Stuttgart: Behinderungen und Klartext auf dem Ostermarsch!

Am Stuttgarter Hauptbahnhof: Ostermarsch 2021

3. April 2021  – Rund achthundert Menschen beteiligten sich in Stuttgart am Ostermarsch.

Im Gegensatz zu den Querdenkern, die völlig unbehelligt und von Stadt und Polizei geduldet zu tausenden ohne Masken und Abstand kilometerweit durch Stuttgart zogen, mussten der Startpunkt und der Ablauf des Ostermarsches im Vorfeld nervig mit der Stadt verhandelt werden. Trotzdem war auf die Vereinbarung kein Verlass. Die Polizei kürzte dem Ostermarsch die Marschroute kurzfristig massiv ab. Grund: Wegen der Querdenker-Demonstranten! Und das, obwohl in der Friedensbewegung klar ist, dass mit Masken und Abstand demonstriert wird.

Der Ostermarsch wurde also von den Behörden behindert, während die Querdenker sich bester Förderung erfreuten.

Nach der Auftaktkundgebung zogen die rund 800 Friedenskämpferinnen und -kämpfer nur über zwei größere Straßenzüge und wurden dann kurzerhand von der Polizei auf den Karlsplatz umgeleitet. Hier war die Abschlusskundgebung sowieso geplant, allerdings erst nach einer viel längeren Demoroute.

Unüberhörbar und Kämpferisch: Didf-Jugend. Alles eigene Fotos.

Auf der Abschlusskundgebung redeten Vertreter/innen des DGB und der Friedensbewegung.

Abschlusskundgebung auf dem Karlsplatz

Aber hauptsächlich der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Tobias Pflüger (auch IMI) griff endlich einmal die Parteien der Schwarzroten Koalition, die Bundesregierung und Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer AKK in scharfen Worten an: Unter großem Beifall redete er ziemlich Klartext über die Berliner Kriegspolitik:

* Mit 53 Milliarden Euro sei ein Rekord-Kriegs- und Rüstungetat in den Bundestag eingebracht worden – trotz Corona und trotz riesiger Finanzbedarfe im Gesundheits- iund Sozialbereich zur Pandemie-Bewältigung! Es sei unerträglich, dass so viel Geld in inhumane Kriegsprojekte gesteckt werde.

* AKK plane gemeinsam mit anderen EU-Ländern für ca 100 Mrd. Euro(!!) die Anschaffung eines neuen „Futur Combat Air System“, ein neues europaweit vernetztes Kampflugzeug-System. Pflüger forderte „endlich einen Stopp dieses Rüstungswahnsinns“! AKK vertiefe stattdessen unbelehrbar auch die sogenannte atomare Teilhabe(*), dafür fordere sie die Anschaffung weiterer Flugzeuge, Eurofighter oder amerikanische F-16-Bomber für weitere unfassbare 5,4 Milliarden Euro – ein Skandal!! Immer neue Kampflugzeuge statt endlich dem Atomwaffen-Verbotsvertrag beizutreten und die US-Atomwaffen in Büchel (*) zu entfernen.

 

Klartext am Schluss: Tobias Pflüger (MdB)

 

* Auf Grund öffentlichen Drucks sei es bisher gelungen, die Bewaffnung der Heron-Drohnen der Bundeswehr für diese Legislatur zu verhindern! „Das ist mit ein Erfolg der Friedensbewegung!“ Die SPD, die sich brüstet, die Heron-Drohnen derzeit nicht bewaffnen zu wollen, habe selber für deren Anschaffung gestimmt, so Pflüger zur Verlogenheit der SPD! Aber AKK lege schon weitere Pläne für eine Eurodrohne vor: „Da ist alles fertig vorbereitet – nur das Problem ist: Die funktioniert gar nicht unbewaffnet!“ Diese Drohnen anzuschaffen bedeute automatisch bewaffnete Bundeswehr-Drohnen! „Weiter Druck machen, auf alle Abgewordnete und ihnen klarmachen: Keine bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr!“ Druck im Bundestag reiche nicht, dringlich sei der außerparlamentarische Druck!

* Bei jedem Beschaffungsprojekt, das in den Verteidigungsausschuss gehe, würden gleich die Exportchancen mitgemeldet: „Es ist unerträglich, wenn so Länder wie die Türkei beliefert werden, die gegen Rozhava in Nordsyrien oder in Libyen mit deutschen Waffen Krieg führen. Wir sind gegen diese Beschaffungsprojekte und gegen diese Rüstungsexporte. Es muss endlich Schluss sein mit dieser Beihilfe zum Mord!

* Tobias Pflüger zu den Skandalen um Rechtsradikale und Nazis beim Kommando Spezialkräfte (KSK) in nahen Calw: Er sei selbst vor Ort gewesen: Die Skandale seien überhaupt kein Wunder, solche Verbände, die auch bei jedem Auslandseinsatz dabei seien, zögen gewalttätige Rechte geradezu an. AKKs Maßnahmen seien verlogen, inkonsequent und unwirksam, es helfe nur die Auflösung, das KSK sei nicht reformierbar.

* Er prangerte an, dass der Bundestag den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr erneut verlängerte, im Wissen, „dass damit Vereinbarungen über einen Abzug aus Afghanistan kaputtgemacht werden!“ Dieser Einsatz sei einer der schlimmsten der Bundeswehr. „Und die sagen uns in internen Briefings: Wir wissen, dass die Situation dort immer gefährlicher, wird und trotzdem beschließen sie diese Verlängerung!“ Rückzug – sofort – das sei das Gebot der Stunde.

* Pflüger wandte sich gegen die verlogene „Werbeaktion“ zur Imageverbesserung der Bundeswehr, indem Soldat/innen wegen „Corona“ in die Gesundheitsämter gesandt würden: Da ist die Einstellung von ausreichend qualifiziertem Personal angesagt, nichts anderes. All das solle aber nur den Weg zu immer weiteren Inlandseinsätzen des Bundeswehr ebnen. Ex-Innen- und Verteidigungsminister de Maiziere fordere bereits, der Bundeswehr Polizeiaufgaben im Inneren zu ermöglichen.

Auch protestierte Pflüger laut und vernehmlich gegen weitere gefährliche Manöverprojekte wie Defender 2021, die in immer größerer Zahl durchgeführt würden und die Kriegshysterie verschärften.

Hier redete endlich einer mal ziemlich Klartext und durchstieß dankenswerter Weise den vielfach reformistisch-pazifistischen Ton des Ostermarsches.

Antimilitaristischer Widerstand muss viel entschiedener werden! So unser Fazit des Ostermarsches in Stuttgart. Arbeit Zukunft verteilte mehrer Hundert Flyer zum Ostermarsch!

Anmerkung (*): Atomare Teilhabe: Im Rahmen der NATO hat Deutschland zwar keine Atomwaffen, ist aber vertraglich verpflichtet, im Kriegsfall mit geeigneten Bombern die im Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel (Rheinland-Pfalz) lagernden US-Atomwaffen in die vorgesehenen Ziel zu bringen.