Rücksichtslose nächtliche Abschiebung in Stuttgart – Schlag gegen eine Arbeiterfamilie!

Beginn einer Deportation! Kaum was zu erkennen bei der Nacht!

Ein für alle Beteiligten furchtbares Ereignis! Oder, wie eine gute Freundin uns schrieb: Entsetzlich! Hier unser Bericht über eine weitere, rücksichtslos brutale Abschiebung im grün-schwarzen Stuttgart. In einer knappen Stunde wird dieser Flüchtlingsfamilie ihre ganze jahrelange Integrationsanstrengung zerschlagen,

zerschlagen in einem Deutschland, wo wieder Menschen deportiert werden. Für die Betroffenen eine Katastrophe! Der nackte Schrecken.

Aber so schlimm das ist – das genügt uns als Bewertung nicht: Es ist Terror gegen eine Arbeiter-Familie. Mutter und Vater arbeiten, beziehen keine Sozialhilfe. Sie schuften schwer für eine Zukunft ihrer Kinder in diesem Land, das so viel reicher ist als die balkanische „EU-Kolonie“ Mazedonien. Auch Deutschland ist daran beteilgt, dieses Land arm und abhängig zu halten.

Die Familie hat sich durchgekämpft, bis sie, wie Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter hierzulande, endlich selbst für ihr Auskommen, für ihre Kinder, so gut es möglich ist, selbst aufkommen konnte. Wer reich ist, hat es auch als Zugewanderter nicht schwer. Aber die Familie I. – sie sind Arbeiterin und Arbeiter. Sie sind ein schlagendes Beispiel, dass die Migrationsfrage eine Klassenfrage, ein Frage der, nein!, eine Forderung nach Klassensolidarität ist. Was die herrschenden Klassen hier an Hetze und Terror gegen hier um ein würdiges Leben kämpfende Menschen veranstalten – das ist Klassenkampf der Herrschenden gegen die arbeitenden Menschen. Für alle Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellte – lassen wir uns nicht gegen Geflüchtete aufhetzen! Üben wir Solidarität, protestieren wir gemeinsam gegen solche schreienden Misstände.

Hier unser Bericht:

Freitag in aller Frühe, 27. September 2019, 3:11 Uhr(!!) werde ich durch einen Anruf geweckt: Qemal, 15, Schüler der Wangener Grund und Hauptschule in Stuttgart. Er berichtet voller Angst, dass die Polizei in der Wohnung (Stuttgart Wangen) steht und die Familie (Roma, geflüchtet aus Mazedonien, laut Gesetz „sicheres Herkunftsland“) abschieben will. Um 3:00 Uhr nachts waren alle vier unvermittelt aus dem Schlaf gerissen worden.

Ich sofort hin! Ich alarmierte noch eine weitere langjährige Unterstützerin.

Ich habe die Polizei aufgefordert, die Aktion zu unterlassen, da Qemals Vater, vor Kurzem mit einer Herzattacke im Krankenhaus war. Antwort der Polizei: „Wenn er nicht reisefähig ist, werden die anderen trotzdem abgeschoben.“

Die 4 Polizisten haben sich auf nichts eingelassen, haben erklärt, dass sie den Auftrag hätten, die Familie zur „Abschiebegruppe“ nach Ludwigsburg zu bringen. Sie bemühten sich immerhin um ein nach außen hin korrektes Auftreten.

Auch die angerufene Unterstützerin kam hinzu. Sie wurde zur Familie gelassen. Sie hat geholfen, dass einige wichtigste Dinge (Papiere, Medikamente, Kleidung) bei der Familie sind. Sie konnten aber nur sehr wenig mitnehmen.

Die Mutter, war am Boden zerstört und völlig aufgelöst!! War sie überhaupt reisefähig?? Es interessierte nicht. Die kleine neunjährige Tochter weinte bitterlich. Sie hat seit wenigen Tagen eine kleine Katze, die sie zurücklassen muss. Da die Katze andernfalls ins Tierheim gebracht wird, hat die Unterstützerin sie zunächst zu sich genommen. Dem kleinen Mädchen war es ganz wichtig, dass es das Kätzchen gut hat!!! Vater und Sohn versuchten unter großer Mühe, einigermaßen die Fassung zu bewahren.

