Regierung taumelt, EU kriselt – sicher ist nur eins: Weiter nach rechts und gegen das Volk!

Aktuell wird ein kurioses Stück in der deutschen Politik aufgeführt. Die Flüchtlingsfrage ist angeblich zu einer „Schicksalsfrage“ geworden. Und das angesichts sinkender Flüchtlingszahlen!

Haben wir keine anderen Probleme wie Wohnungsnot, Niedriglöhne, Pflegenotstand, Aufrüstung und zunehmende Kriegsgefahr?

Wohl schon, aber davon soll abgelenkt werden. Denn bei dem Streit zwischen CDU und CSU, der die Bundesregierung ins Taumeln gebracht hat, geht es um ca. 200 Menschen, die an der Grenze abgewiesen werden sollen. Sinnvoll ist hier nichts, dafür zutiefst unmenschlich! Es macht nur einen Sinn, wenn man die Zusammenhänge betrachtet.

Die Medien erklären den Streit mit den Landtagswahlen in Bayern und der Angst der CSU vor dem Machtverlust. Das ist sicher ein Aspekt. Aber es erklärt nicht, warum diese menschenfeindliche Politik und die damit verbundene rassistische Hetze zeitgleich in den USA mit Trump, in Italien mit der neuen halb-faschistischen Regierung, in Österreich mit einer Rechtsregierung und in vielen Ländern Europas durchgezogen wird. Es erklärt auch nicht, warum diese Politik trotz ihrer Menschenfeindlichkeit in Teilen der Bevölkerung Anklang findet.

Kapitalismus in der Krise

Es wird immer greifbarer, dass sich das kapitalistisch-imperialistische System in einer tiefen Krise befindet und viele Gewissheiten von gestern der Verunsicherung weichen.

Die USA waren lange Zeit die unangefochtene Nummer Eins in der Welt. Aber in der Industrieproduktion hat China seit einigen Jahren den Platz Nummer Eins und die USA vom Sockel gestürzt. Ökonomisch sind die USA zwar noch Nummer Eins, aber nur durch ihre Banken und Finanzgeschäfte. Da die materielle Produktion jedoch langfristig das Entscheidende ist, sind die USA in Gefahr, ihren Machtstatus zu verlieren.

Das hat innerhalb der herrschenden Klasse der USA zu einem Machtkampf um den zukünftigen Kurs geführt. Obama und Trump waren der politische Ausdruck dieser Auseinandersetzung um den zukünftigen Kurs. Obama war gewalttätig, hat Kriege geführt, mit Drohnen Menschen ohne Anklage und Urteil ermorden lassen. Aber er hat das mit netten Floskeln verbrämt und immer wieder „Kompromisse“ mit seinen Verbündeten geschlossen. Trump jedoch vertritt die offen aggressiven Kreise der herrschenden Klasse in den USA. Und diese Kreise haben sich durchgesetzt.

In Europa findet dieser Machtkampf unter den Herrschenden ebenfalls statt und er wird mit harten Bandagen geführt. In Großbritannien hat die reaktionärste und extrem nationalistische Fraktion des Kapitals in der Regierung May ihr Sprachrohr gefunden. Mit dem Brexit wird die Macht der EU geschwächt. Die Konkurrenten Frankreich und Deutschland versuchen, dagegenzuhalten – mit verstärktem Sozialabbau, mehr Rüstung und einer engeren militärischen Zusammenarbeit in der EU.

