Klassenjustiz – klassisch! BVG tritt den Berliner Mietendeckel in die Tonne!


Aktualisiert 22. April 2021 Am 15.4.21 fand in Berlin eine spontane Großdemonstration gegen die Abschaffung des Mietendeckels und für die Enteignung der Wohnungskonzerne statt 25.000 nahmen teil. Foto: twitter Screenshot

Der Berliner Mietendeckel, das Gesetz, mit dem für einen Teil der Mieter in Berlin ein gewisser, unvollständiger Schutz vor überzogenen Mieterhöhungen, zum kleinen Teil sogar Mietsenkungen erreicht wurde – er wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVG) kurz und knapp in die Tonne getreten. Es gibt ihn nicht mehr.

Geklagt hatten mehrere Abgeordnete der Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der FDP sowie zwei Berliner Gerichte. Sie erweisen sich damit erneut als geschworene Feinde der im Kapitalismus arm gemachten Menschen, der Arbeitenden wie der Erwerbslosen. Karlsruhe macht da selbstverständlich und bereitwillig mit.

Das BVG setzt der staunenden Öffentlichkeit, vor allem den auf günstige Wohnungen angewiesenen Arbeiter/innen, Angestellten, Erwerbslosen, Rentener/innen kaltlächelnd auseinander, dass – vereinfacht – Berliner Senat und Abgeordentenhaus ihre Kompetenzen überschritten hätten. Sie hätten den Mietendckel gar nicht beschließen dürfen. Hier dürfte nur der Bund agieren. Wo kämen wir denn da hin, wenn jede dahergelaufene, sich links gebende, reformistische Regierung den Grund- und Immobilien-Besitzern, den sich in Berlin tummelnden Immobilienhaien aus aller Herren Länder, den Wohnungkonzernen allà Deutsche Wohnen und Vonovia einfach das Profitgeschäft vermasseln dürften!

Champagnerkorken knallen bei den Besitzenden, den Haus-, Grund- und Immobilenhaien! Das ist schlicht Klassenjustiz.! Sozialbindung des Eigentums (Angeblich in Artikel 14 Grundgesetz?) – da lachen die Damen und Herren in Karlsruhe sich schlapp…

Miet-Nachforderungen drohen!

Jetzt setzt es Mietnachforderungen von den Wohnungseigentümern. „Deutsche Wohnen“ (DW), größter Wohnungbesitzer in Berlin, sagt es laut Spiegel-online gleich: Auf deren Mieter/innen kommen Nachforderungen zu! Das heißt für viele: Woher nehmen und nicht stehlen??!

Für die „Begleichung des Restbetrags der fälligen Miete“, also für das Geld, das diesem Wohnunghai bisher entgangen ist, und das er jetzt haben will, biete das Unternehmen, so sülzen sie zuckersüß, unterschiedliche Möglichkeiten an: von Einmal- über Ratenzahlungen bis hin zu Stundungen etc. pipapo. Bei sozialen Härtefällen werde man gemeinsam mit den Mietern individuelle Lösungen finden. Das kennen wir ja: Da sitzen klamme Mieterinnen oder Mieter allein den Deutsche-Wohnen-Apparatschiks und -Anwälten gegenüber, die dem Profit auf das Großkapital verpflichtet sind, das sie vertreten. Da weiß man gleich: Einvernehmlich heißt in 98 % der Fälle zu unterschreiben, was vorgelegt wird. Deutsche Wohnen versucht natürlich, zunächst einmal die Gemüter zu beruhigen! Man behauptet forsch, dass keine Mieterin und kein Mieter durch die Karlsrher Entscheidung die Wohnung verlieren werde. Da sind wir aber mal gespannt, wie lange dieses „Versprechen“ hält“

Der nächste Wohnungshai, auch stark in Berlin vertreten, Vonovia, bundesweit der größte Wohnungskonzern, ließ zwar verlauten, man werde auf Mietnachforderungen verzichten. Vonovia-Boss Rolf Bosch macht sogar auf volkstümlich: „Es wird nur wenige Mieter geben, die eine Spardose haben, in den sie diesen Teil der Miete zurückgelegt haben, wie es die Politik empfohlen hat. Vor allem nicht in diesem Jahr, in dem wir alle wegen der Pandemie ohnehin viel Angst und Sorge haben“ (zitiert nach Spiegel-online). Darauf wolle Vonovia Rücksicht nehmen. Was aber in Zukunft wird, speziell welche Mieterhöhungen demnächst ins Haus stehen, davon schweigt er! Auch Vonovia ist stramm auf Profit getrimmt.

Was all die kleineren und größeren Haus-, Wohnungs- und Immobilieneigentümer nun anzetteln werden, können sich kritische Kolleginnen und Zeitgenossen, die auf günstige Wohnungen angewiesenen Menschen selber ausmalen.

Zynischerweise spielte ja Vonovia-Boß Bosch auf die Empfehlung der Politik an, sich trotz Mietpreisbremse lieber genügend Geld zurückzulegen, eben für die jetzt eingetretene Situation. Sogar die Regierenden von Berlin, also die, die den Mietendeckel einführten, haben das empfohlen! Sie trauten ihrem eigenen Gesetz nicht über den Weg!

Bloß: Wer hat denn Kohle zum „zurücklegen“? Die vom Kapital in Armut getriebenen Werktätigen nicht!

