Dem Frieden eine Chance – Für ein Ende des Krieges am Hindukusch

IPPNW-Presseinfo vom 8.9.2009

Der verheerende Bombenangriff auf zwei Tanklastzüge in Afghanistan macht nach Ansicht der IPPNW einmal mehr offenkundig: Die Bundesrepublik befindet sich im Krieg – auch wenn Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung nach wie vor von einem „Stabilisierungs- und Kampfeinsatz“ spricht. Die 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Ärzteorganisation fordert sofortige Waffenstillstandsverhandlungen mit den Aufständischen und den Abzug aller ausländischen Truppen aus Afghanistan. Die Bundesregierung solle unverzüglich eine entsprechende Exit-Strategie für die Bundeswehr vorlegen und jegliche Vermengung von zivilem und militärischen Engagement beenden.

Nach fast 8 Jahren „zivil-militärischer Intervention“ herrschen in Afghanistan Korruption, Rechtlosigkeit und Willkür: Unter den insgesamt 50.000 Opfern befinden sich zahlreiche getötete Zivilpersonen. Mit 9.000 Tonnen Rohopium wird für 2009 ein Rekord bei der Drogenproduktion erwartet. Acht Millionen Menschen leiden an Hunger und Unterernährung. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist mit 46 Jahren um 20 Jahre kürzer als die in den Nachbarstaaten. Nur 25 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Besonders zivile Opfer führen zu einer Eskalation der Spirale der Gewalt. Tote und Verletzte gibt es aber zunehmend auch unter den deutschen Soldaten, und immer mehr kehren mit einem posttraumatischen Belastungssyndrom (PTBS) zurück. Dies bringt langdauerndes Leiden für sie selbst, aber auch für ihre Familien mit sich, weswegen die Bundeswehr nun zunehmend Therapeuten für die Linderung der Symptome rekrutieren will. Auf IPPNW-Initiative haben sich jüngst 200 Ärzte und Psychotherapeuten in einem Offenen Brief an den Bundesverteidigungsminister gewendet und sich gegen eine Instrumentalisierung ihres Berufsstandes „für die Kriegführung der Bundeswehr“ ausgesprochen.

Die IPPNW steht nicht alleine: 69 % der deutschen Bevölkerung (ARD-Deutschlandtrend) wollen das Ende des inzwischen 30-jährigen Krieges am Hindukusch, der für wechselnde ausländische Interessen geführt wird. Der Vorwand des Menschenrechtsschutzes, unter dem Bundesregierung und Parlamentarier den Einsatz der Bundeswehr alljährlich verlängern und ausweiten, wird von immer weniger Menschen geglaubt. „Sicherheit, Wiederaufbau und Entwicklung lassen sich aber nicht durch einen `Krieg gegen Terror´ erreichen. Im Gegenteil: Der Krieg selbst ist Terror und Ursache schwerer Traumatisierungen“, so die IPPNW-Vorsitzende Dr. med. Angelika Claußen. Die IPPNW hat gemeinsam mit anderen Friedensorganisationen die BürgerInnen aufgefordert, ihre Stimme bei der Bundestagswahl Abgeordneten zu geben, die sich für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan einsetzen.

Am 12. September 2009 veranstaltet die IPPNW gemeinsam mit der Medizinischen Hochschule Hannover das Symposium „Gesundheit und Sicherheit – Rückblick und Ausblick nach acht Jahren zivil-militärischer Intervention in Afghanistan“ in Hannover.

Weitere Informationen

Den Offenen Brief an Minister Jung finden Sie hier