Krieg in Georgien: Großmächte schüren den Brand

Den Großmächten USA, EU und Russland geht es in Georgien
nicht um Freiheit, Selbstbestimmung und Frieden. Es geht um die Herrschaft über
eine strategisch wichtige Region und um die Kontrolle über das Öl. Die
Ölvorkommen am kaspischen Meer – mit geschätzten 40 Milliarden Barrel die
drittgrößten der Welt – sind sowohl für Russland wie für die USA von
grundlegender Bedeutung.

Georgiens Präsident Saakaschwili hat in New York
Jura studiert und für amerikanische Ölgesellschaften gearbeitet. Er ging zurück
nach Georgien und wurde dort durch eine „Rosenrevolution“, die von US-Beratern
gesteuert war, im Januar 2004 an die Macht gebracht. Er ist ein Diktator und
„gewann“ die letzten Wahlen im Januar 2008 nur durch massive Wahlfälschungen.
Er ist der geeignete „Freiheitskämpfer“ und Vertreter der US-Ölmonopole. Laut
dem amerikanischen Georgien-Experten und Militärstrategen Sam Gardiner haben
die USA „mit verdammt harten politischen
Bandagen“
eine Ölpipeline vom kaspischen Meer durch Georgien bis zur
Türkei durchgeboxt. Sie kostete rund 4 Mrd. Dollar. Durch sie soll
Russland umgangen und von dem Ölgeschäft abgekoppelt werden.

Der Krieg um die Region wurde daher seit Jahren vorbereitet.
Vor allem die USA haben Georgien in den letzten acht Jahren massiv mit
Schützenpanzern, Granat- und Raketenwerfern, Schlachtflugzeugen und
Kampfhubschraubern für rund eine Milliarde Dollar aufgerüstet.
US-Militärberater stehen der georgischen Armee zur Seite. Ebenso machten die
USA Druck, Georgien rasch in die NATO aufzunehmen.

Auch Deutschland mischt mit. Schon seit 1994 sind 11
Bundeswehrsoldaten im Land. Auch finanzielle Unterstützung fließt.

Auf der anderen Seite entdeckte die Großmacht Russland ihr
Herz für das Selbstbestimmungsrecht. Die gleiche Macht, die in Tschetschenien
einen blutigen Krieg gegen das Volk führt und im Fall Kosova strikt gegen das
Selbstbestimmungsrecht auftrat, spielt sich in Georgien als Friedens- und
Schutzmacht der Osseten und Abchaser auf. Sie lieferte diesen Regionen Waffen.

So haben sich die Großmächte ihre Stellvertreter geschaffen,
über die sie den Kampf um die Beherrschung der Region führen. Durch den
aktuellen Krieg, in dem Georgien unter dem Einfluss von US-Militärberatern
Südossetien angegriffen und dann von russischen Truppen geschlagen wurde, sind
die Paten dieses Krieges – vor allem die USA und Russland – aus dem Schatten
hervorgetreten und standen sich ziemlich direkt gegenüber. Tausende Menschen
mussten mit ihrem Leben für das Herrschaftstreben der Großmächte zahlen.

Allerdings sehen wir die russische Seite im Gegensatz zu
vielen anderen linken Organisationen nicht als die „gerechte“ Seite an, auch
wenn Georgien angegriffen hat. Denn Russland kämpft nicht für die „Freiheit“
sondern für die Beherrschung der dortigen Völker genauso wie die USA und die
EU. Die Frage des „Angreifers“ ist bei imperialistischen Kriegen unwichtig. Den
diese Rolle wechselt. In Tschetschenien war die russische Armee der Angreifer.
Diesmal war sie der „Verteidiger“. Immer geht es um die Großmachtinteressen
Russlands. Zudem sind imperialistische Kriege immer von einem riesigen
Propagandanebel begleitet. Das konnte man auch im aktuellen Krieg sehen. Der
Angreifer Georgien wurde in der westlichen Propaganda zum „Opfer“, das
„verteidigt“ werden muss.

Für alle fortschrittlichen Kräfte kann es nur einen
Standpunkt geben: Die Großmächte – egal ob USA, Russland, EU – haben in fremden
Ländern nichts zu suchen. Sie müssen raus! Die Völker müssen ihr Schicksal
selbst bestimmen! Das können sie nur, wenn sie wirklich frei vom Einfluss der
Großmächte entscheiden können. In diesem Sinne müssen wir immer für das
Selbstbestimmungsrecht der Völker egal ob in Kosova, Südossetien oder in
Tschetschenien eintreten – gegen die imperialistischen Großmächte!

Die Propaganda von „Freiheit“, „Verteidigung“, „humanitärer
Hilfe“ dient nur dazu, schlichte Gemüter vor den Karren des Imperialismus zu
spannen. Dann kann man je nach Geschmack für die „Befreiung“ Georgiens von den
bösen Russen eintreten oder den „Friedenstruppen“ Russlands zujubeln. Was
werden solche Jubler machen, wenn es zu einem Weltkrieg zwischen den
Großmächten selbst kommt? Werden sie dann für die eine oder andere Großmacht
das „Vaterland verteidigen“?

Gerade der Krieg in Georgien zeigt sehr deutlich, dass das
kapitalistische System und der daraus resultierende Imperialismus – egal ob in
der US-amerikanischen, der russischen oder der europäischen Variante – die
Ursache ist. Daher müssen wir uns nicht auf die eine oder andere Seite
schlagen, sondern für die Abschaffung des Kapitalismus und des Imperialismus
eintreten. Nur wenn dieses Profitsystem als Ursache von Kriegen beseitigt ist,
gibt es eine Aussicht auf Frieden und Selbstbestimmung!