 


Die Mietendemo in Berlin wurde massiv von der Polizei angegriffen. Foto: twitter, Screenshot

Umso entschiedener unsere Kritik an diesem „Klassengericht in Karlsruhe“: Es sorgt noch nicht einmal für einen eigentlich selbstverständlichen Vertrauensschutz! Mieterinnen und Mieter haben sich auf ein beschlossenes Gesetz verlassen, sie haben nichts Verbotenes getan, sie brauchten dringend diese Entlastung, wenn das Gesetz überhaupt dazu geführt hat. Jetzt dürfen nicht sie bestraft werden! Schon versucht der höchstrichterlich abgewatschte Senat mit heißer Nadel, Notfallmaßnahmen oder -fonds für die Betroffenen zu stricken, was ja nur aus Steuermitteln gehen kann, die wieder wir Werktätigen aufbringen müssen. Dabei kann es nur eine Forderung geben: Keinerlei Mietnachforderungen an Mieterinnen und Mieter!

Es ist schon schlimm genug, dass sie vielfach massiven Mietsteigerungen ausgesetzt sein werden.


Karikatur von Klaus Stuttmann. Wir danken für die Erlaubnis zur Veröffentlichung. https://www.stuttmann-karikaturen.de

Die gesamte Reaktion von AfD, CDU/CSU über FDP, Immobilien-gesegnete Grüne (nicht wenige!) bis zu den rechten Sozialdemokraten geben jetzt natürlich der Berliner Koalition aus SPD, Linken und Grünen die Schuld an dem Schlamassel. Sie hätten das versaubeutelt. Ein billige, äußerst wohlfeile Kritik. Sie hätten eben die Wohnungskapitalisten weiter die Arbeiter/innen und Angestellten abzocken lassen sowie jede Mietsteigerung achselzuckend mitgetragen…

Dieser Kampf ist nicht zu Ende

Schon beschuldigen die Kritiker, natürlich auch die Wohnungsbosse, die heute schon in Berlin kämpfenden Menschen, das BVG-Urteil könnte durch die Politik dieser Aktivistinnen und Aktivisten die Stimmung weiter anheizen und das Verhältnis zwischen Vermietern und Mietern immer mehr belasten. Klar, die um ihr Recht kämpfen, sind immer Schuld an der Niederlage!

Auch Vonovia-Chef Buch fürchtet, dass das Urteil den Konflikt eher noch anheizen könnte. „Ich mache mir auch Sorgen um meine Mitarbeiter“, barmt er. Er weiß eben, mit welchen Zumutungen er seine Angestellten demnächst auf die Betroffenen loslassen wird.

Aber die „Aktivisten“ wollen einfach nicht aufgeben. Die Initiative Berliner Mieten-Volksentscheid erklärte heute völlig zu Recht:

Die Entscheidung in Karlsruhe zeigt erneut, wie schwer es ist, mit landesgesetzlichen Regeln für private Vermieter/innen bezahlbare Mieten durchzusetzen. Private Gewinninteressen und günstige Mieten schließen sich aus. Wenn rechtliche Maßnahmen nicht greifen dürfen, bleibt nur der Ausbau von öffentlichen Wohnungsbeständen, um den Mietenwahnsinn aufzuhalten. Für die Mieter/innen ist der nun einzige Rettungsanker und die nächstliegende Lösung die von der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen! angestrebte Sozialisierung von großen Wohnungsunternehmen. Der Kampf geht weiter“ (Lesen: https://mietenvolksentscheidberlin.de/ )

Das sind gerechte Forderungen, mit denen wir uns solidarisieren. Aber Illusionen sind fehl am Platz. Auch hier droht eine zumehmend schärfere Auseinandersetzung, in der zweifellos die Karlsruher Richterinnen und Richter ihre Rolle spielen werden. Welche? Da darf sich niemnd Illusionen hingen.

Kapitalismus ist die Ursache!

Wo liegen die Ursachen für die Wut vieler arbeitender Menschen? Die Ursache ist eben dieser Kapitalismus, das Wirken des Mehrwertgesetzes auch bei Grund, Boden und Immobilie. Der private und auf maximalen Profit getrimmte Besitz von Immobilien dient als Erpressungsmittel zum Abgreifen von Lohn, Entgelt, Gehalt, soviel immer möglich ist. Wenn Kolleginnen oder Kollegen da nicht mehr mithalten können – RAUS! Vielleicht in billigere (billige gibts kaum noch) Außenviertel und dafür vielleicht stundenlang zur Arbeit fahren und dafür dann auch die wachsenden Fahrtkosten zahlen! Wer denkt nicht an den FDP-Sprech: Es gibt keinen unbezahlbaren Wohnraum – nur kann ihn nicht jeder bezahlen.

Dem Kapitalismus und mit ihm auch dem Privateigentum an Grund-, Boden- und Immobilien muss wirklich ein Ende gesetzt werden. Enteignung des Grund- und Häuserbeitzes gehört auf die Tagesordnung wie die Abschaffung des Kapitalismus insgesamt. Das heißt nichts anderes als Revolution, Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Denn das BVG hat heute dem Reformismus von RotRotGrün einmal mehr den Zahn gezogen. Wer keine kampfbereiten Menschenmassen hinter sich hat, scheitert sofort mit solchen Reformen. Wer der Ausbeutung beikommen will, hat keine andere Perspektiv als den revolutionären Kampf um den Sozialismus.