Neuwahlen? Schwarz-Rot? Jamaika? Keine falsche Hoffnung, keine Illusionen!

Auf was können sich Arbeiterinnen, Arbeiter, Angestellte, Erwerbslose, Rentnerinnen und Rentner einstellen bei dem Koalitions-Schmierentheater in Berlin? Was kommt da für die arbeitende Klasse heraus? Ist es wichtig, ob es eine Jamaika-Koalition, eine angeblich „Große“ Koalition (GroKo), eine – ganz neuer Spruch! – Kooperationskoalition, eine Minderheitsregierung aus Schwarzen allein oder Schwarz-Grünen gibt, ob die im Prinzip abgewirtschaftete Frau Merkel oder ein anderer Christdemokrat die Kanzlerin oder den Kanzler macht?

Wir lassen uns davon nicht täuschen! Alle Kolleg/innen kennen die Erfahrung: In der Regierung kann sein, wer will: Aber wo die eine aufgehört hat, macht die nächste nahtlos weiter. In dem demonstrativen Geschacher um passende Koalitionen geht’s vor allem um den Einfluss der beteiligten Parteien, um Posten, um die Jobs und Einkommen der Polit-Akteure. Es gibt für uns keinen Grund, die Fortsetzung der bisherigen Koalition irgendeiner anderen bürgerlichen Regierung vorzuziehen. Denn im Kern stehen die Linien der kommenden Politik fest. Dafür sorgen die Häupter des Kapitals und ihre Lobby.

Das Kapital setzt die Prioritäten!

Als „Jamaika“ von der neoliberalen Kapitalpartei FDP gesprengt wurde, hatten führende Kreise des Kapitals bereits Zeichen gesetzt: Mitten in das Jamaika-Geschachere platzt die Nachricht, dass Siemens 3500 Kolleg/innen auf die Straße setzen, dafür die Standorte in Görlitz und Leipzig komplett schließen will, trotz Riesen-Gewinns, trotz des Abkommens mit den Betriebsräten, bei Siemens keine Standorte zu schließen. Auch die Görlitzer Waggonbaufabrik von Bombardier mit ca. tausend Arbeitsplätzen und andere drohen mit massiven Rausschmissen. Eine „demonstrative Katastrophe“ für die Region! Ausgerechnet Sachsen, wo die nationalistische, halb faschistische AfD die Bundestagswahl gewann! Die Chefs des Kapitals (sie wissen das!) treiben die Leute geradezu den reaktionären und faschistischen Kräften in die Arme!

Das steht uns bevor!

Überkapazitäten sollen abgebaut, weitere Rationalisierungsfeldzüge (Industrie 4.0) vernichten immer neue Arbeitsplätze. Unmittelbar vor der Wahl drohte schon der Stahlkonzern ThyssenKrupp wegen seiner Fusion mit Tata die Streichung tausender Arbeitsplätze an, worauf rund 7000 Stahlarbeiter die Arbeit niederlegten und gemeinsam auf die Straße gingen. Wir erinnern an die Abbaupläne von Mercedes-Benz u.a.m. Das sind die Signale für die nächste Zukunft!

Die FDP setzte während der Jamaika-Verhandlungen auf verlogene soziale Demagogie. Sie ließ Kolleg/innen von den Braunkohletagebauen der Lausitz und IGBCE-Führer zum Verhandlungslokal karren. FDP-Verhandlungsführer Lindner und Kubicki mimten die reinen Arbeiterfreunde und ließen sich vor allen Kameras von den zur Claque erniedrigten Kolleg/innen als Retter der Braunkohlen-Arbeiter (Tagebau wie Kraftwerke) feiern.

Aber Lindner und Kubicki lügen! Alle, auch sie, wissen: Die (Braun-) Kohle hat keine Zukunft! Auf diesen Zusammenhang beruft sich ja Siemens, um die Kraftwerkssparte mit Kündigungen und Werksschließungen zusammenzustreichen. Keine Hand werden die FDPler für diese Arbeitsplätze rühren. Sie wollen das Schicksal der Braunkohle-Kolleg/innen lediglich „dem Markt überlassen“, nur verhindern, dass ein Termin für das Aus der Kohle in einem Regierungsprogramm steht. Wer sieht, wie Siemens bereits Tatsachen auf dem Energiemarkt schafft, ahnt, es könnte sogar ziemlich schnell gehen.

Es müsste eigentlich um neue Jobs für die Betroffenen gehen, um Qualifizierung auf Kosten der Unternehmer! Aber nichts da, das ist von keiner Koalition zu erwarten! Diese Taten des Kapitals beweisen: Wir lassen uns weder von Umweltaktivisten noch von einer UN noch von einer wie auch immer gefärbten Bundesregierung vorschreiben, wann wir unsere fetten Investitionen abschalten. Wenn es in der Kohlewirtschaft aber so weit ist – andere Arbeitsplätze im Osten gibt’s nicht! Es geht ihnen nicht um Arbeitsplätze, sondern um die Sicherung der Mega-Profite! Und dafür stehen die Marktradikalen, dafür stehen FDPler, aber auch die CDU/CSU und die SPD: Freie Hand fürs Kapital! Gerade das Schweigen, die Untätigkeit der Frau Merkel und ihrer Leute zu diesen massiven Angriffen auf die Arbeiter/innen und Angestellten zeigen, was auf die Arbeiterklasse zukommt.

