Eine Erfolgsgeschichte aus Berlin – Wie eine Stadt bis 2030 vielleicht klimaneutral wird

261.968 Unterschriften wurden in einem Zeitraum von wenigen Monaten (Juli-November 2022) im Rahmen der Aktion „Berlin 2030 klimaneutral“ gesammelt, verkündete die Initiative ‚Klimaneustart‘, welche hinter der Kampagne steckt, kürzlich.

Über 1.000 verschiedene Einzelpersonen zeigten an der Basis entschiedenen Aktivismus, durch das Aufhängen von Plakaten, das Sammeln von Unterschriften, und breit angelegten Kundgebungen. Die Organisierung erfolgte dabei in Kiez-Teams und über die Plattform Telegram. QR-Codes führten über einen direkten Einladungslink an der Aktion Interessierte unbürokratisch in eine von acht Gruppen (+ eine Gruppe für Gesamt-Berlin), die jeweils für die Koordination meist wenige Tage vorher angekündigter Aktionen zuständig war. Pro Gruppe gab es im Schnitt 200 Personen.

Anlass der Kampagne war, dass der Berliner Senat im Rahmen des 2016 in Kraft getretenen ‚Energiewendegesetzes‘ beschloss, dass die Stadt erst bis 2045 den Zielen des Pariser Klimaabkommens in vollem Umfang nachkommen soll. Steigerung der Energieeffizieng, Nutzung erneuerbarer Energien und Energieeinsparung sind dabei die drei Punkte, durch welche die Stadt bis 2020 um 40%, 2030 um 70% und 2045 um 95% weniger CO2-Emissionen im Vergleich zum Niveau von 1990 ausstoßen soll. Dabei achtet die Senatsverwaltung weder auf einen Ausbau des ÖPNV, noch darauf, dass dieser endlich kostenlos wird, noch darauf, dass PKWs aus der Innenstadt verbannt werden, oder dass diese ökologische Wende nicht zu Ungunsten der sozial Schwächeren geschieht. Zwischen 2022 und 2026 sollten dabei erst die Mittel und Wege, wie man diesen Weg beschreitet, erarbeitet werden.

Zu spät, wie einige meinten, darunter Stefan Zimmer:, Sprecher der Initiative:

Es liegen genug Vorschläge auf dem Tisch […] Es fehlt lediglich der politische Wille, dafür wollen wir mit dem Volksentscheid den nötigen Druck erzeugen.“

261.968 Unterschriften waren der erste Schritt die Hürde der Durchführung eines Volksentscheids zu nehmen. Damit der Volksentscheid auch tatsächlich erfolgreich wird, ist erforderlich, dass

1.) mindestens ¼ der stimmberechtigten Personen im Land Berlin mit „ja“ stimmen (erforderlich wären 613.000 Stimmen); und

2.) mehr „Ja“-Stimmen, als „Nein“-Stimmen vorliegen

Im Raum steht darüber hinaus, wann die Abstimmung stattfindet. Es ist nämlich unklar, ob der Volksentscheid mit der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar 2023 zusammengelegt wird. Die Initiative ‚Klimaneustart‘ fordert die Zusammenlegung des Volksentscheids und der Neuwahlen, da durch die erhöhte Wahlbeteiligung mit viel größerer Wahrscheinlichkeit die Quote von ¼ „Ja“-Stimmen erreicht wird.

Gegenstimmen kommen aus der Senatsinnenverwaltung von Iris Spranger (SPD), welche angekündigt hat, eine Wahlzusammenlegung nicht zulassen zu wollen. Die Begründung? „Erhöhter bürokratischer Aufwand“ – eine Farce!

Iris Spranger hat bereits in der Vergangenheit ihr wahres Gesicht gezeigt, schließlich stimmte die heutige Senatsinnenverwaltung am 22. November 2012 im Berliner Abgeordnetenhaus gegen die Forderung Nebeneinkünfte von Abgeordneten künftig offenzulegen und Verstöße zu sanktionieren. Warum wohl?

In altbekannter bürgerlicher Manier versucht die herrschende Klasse, alle ihr zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mittel auszunutzen, um demokratischen Prozessen Hürden aufzulegen, und die eigenständige Bewegung des Volkes zu blockieren.

Doch warum die Panik?

Über 100 Städte innerhalb der europäischen Union haben sich schließlich bereits dazu verpflichtet bis 2030 vollständig klimaneutral zu sein, darunter Lissabon, Rom, Dublin, Madrid, Kopenhagen, oder Warschau. Doch auch in Deutschland seien München, Leipzig, Dortmund, Aachen, oder Dresden genannt, welche diesen Klimazielen Folge leisten wollen.

Die Senatsinnenverwaltung fürchtet, dass das Volk erkennt, dass es reif ist, selbst Entscheidungen zu treffen, und es keine Lobbyisten in dem Berliner Abgeordnetenhaus braucht, um eine Reduktion der CO2-Emissionen bis 2030 um 95 Prozent gegenüber 1990 durchzusetzen!

Der nächste Auftrag der Bewegung liegt darin, im Kampf um eine soziale, ökologische und zivile Zeitenwende, die Neuwahlen und den Volksentscheid beide am selben Tag, dem 12. Februar 2023 stattfinden zu lassen. Dafür erfordert es, einige Schritte weiter zu gehen, als bisher. Druck alleine wird nicht reichen. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, stellt sich in diesem Prozess auch schlussendlich die Systemfrage. Denn wenn wir sie nicht stellen, stellt sie keiner.

-G.M.

Eine Vielzahl an Material zu den genauen Zielsetzungen, der Strategie, und der Umsetzbarkeit der Forderungen lässt sich unter https://www.berlin2030.org/hintergrund/ online einsehen.