Hintergrund dieser Machtkämpfe sind die zunehmenden Verwertungsschwierigkeiten des Kapitals. Immer mehr Kapital ist angehäuft. Einige Experten gehen davon aus, dass weltweit in Hedgefonds und diversen „Finanzprodukten“ bis zu zwölfmal so viel Geld vorhanden ist, wie alle Werte auf der Welt zusammen. Und die Produktion kann gar nicht mit dem Druck des Kapitals zur Vermehrung seiner Geldanlagen Schritt halten. Bei aktuellen Wachstumsraten von ca. 2% in den Industriestaaten entspricht die reale Entwicklung der Produktion und der geschaffenen Werte in keiner Weise mehr den Bedürfnissen des Kapitals nach mehr, mehr, mehr. Unter diesem Druck kommt es zu immer größerer Spekulation, die Blasen wachsen und werden eines Tages platzen. Ebenso kommt es zu immer schärferen Angriffe auf die Arbeiterklasse und das Volk: Unsichere Arbeitsverhältnisse, Niedriglöhne, Renten, von denen man nicht leben kann, Sozialabbau, Bildungsmisere usw. Hier lässt sich Geld machen, um die Verwertung des Kapitals durch Steuersenkungen und Subventionen überhaupt im Gang zu halten. Mit immer radikalerer Privatisierung werden zugleich ständig neue Geschäftsfelder eröffnet, mit denen man Profite machen kann: Krankenhäuser, Pflegeheime, Bildungseinrichtungen usw. Aber die höchsten Profite werden immer noch mit Krieg, mit Rüstung erzielt! Das ist der ökonomische Hintergrund des aggressiven Kurses des US-Imperialismus. Denn der US-Imperialismus ist ökonomisch am meisten verfault. Im Inneren wächst die Armut, die Gefängnisse sind überfüllt, die Spaltung der Bevölkerung und ihre Unterdrückung nimmt ständig zu. Die Produktion wurde in vielen Branchen in alle Welt verlagert.

Aber auch die europäischen imperialistischen Länder sind am verfaulen und haben die gleichen Verwertungsschwierigkeiten wie der US-Imperialismus. Deutschland, ein reiches Land, hat nicht genug Geld für Pflege, das Gesundheitswesen, Bildung, Renten. Die Infrastruktur wie Eisenbahn, Straßen, öffentliche Gebäude und Einrichtungen verrottet. Dafür ist Geld für Bundeswehreinsätze im Ausland und für Aufrüstung reichlich vorhanden. Die Antwort auf die Verwertungsschwierigkeiten ist ein aggressiver Kurs im Innern und nach außen.

Auch Macron versucht seine Träume von der Großmacht Frankreich über Aggression im Innern und nach außen zu verwirklichen. Im Innern greift er die Arbeiter/innen an: Privatisierung der Bahn, Zerstörung sozialer Standards, Einführung ähnlicher Regelungen wie bei Hartz IV. Damit liefert er dem Kapital neue Profitquellen. Gleichzeitig rüstet er auf, drängt auf eine „europäische Verteidigung“ und weitet die französischen Militäreinsätze in Afrika aus. Die Rüstungskonzerne reiben sich die Hände.

Der schärfere Konkurrenzkampf der Großmächte dient der Schwächung und Niederhaltung von Konkurrenten und der Eroberung neuer Absatzmärkte und Rohstoffquellen sowie der Sicherung der eigenen Macht gegenüber Konkurrenten. Er findet auf dem Rücken der Arbeiter und Angestellten statt. Und er wird durch den ökonomischen Druck immer schärfer und gefährlicher.

Polizeistaat im Innern, Kriegspolitik nach außen, Hetze und Hass

Passend zu diesem aggressiven Sozialabbau und der Aufrüstung und Kriegspolitik nach außen werden Feindbilder geschaffen und auch im Innern aufgerüstet. Den Menschen wird seit Jahren und mit steigender Intensität eingehämmert, dass ihre Probleme nicht die Wohnungsnot, Hartz IV, Pflegenotstand usw. sind sondern die „Asylantenflut“, der „Terror“. Mit diesem Feindbild werden die Menschen abgelenkt und außerdem versucht man, ihnen den Abbau ihrer demokratischen Rechte und die Aufrüstung zu einem Polizei- und Überwachungsstaat schmackhaft zu machen.

Das neue bayrische Polizeiaufgabengesetz (PAG), das Polizeigesetz in NRW und die verschärften Polizeigesetze in vielen Bundesländern passen genau zu der Krise des Systems. Sie richten sich gegen die unzufriedenen Menschen, gegen die Arbeiterbewegung, gegen alles Fortschrittliche! Wenn die Polizei heimlich Dateien auf PCs aufspielen oder verändern darf wie im PAG, dann handelt sie wie ein Krimineller und kann selbst „Straftaten“ erfinden, um Gründe für Inhaftierungen zu haben. Auch die Grenzen für einen Einsatz der Bundeswehr gegen das eigene Volk werden immer weiter verschoben. Gegen wen es dabei wirklich geht, kann man an den Vorbereitungen sehen. So wurden 250 Bundeswehrsoldaten schon 2010 in Israel für den Häuserkampf trainiert. In der für zig Millionen Euro aufgebauten Trainingsstadt Schnöggersburg führt die Bundeswehr regelmäßig Übungen für den Häuserkampf in einer Stadt durch. Und im PAG ist der Einsatz von Granaten durch die Polizei geregelt. Granaten? Für Verbrecherbekämpfung? Nein! Es ist klar, hier geht es um den Einsatz gegen große Menschengruppen aus der eigenen Bevölkerung.