Zukunftsweisend ist nur der Klassenkampf!

Gut und als einziges zukunftsweisend war: Die Kollegen sowohl von Siemens als auch von ThyssenKrupp gingen im Protest sofort auf die Straße und ließen die Arbeit liegen, vor allem bei Siemens auch zahllose Ingenieure! Das war einerseits richtig, andererseits immer noch zu wenig!

Erst, wenn die Arbeiterklasse eine breite, branchenübergreifende, selbsttätige Solidaritätsfront gegen Rationalisierungsverluste, Entlassungen, Verlagerungen und Werksschließungen, für Arbeitszeitverkürzung, für die Verteidigung der Löhne und Tarifverträge schafft, gibt es eine Chance für uns! Aber das heißt auch: Sich nicht spalten lassen, solidarisch mit allen Kolleg/innen kämpfen – und sich auch in Betrieb und Gewerkschaft nicht einfangen lassen von spaltenden Hetzreden der Rechten.

Keine Illusionen in die SPD und Schwarz-Rot

Schulz eilte zu den empörten Siemensianern. Er führte auf einer ihrer Demonstrationen lautstark Klage, dass der Riesengewinn von Siemens nicht zu den Rauswürfen passt. Getan hat er gar nichts! Und auch Frau Nahles nicht! Kleinlaut gaben beide zu: Siemens-Boss Kaeser darf das! Die Gesetze im Kapitalismus erlauben ihm das. Die herrschenden Gesetze sind die Gesetze der Herrschenden.

Rief Schulz seine SPD zur Solidarität auf und die DGB Gewerkschaften, wo die SPD Einfluss hat, zum Streik? Forderte Schulz mehr Rechte für durch Rausschmiss bedrohte Arbeiter/innen und Angestellte? Kritisierte er, dass das Streikrecht in Deutschland in diesem Fall Streiks verbietet? Warum kein umfassendes politisches Streikrecht? Forderte er die notwendige weitere Arbeitszeitverkürzungen für alle? Nein! Deshalb will kaum ein Arbeiter, kaum eine Arbeiterin noch etwas von Schulz´ Partei wissen. Sie hatte versucht, mit „Gerechtigkeit“ zu punkten! Aber kein Arbeiter, kein Angestellter vergisst jemals die schändlichen Hartz-Gesetze des Herrn Schröder.

Gerechtigkeit gibt es nicht unter der Herrschaft des Kapitals. Die Arbeiterklasse kann eigene Interessen nur durchsetzen, wenn sie sich organisiert, wenn sie gemeinsam für ihre Forderungen kämpft: Organisieren, diskutieren, mobilisieren, demonstrieren, streiken! Aber genau das will die SPD nicht. Sie beschnitt schon in der verflossenen GroKo den Arbeitenden erneut das Streikrecht mit dem so genannten Tarifeinheitsgesetz!

Kein Vertrauen in Schwarz Rot

Aus lauter Schiss vor Merkel und der Union, vor den Kräften des Kapitals dahinter, macht die SPD sich in die Hosen, zaudert, angeblich weil „Sondierungen ergebnisoffen“ sein müssten. Wo ist das Problem, liebe SPD? Wenn Verhandlungen nichts bringen, steht man auf und geht. Herr Lindner hat´s doch vorgeführt. Warum legt die SPD nicht einfach klare Forderungen für eine Regierung auf den Tisch? Soll die Frau Merkel sie doch Punkt für Punkt selbst ablehnen! Aber in Wahrheit ist die Entscheidung für die Koalition mit der Union im Grundsatz längst gefallen. Die Basis will sie aber nicht und muss hinters Licht geführt werden. Denn von den Essentials der SPD, die sie jetzt über alle Medienkanäle ausposaunt, wird nicht viel übrigbleiben angesichts der zu erwartenden harten Realitäten des Klassenkampfes.

Eine „Bürger-Krankenversicherung“, die die Zweiklassenmedizin abschafft, für alle gilt, für Beitragsparität bei Lohnempfängern sorgt, die üblen, nur von letzteren zu zahlenden Zusatzbeiträge killt – sie wird es in Koalitionsverhandlungen und im Berliner Apparat nicht geben. Die Union will das genau nicht, will die Krankenversicherung privaten Versicherungskonzernen zuschustern. Am Ende gibt es vielleicht etwas erleichterte Wechselmöglichkeiten für einige in Not geratene Privatversicherte. Dann wird die SPD mitmachen und es bejubeln müssen.

