnasium in
Berlin.

1935 gelingt es seinem Vormund, ihn per
„Kindertransport“ nach England zu schicken und damit vor der
Verfolgung durch die Nazis zu schützen. So entgeht er dem Schicksal seines
Onkels Kurt, der im KZ Sobibor ermordet wird. Wolff lebt anderthalb Jahre im südenglischen
Haslemere und besucht dort eine Schule für deutsche und englische Kinder. In
London arbeitet er in einer Tischlerei, lernt anschließend Kfz-Mechaniker, ist
dann in Südengland Gärtner. Sein Plan, nach Palästina auszureisen, wird durch
den Krieg vereitelt. Als „enemy alien“ wird er auf der Isle of Man
interniert, dann als vermeintlicher Spion nach Kanada verbracht. Als sich der
Irrtum aufklärt, kann er zurückkehren. Im Lagertheater auf der Isle of Man debütiert
er als Gerald Wolff mit der Rolle von Lessings Nathan. Schließlich wird er
entlassen und gründet eine Spielgruppe. Wolff meldet sich als
Kriegs-Freiwilliger und wird Sergeant der Home Guard, einer territorialen
Miliz. 1944 tritt er in London dem Heinrich Heine Club bei, einem von deutschen
Emigranten gegründeten Kulturzentrum und spielt in dessen Kleiner Bühne. Bei
Kriegsende ist Wolff, der sich der Freien Deutschen Jugend Großbritannien
angeschlossen hat, Lektor in einem Londoner Verlag.

1947 kehrte Wolff, der sich nun der kommunistischen Bewegung
angeschlossen hatte, nach Ost-Berlin zurück. Höhepunkt seiner
Schauspielerkarriere wurde 1963 seine Rolle als Herbert Bochow in Bruno Apitzs
Verfilmung über den kommunistischen Widerstand im Konzentrationslager Buchenwald:
«Nackt unter Wölfen» (http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.filmarchiv.at/events/galizien/pics/nackt.jpg&imgrefurl=http://www.filmarchiv.at/events/galizien/nackt.htm&h=217&w=300&sz=10&tbnid=q5JcfRzRqWYJ:&tbnh=80&tbnw=111&start=11&prev=/images%3Fq%3DNackt%2Bunter%2BW%25C3%25B6lfen%26hl%3Dde%26lr%3D%26ie%3DUTF-8%26sa%3DN
). 

Kritiker hoben die bemerkenswerte Vielseitigkeit des
Schauspielers hervor, der Autodidakt war. Generationen von Ostdeutschen sahen
ihn im Kinderkrimi «Die Jagd nach dem Stiefel» und in dem Musikfilm «Orpheus in
der Unterwelt». In der Berliner Volksbühne, zu deren Ensemble er zeitweise gehörte,
trat er mit jiddischen Liedern auf.

Nach der Auflösung der DDR übernahm Wolff Engagements in
Fernsehserien wie «Tatort», «Praxis Bülowbogen» und «Der Havelkaiser». Eine
seiner letzten Rollen hatte er in der Komödie «Jetzt oder nie» (2000) als
verwegener Autofahrer, der drei alte Damen bei einem Banküberfall unterstützt.

Filmografie http://www.defa-sternstunden.de/stars/gwolff.htm

(kb)

18. Februar 2005