Offensichtlich rechnet die herrschende Klasse mit wachsender Unzufriedenheit. Und da hat sie recht! Mittlerweile ist in der Arbeiterklasse, im Volk viel Wut angestaut. Und immer wieder bricht sie durch wie z. B. bei vielen Warnstreikaktionen der diesjährigen Tarifrunden oder bei Aktionen gegen die zunehmende Wohnungsnot (siehe Berichte in dieser Ausgabe). Hier wird ein kämpferisches Potential spürbar. Und hier wird auch massiv Polizei eingesetzt, um den Profit und das Privateigentum zu schützen.

Der Druck auf die Herrschenden wächst

Nach den Bundestagswahlen im September 2017 schrieben wir, dass das herrschende System abgewirtschaftet hat und nun jede Regierungsbildung schwierig wird (https://www.arbeit-zukunft.de/2017/09/25/bundestagswahlen-2017-abgewirtschaftet/). Das hat sich mehr als bestätigt. Fast alle bürgerlichen Parteien wurden massiv geschwächt. Nur die marktradikale FDP und die rechtsradikale AfD gewannen. Das passt dem Kapital, denn mit den rechten, faschistischen Parteien kann es durchaus regieren, wie Italien, Österreich, Ungarn, Polen beweist. In Deutschland ist es – noch – nicht so weit, aber es klappt im alten Stil nur noch mühsam. Eine Regierungsbildung war mehr als schwierig. Es dauerte ein halbes Jahr, bis die Groko, die Allianz der Wahlverlierer, wieder stand.

Stand? Nein! Seit Beginn taumelt sie. In ihr findet ein Machtkampf statt. Und es ist vom Inhalt her ein ähnlicher Kampf wie der zwischen Obama und Trump. Merkel bemüht sich wie Obama ein nettes Gesicht zu zeigen und eine knallharte Politik zu betreiben, während Söder, Seehofer und andere eine offen aggressive, reaktionäre Politik verlangen. Dahinter stehen verschiedene Gruppierungen des Kapitals wie in den USA und anderen Ländern auch. Die einen hoffen, mit der bisherigen Politik die Krise überwinden zu können, die anderen rechnen mit einer solch massiven Verschärfung des Konkurrenzkampfes, dass sie offen, brutal und gewalttätig für ihre Interessen (Profit first!) kämpfen wollen. Söder und Seehofer nehmen für ihren brutalen Kurs selbst eine Niederlage der CSU bei den Landtagswahlen in Kauf. Da das Kapital in Deutschland – noch – keine Alternative wie in Österreich und Italien hat, aber auch die GroKo völlig instabil ist, ist es ungewiss, wie es weitergeht.

Nur eins bleibt sicher: Es wird weiter gegen das Volk und nach rechts gehen!

Das zeigte sich bei den unmenschlichen Beschlüssen des EU-Gipfels, der die EU weiter militarisieren und abschotten will. Dabei zeigte sich deutlich, dass es keine wirkliche Einigkeit gibt. Nur beim Aufbau einer Festung Europa war man sich einig. Ihnen ist es egal, wenn Tausende Jahr für Jahr im Mittelmeer ertrinken, Hauptsache die „Hungerleider“ kommen nicht nach Europa. Dafür wollen sie sogar grausame Auffanglager, nach Möglichkeit in Afrika in Zusammenarbeit mit diversen Diktatoren errichten. Bereits jetzt ist bekannt, dass in Libyen in solchen Lagern massenhaft Frauen vergewaltigt wurden. Menschen werden erschlagen, in der Wüste ohne Wasser und Nahrung ausgesetzt. In den Lagern gibt es keine medizinische Hilfe; viele verhungern. Das Elend ist so weit weg und nicht mehr im Fokus. Alleine dieses Beispiel zeigt, wie verfault und moralisch verkommen dieses System ist. Und prinzipiell genauso wie mit den Flüchtlingen geht man ja auch mit der eigenen Bevölkerung um, wenn auch in gemäßigter Form. Ihnen ist es egal, wenn alte Menschen im Sommer reihenweise in Altenheimen sterben oder krank werden, weil sie nicht genug Flüssigkeit bekommen. Für das Kapital ist das menschlicher Ballast, der den Profit schmälert. Die Verrohung und Inhumanität wirkt also auch im Innern.

