Buchbesprechung: Ashley Dawson, Aussterben – Eine radikale Geschichte

Schon der römische Gelehrte Plinius der Ältere schrieb vor knapp 2000 Jahren: „Wir vergiften die Flüsse und Elemente der Natur, selbst das, was uns leben lässt, die Luft, verderben wir. Anstatt maßvoll mit der Natur umzugehen, verbrauchen die Menschen in unersättlicher Gier die Ressourcen der Erde und fragen nicht nach der Zukunft.“ (zitiert nach Stuttgarter Zeitung, 1./2. Oktober).

Auch Dawson macht den Menschen für das Aussterben der Arten auf der Erde verantwortlich. Seiner Meinung nach sind schon die frühen Menschen im Pleistozän für die Ausrottung der Megafauna wie Mammut, Wollnashorn, oder Höhlenbär verantwortlich. Für das rasante Tempo, in dem zur Zeit jeden Tag etwa hundert Arten unwiederbringlich verloren gehen, macht er den Kapitalismus verantwortlich: “Die Pflanzen und Tiere, die uns umgeben, synthetisieren den Sauerstoff, den wir atmen, verbrauchen das Kohlendioxyd, das wir ausstoßen, produzieren die Nahrung, die wir essen, erhalten die Fruchtbarkeit des Bodens und geben unseren Körper nach unserem Tod wieder der Erde zurück. Obwohl viele Kulturen diese reiche gegenseitige Abhängigkeit der Arten anerkennen und feiern, gründet das kapitalistische System, das in den letzten fünf Jahrhunderten die Welt dominiert hat, auf Enteignung und gedeiht auf ihr.“ (Dawson. S.120)

Dawson widerspricht dem Aphorismus von Frederic Jameson, dass es leichter ist, sich das Ende der Welt vorzustellen, als den Sturz des Kapitalismus. Auch wenn er kein Marxist und kein Revolutionär ist, sagt er, dass der Kapitalismus nicht ewig ist und dass angesichts des massiven Aussterbens der Arten die einzige Hoffnung darin liegt, seiner unheilvollen Macht mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu begegnen. Ein ermutigendes Buch mit allerliebsten Illustrationen, die uns unsere Erde noch liebens- und schützenswerter erscheinen lassen.

Ashley Dawson, Aussterben – Eine radikale Geschichte, Kulturverlag Kadmos, Juli 2022, 144 Seiten, 19,90 €