USA, Russland und EU – Hände weg vom Kaukasus!

Deutsche Soldaten raus aus Georgien!


Wladimir Iljitsch
Lenin
„Der Opportunismus und der Zusammenbruch der II. Internationale“

Nach dem deutschsprachigen
Text.[„Vorbote“ Nr. 1., Januar 1916]

„Jetzt, da der Krieg ausgebrochen ist, wagen die offenen Opportunisten
wie die Kautskyaner weder das Manifest von Basel zu leugnen noch das Verhalten
der sozialistischen Parteien im Kriege an ihm zu prüfen. Weswegen? Weil das
Manifest die einen wie die andern völlig bloßstellt.

Es findet sich darin kein Sterbenswort über die Verteidigung des
Vaterlandes oder den Unterschied zischen Angriffs- und Verteidigungskrieg;
kein Wort über all das, was die Opportunisten und Kautskyaner Deutschlands und
des Vierverbands jetzt an allen Straßenecken in die Welt hinaustrompeten. Das
Manifest konnte darüber nicht sprechen, 
weil das, was es sagt, die Anwendung solcher Begriffe absolut
ausschließt. Es nennt ganz konkret eine Reihe ökonomischer und politischer
Konflikte, die diesen Krieg jahrzehntelang vorbereitet haben, die sich im Jahre
1912 völlig und definitiv offenbarten und den Krieg im Jahre 1914
herbeiführten. Das Manifest nennt nämlich den österreichisch-russischen
Konflikt um die „Vorherrschaft am Balkan“, den Konflikt
„Englands, Frankreichs und Deutschlands“
(aller dieser
Länder!) wegen ihrer „Eroberungspolitik in Kleinasien“, den
österreichisch-italienischen Konflikt wegen der „Herrschaftsgelüste“
in Albanien usw. Das Manifest charakterisiert mit einem Worte alle diese
Konflikte als Konflikte auf dem Boden des „kapitalistischen Imperialismus“.
Das Manifest erkennt also sonnenklar den eroberungslüsternen,
imperialistischen, reaktionären, sklavenhalterischen Charakter des gegebenen
Krieges an, das heißt einen solchen Charakter, der die Zulässigkeit der
Vaterlandsverteidigung theoretisch zum Unsinn und praktisch zur Lächerlichkeit
macht. Es kämpfen miteinander große Haifische, um fremde
„Vaterländer“ zu verschlingen. Das Manifest zieht die unvermeidlichen
Schlüsse aus den unbestreitbaren historischen Tatsachen: dieser Krieg kann
nicht „auch nur durch den geringsten Vorwand eines Volksinteresses
gerechtfertigt werden“; er wird vorbereitet „zum Vorteile des Profits
der Kapitalisten, des Ehrgeizes der Dynastien“. Es wäre ein
„Verbrechen“, wenn die Arbeiter „aufeinander schießen“
würden. So das Manifest.

Die Epoche des kapitalistischen Imperialismus ist die des reifen und
überreifen Kapitalismus, der vor dem Zusammenbruch steht, der reif ist, dem
Sozialismus Platz zu machen. Die Epoche 1789 bis 1871 war die des
fortschrittlichen Kapitalismus, als auf der Tagesordnung der Geschichte die
Niederringung des Feudalismus, des Absolutismus, die Abschüttelung des fremden
Joches stand. Auf diesem und nur auf diesem Boden war die
„Vaterlandsverteidigung“ zulässig, das heißt eine Verteidigung gegen
die Unterdrückung. Im Kriege gegen die imperialistischen Großmächte könnte
dieser Begriff auch jetzt angewandt werden, aber es ist eine Absurdität ihn auf
den Krieg zwischen den imperialistischen Großmächten anzuwenden, auf einen
Krieg, in dem es darum geht, wer die Balkanländer, Kleinasien usw. mehr
ausplündern kann. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass die
„Sozialisten“, die die „Vaterlandsverteidigung“ in diesem
gegebenen Kriege anerkennen, das Basler Manifest umgehen, wie ein Dieb die
Stelle meidet, wo er gestohlen hat. Das Manifest beweist doch, dass sie
Sozialchauvinisten sind, das heißt Sozialisten in Worten, Chauvinisten in
Wirklichkeit, die „ihrer“ Bourgeoisie, helfen fremde Länder zu
berauben, andere Nationen zu unterjochen. Das ist eben das Wesentlich in dem
Begriffe des Chauvinismus, dass man „sein“ Vaterland verteidigt,
selbst wenn dessen Aktion auf Unterjochung fremder Vaterländer gerichtet
ist.“

http://www.arbeiterfotografie.com/russland/index-russland-0011.html
Ein interessanter Beitrag über die geostrategischen Hintergründe von
www.arbeiterfotografie.com:
Auch wenn der Beitrag von arbeiterfotografie.com Position für die
russische Seite ergreift, stellt er doch sehr ausführlich und mit
Fakten belegt dar, was hinter dem Krieg in Georgien steckt. Er deckt
auf, dass es sowohl den USA wie auch Russland um die Kontrolle von Öl
und Gas in dieser Region geht. Unfreiwillig zeigt der Beitrag auch die
russischen Machtinteressen auf, wenn es heißt: ‚Bleibt Georgien
instabil, so spricht aus Investoren- und Kundensicht viel für das
russische Schwarzmeerprojekt.‘ Denn Russland arbeitet zielstrebig gegen
die US-Pläne zur Beherrschung der Energiereserven an und will selbst
die Kontrolle.