Wie beim Mindestlohn! Der ist bis heute nicht durchgesetzt, ist löcherig wie ein Schweizer Käse. Die Union will noch mehr „Lockerungen“, noch weniger Nachweispflichten, also Hintertüren für das Kapital, ihn zu umgehen.

Der ganze Wunschzettel der SPD ließe sich, selbst wenn die SPD-Führung wollte, nicht ohne Massenkampf durchsetzen, erst recht nicht in einer Koalition Schwarz Rot. Aber er wurde ja nur geschrieben, um die SPD-Basis und viele linke Kolleg/innen von einem aktiven Widerstand abzuhalten. Er wird schrumpfen wie der Schnee in der Sonne.

Fest steht aber schon einiges, da man sich längst einig ist!

* Es wird keinen Ausstieg aus der Freihandelspolitik (TTIP, CETA, …) der EU und der Bundesrepublik geben. Jeder weiß: Genau diese Politik ruiniert ganze Staaten in Afrika, Lateinamerika oder Asien, vertreibt allein schon Hunderttausende. Hier wird sich nichts ändern! Auch deutsche Politik sorgt weiter für die Elendsflucht weltweit!


* Die Flüchtlinge, die es hierher schaffen (Millionen sind weltweit unterwegs und kommen nie hierher!) werden immer übler geschurigelt. Es läuft ein Überbietungswettbewerb unter Unionspolitikern (an dem sich aber auch Sozialdemokraten und Grüne beteiligen), wie man sie weiter mit Abschiebeangst und Kriminalisierung unter Druck hält. Wir rufen alle arbeitenden Menschen auf, für Solidarität mit ihnen einzutreten! Das deutsche Kapital ist daran beteiligt, ihre Herkunftsländer unerträglich zu machen! Gemeinsam gegen das Kapital!


Sie machen gegen den Willen der Mehrheit des Volkes weiter mit Kampfeinsätzen

* Kein Ende der militaristischen Politik mit Bundeswehrkampfeinsätzen (Afghanistan, Mali und anderswo) und skrupellosem Waffenhandel. Schon jetzt betonen Merkel und Gabriel: Deutschland muss international seine eigene „Verantwortung“ übernehmen! Klartext: Immer mehr auf „eigene Rechnung“ marschieren. Diese Regierung wird nicht zum Frieden beitragen! Schon bei den Jamaika-Verhandlungen gab es neue, massive Waffenlieferungen an die Saudis sowie den von Frau v. d. Leyen und Gabriel gefeierten Einstieg in die EU-Armee. Auch hier sind hunderttausende Flüchtlinge die Folge.

* Es wird weiter massiv aufgerüstet. Die CSU fordert ultimativ die Festlegung auf 2% vom Bruttoinlandprodukt als Marke für den Kriegsetat! Dafür müssen Mittel für Soziales zusammengestrichen werden! Und es verstärkt weltweit die Kriegsgefahr.

* Kein Wort hörte man von einem breiten Sozialwohnungsbau-Programm. 860 000 Menschen sind ohne Wohnung. Schätzungen gehen mittlerweile von 2 Mio. fehlenden Wohnungen aus! Aber das Gegenteil geschieht: Ungehindert reißt das Wohnungskapital massenhaft billige Wohnungen ab. Ungehindert wird mit Wohnungen und Häusern spekuliert, ungehindert steigen die Mieten! Andeutungen hört man aus „Verhandlungskreisen“, dass man Familien Geld in die Hand geben will – zum Wohnungs- oder Hauserwerb? Wird das die Spekulation mit Höchstpreisen für Wohnungen beenden? Im Gegenteil! Wenn die Wohnungsspekulation nicht unterbunden wird, treibt solches Geld die Spekulation noch weiter an!

Widerstand ist gefragt!

Die Sorgen der Bevölkerung sind diesen Möchtegern-Regierenden völlig egal! Deshalb bleibt Widerstand aktuell.

Es ist ein Skandal, wenn die DGB Führer „eine schnelle Einigung auf Bedingungen für eine Neuauflage der großen Koalition“ fordern. Sie hat ihnen anscheinend gefallen mit der Fortführung von Hartz IV, dem Bekenntnis zur Kohleförderung, der Steigerung der Rüstungsexporte und der Verschärfung der Asylgesetze! Wenn sie das unter Interessenvertretung für die Arbeitenden verstehen, dann sagen wir Nein! Unser Widerstand, unsere Bereitschaft, unsere Solidarität, unsere Kampf- und Streikbereitschaft sind gefragt:

Angesichts der Rationalisierungsoffensiven muss die Forderung nach flächendeckender Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche, bei vollem Lohn und Personalausgleich überall auf den Tisch.

Nutzen wir die Betriebsratswahlen 2018, um kämpferische, solidarische, internationalistische Betriebsräte zu wählen!

Führen wir Lohn- und Tarifkämpfe konsequent und entschieden!

Leisten wir überall Widerstand gegen die Pläne des Kapitals und seiner gegenwärtigen wie kommenden Regierung!

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