Ich habe mich sehr empört, weil ich die Familie all die Jahre betreue. Deshalb wurde ich von der Polizei gar nicht in die Wohnung gelassen. Mir wurde mehrfach vom Einsatzleiter angedroht, mich entfernen zu lassen.

Die Polizei behauptete uns Unterstützen gegenüber, sie habe für die Familie in LUdwigsburg angerufen, dass dort der zur „Abschiebegruppe“ gehörende Arzt sich um die Familie kümmern solle. Alles Diskutieren half nichts. Gegen 4:15 Uhr mussten alle 4 in die Polizeiwagen und werden weggebracht.

Qemal ist ein aktiver und schöpferischer Rapper in Stuttgart. Sein vom Munde abgespartes Keybord, zwei Bildschirme, Laptop, Zubehör, praktisch ein improvisiertes kleines Tonstudio für seinen Rap – alles musste zurückgelassen werden, natürlich auch Schulsachen, Kleidung, Haushaltsgeräte und viele Lebensmittel.

Wir Unterstützenden haben dann morgens den Arbeitgeber der Eltern (ein Supermarkt in Stuttgart Wangen) und die Wilhelm-Schule unterrichtet, was geschehen ist.

Familie I. hatte eine Wohnung, die Eltern hatten seit über einem Jahr Arbeit, zahlen Steuern und Sozialbeiträge, haben 0,00 Euro Sozialhilfe bekommen, die Kinder gehen zur Schule. Die Familie ist integriert und bekannt bei zahlreichen Freund/innen und Unterstützer/innen.

Auf einem internationalen Kulturfest in Stuttgart Wangen vor einigen Monaten trat Qemal mit seiner Rap-Gruppe auf. Er berührte tief die mehr als hundert Anwesenden mit einem Rap auf seine Eltern.

All das interessiert das Regierungspräsidium Karlsruhe, das all diese empörenden Abschiebungen zentral für Baden Württemberg organisiert, überhaupt nicht! Die Polizei verwies mich während ihrer Aktion ausdrücklich an diese Behörde – um 3:30 Uhr nachts!

Die Familie hat am 8. Oktober 2019 einen Termin bei der Ausländerbehörde Stuttgart, zu dem sie umfangreiche Unterlagen mitbringen soll. Obwohl es jüngst (nach Jahren relativer Ruhe) beunruhigende Schreiben von dieser Karlsruher Truppe gab, ließ uns doch dieser Termin annehmen, dass man sich darauf verlassen kann. Menschen wie die Familie I. und die Unterstützer/innen können den Behörden offenbar nicht vertrauen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe, bzw. die für die Abschiebungen zuständige Abteilung ist bekannt für ihr völlig unzugängliches Gebahren und in ihren Entscheidungen oft für unmenschlich hartes Vorgehen.

Inzwischen ist es gelungen, mit der Familie über WhatsApp Kontakt zu bekommen. Der Junge berichtet, dass die Familie entgegen den Aussagen der Polizei keinerlei ärztlichen Kontakt mehr bekam. In dem Flugzeug nach Mazedonien seien zahlreiche lange in Deutschland ansässige, teils gut integrierte, arbeitende Menschen abgeschoben worden.

Qemal fordert für seine Familie, dass Ausweisung und Abschiebung rückgängig gemacht werden. Die Familie ist zur Zeit notdürftigst bei Verwandten in einem mazedonischen Dorf untergekommen. Sie und auch die Verwandten sind arm. Familie I. besitzt weder nennenswerte Geldmittel noch irgendein Haus oder Wohnung. Sie kann wieder dort landen, von wo sie vor mehreren Jahren mit ihren damals noch ganz kleinen Kindern floh: auf der Straße in Mazedonien. Mazedonien ist – wie auch das benachbarte Albanien – alles , nur kein sicheres Herkunftsland für Roma, gegen sie herrschen nicht selten Willkür und rassistische Behandlung, selbst die so genannten EU-Fortschrittsberichte, die Mazedoniens „Fortschritte“ auf dem Weg in die EU dokumentieren sollen, können das nicht völlig verschweigen.

Integration life in Deutschland, im Grün-Schwarz regierten Baden Württemberg immer wieder ein Fremdwort!

* Namen geändert

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