Anklang findet diese inhumane Politik in Teilen der Bevölkerung, die sich von der Krise des imperialistischen Systems und dem zunehmenden ökonomischen Druck bedroht fühlen. Vor allem in der Mittelschicht gibt es zunehmend Verlierer des aggressiven ökonomischen und sozialen Kurses des Kapitals. Selbst Ingenieure, Akademiker können Hartz IV-ler werden. Kleine Handwerker leiden unter der Billigkonkurrenz, die vom Kapital durch die Öffnung der Grenzen innerhalb Europas bewusst geschaffen wurde. Und leider haben auch viele Arbeiter Angst vor der Billigkonkurrenz. Hier setzt das Kapital mit Hilfe von AfD, CSU usw. an. Die Unzufriedenen sollen nach unten treten, statt gegen oben zu kämpfen. Entsolidarisierung ist ihr Ziel. Zudem braucht man für den Kriegskurs Hass und Feindbilder. Die Menschen sollen Schritt für Schritt dazu erzogen werden, dass sie wieder gern gegen irgendwelche „Feinde“ in den Krieg ziehen, andere umbringen und ihr eigenes Blut für den Profit opfern. Für das Kapital ist der Ruck nach rechts in seiner Krise existentiell notwendig. Um seinen Kapitalverwertungskreislauf in Gang zu halten, wird es den Menschen noch viel mehr Opfer abverlangen müssen. Dazu braucht man eine ideologische Vorbereitung aus Hetze, Hass, Feindbildern und „nationaler Opferbereitschaft“.

Kämpfen!

Es tut sich etwas in unserem Land. Die oben bereits angeführten Kämpfe gegen Wohnungsnot treffen auf breite Unterstützung. Selbst bürgerliche Kreise und Mittelschichten fühlen sich betroffen, weil auch für sie Wohnen zu einem Luxusgut geworden ist. Oder beim Kampf gegen die Polizeigesetze haben sich in mehreren Bundesländern breite Bündnisse gebildet und kraftvolle Proteste in vielen Städten stattgefunden. Der Kampf gegen die Militarisierung und Aufrüstung wächst, wie der diesjährige Ostermarsch und viele regionale und überregionale Aktionen wie in Ramstein zeigen. Ebenso ist die Kampfkraft in den Tarifrunden gestiegen, was sich allerdings nicht in den Ergebnissen niedergeschlagen hat. Das alles ist ermutigend und zeigt, dass die Menschen sehr wohl wissen, was für sie wichtig ist.

Wir sehen es daher als notwendig an, gegen die Verrohung dieser Gesellschaft, gegen die Nazis, die AfD anzutreten und deren Positionen zu entlarven. Allerdings wäre es ein Fehler, wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren und nur den Themen, die diese Kräfte provokativ setzen, hinterher zu hecheln. Es ist viel wichtiger, wieder die wirklich dringenden Themen der Arbeiter und Angestellten und des Volkes auf die Tagesordnung zu setzen. Beim Kampf für bezahlbaren Wohnraum stand und steht beispielsweise die AfD in Stuttgart auf der Seite der Konzerne und Spekulanten. Sie zeigt sich als Partei der Reichen und entlarvt selbst, dass sie nicht die „Partei der kleinen Leute“ ist, wie sie immer vorgibt.

In den Kämpfen für Renten, von denen man leben kann, für bezahlbare Wohnungen, gegen Arbeitsplatzabbau, für höhere Löhne, für Bildung, für menschenwürdige Pflege, für ein Gesundheitswesen im Interesse der Patienten und der Beschäftigten, gegen Aufrüstung und Krieg – in allen diesen Kämpfen sehen die Menschen ihre wirklichen Gegner. Da stehen ihnen keine Flüchtlinge gegenüber, sondern die Regierung, die Unternehmer, eben das Kapital! Und da erfahren sie auch, wozu neue Polizeigesetze und die Militarisierung im Inneren nötig sind. Nämlich gegen sie!

Kämpfen wir gemeinsam!