Die Hagia Sophia darf nicht zum Spielball der Politik werden


Erklärung von EMEP Partei der Arbeit, Türkei

Die Öffnung der Hagia Sophia als Moschee für Gläubige in der Zeit der Pandemie, in der die Menschen auch der Verschlechterung der Wirtschaftslage gegenüberstehen, ist ein kalkulierter Schritt.

Die Regierung versucht, die Erodierung ihrer Wählerbasis – die sie ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik zu verdanken hat – zu stoppen, indem sie nationalistische und konservative Reflexe schürt und indem sie versucht, durch Eroberung leichter, aber bedeutungsvoller Symbole schnelle Sieg zu erringen. Es gibt kein Hindernis außer diplomatischer Höflichkeit, die Hagia Sophia in eine Moschee zu verwandeln, aber es erweckt den Anschein, als ob das Bauwerk in einem großen Kampf einem imaginären Feind abgerungen wurde.

Diese „scheinbare“ Eroberung, die darauf abzielt, die stetig steigende Arbeitslosigkeit, Armut und die Hoffnungslosigkeit der Jugend zu kompensieren, wird nicht einmal das Trauma, Istanbul in den kommunalen Wahlen zu verlieren, aufwiegen. Istanbul gehört immer seiner arbeitenden Bevölkerung und wird es auch weiter gehören.

Indem sie vor den juristischen Institutionen Erklärungen abgab, hat die Ein-Mann-Führung die Argumente für die Umwandlung der Hagia Sophia am 29. Mai vorgebracht, dem Jahrestag der Eroberung Istanbuls und es wurde verkündet, dass sie am 15. Juli, dem Jahrestag des versuchten Staatsstreichs, dort beten würden. Die Führung des Ministeriums für religiöse Angelegenheiten ist in diesen Chor eingefallen, als es die Wiedereroberung der Moscheen forderte, wenn die Pandemie-Maßnahmen gelockert würden.

Die Hagia Sophia ist ein Gebäude von großem kulturellen und künstlerischen Wert, das Jahrhunderte lang intakt geblieben ist. Die Tatsache, dass ihre Umwandlung in eine Moschee Arbeiter in der christlichen Welt aufregen könnte, wurde nicht in Erwägung gezogen. Jedoch wurde sicherlich bedacht, wie die Reaktion anderer Länder und religiöser Institutionen dazu genutzt werden, die heimische nationalistische und konservative Reaktion zu schüren und zu einen.

Die politische Führung verlor ihre Glaubwürdigkeit und ist in großen Schwierigkeiten. Die Inszenierungen um die Hagia Sophia sind ein Versuch, der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen. Wenn man den Menschen gestern sagte, „erst die Sultan Ahmed Moschee (die „Blaue Moschee“) zu füllen, ehe man nach der Hagia Sophia greift“, dann gibt es keine andere Erklärung für Erdogans Kehrtwendung.

Als Partei, die für die Gleichheit aller Arbeiter jeder Religion und Nation und für wirklichen Säkularismus kämpft, der die Glaubensfreiheit respektiert, verurteilen wir diese Politik der Spannung, die versucht, Feindschaft hervorzurufen und zu vertiefen. Wir müssen vor Bauwerken mit religiöser Bedeutung Achtung bewahren. Sie sollten als Plätze der Solidarität und des gegenseitigen Verstehens geschützt werden.

Die Hagia Sophia kann und soll nicht als politischer Spielball benutzt werden.

12.07.2020

Selma Gürkan

Vorsitzende der EMEP Partei der Arbeit, Türkei