„Ich mach’ später mal Hartz IV“ oder: Null Perspektive im Kapitalismus

Die „Süddeutsche Zeitung“ brachte vor kurzem auf ihrer
Internet Seite eine Serie über Armut in Deutschland. In ihrem 5. Beitrag dazu
widmet sie sie sich der Lage an den Schulen.

1,9 Millionen Kinder in Deutschland leben in
Hartz-IV-Haushalten. Ihre Eltern bekommen für sie am Tag 6.80 € für Essen,
Bücher und Bekleidung. In einer Münchner Hauptschule wird für Ganztagsschüler
ein Mittagessen für 3,75 € angeboten. Dazu heißt es im Artikel: “Die Hälfte der
Plätze in der Schulmensa ist leer, weil nur Kinder aus bessergestellten Elternhäusern
sich das Mittagessen an der Ganztagsschule leisten können. Schüler aus
Hartz-IV-Haushalten sitzen nebenan und überbrücken die Mittagspause mit
Schokoriegeln statt Schnitzel.“ Und weiter: „Die
Eltern der Hauptschüler können sich bei der Anmeldung entscheiden, ob sie ihr
Kind auf den Ganztagszweig inklusive Mittagessen schicken möchten oder nicht.
Direktor Heinrich Skiba hat doppelt so viele Anmeldungen wie Plätze zu vergeben
sind – obwohl er vermutet, dass viele Eltern, die ihr Kind gern in der Ganztagsschule
sehen würden, die Anmeldung wegen der Kosten scheuen.“

Für Eltern, die ihren Lebensunterhalt von Hartz IV
bestreiten müssen, sind eben 3,75 € immer noch zu viel. Deshalb hat die Schule,
an der die Recherche gemacht wurde, auch Schulden beim Lieferanten „Im Moment stehen wir beim Caterer mit 1500
€ in der Kreide“
, wird der Rektor zitiert, „doch das kriegen wir über Benefizveranstaltungen irgendwie schon
rein.“
Er ist stolz darauf, noch kein Kind aus der Ganztagsklasse
hinausgeworfen zu haben, nur weil die Eltern das Schulessen nicht bezahlen
konnten. „…würden sie nicht auf die
Ganztagsschule gehen, würden viele Kinder auf der Straße rumhängen,“
unter
Anderem deshalb, weil beide Elternteile damit beschäftigt sind, die hohen
Lebenshaltungskosten Münchens zu verdienen.

Viele Kinder an dieser Schule kämen aus zerrütteten
Familienverhältnissen, in denen das einzige Einkommen die Hartz-IV-Überweisung
sei. Vielen Schülern sei schon in der 5.Klasse klar, dass sie später auch
einmal  davon abhängig seien. Auf die
Frage, was sie einmal machen wollen, habe der Rektor schon öfters von Schülern
die Antwort bekommen: „Ich? Ich mach
später mal Hartz IV.“

S.N.