Clara Zetkin

Wenn wir am 8. März, dem Internationalen Frauenkampftag, gemeinsam auf die Straße gehen und für die Befreiung der Frau kämpfen, gerät die Geschichte des Tages und seines Ursprunges häufig in Vergessenheit. Wir erinnern an die Kämpfe der deutschen Arbeiterbewegung und somit auch an eine der wichtigsten Vertreterinnen der proletarischen Frauenbewegung – Clara Zetkin.

Clara Zetkin wurde 1857 geboren und wächst in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Da ihre Mutter Josephine Eißner innerhalb der bürgerlichen Frauenbewegung aktiv war, kam Zektin schon früh in Kontakt mit Personen wie Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt, die als Vorreiterinnen der deutschen bürgerlichen Frauenbewegung gelten. In Leipzig besuchte Zetkin ab 1874 ein Lehrerinnenseminar unter der Leitung von Auguste Schmidt. Gleichzeitig kam sie in den 1970er Jahren in Berührung mit sozialistischen Ideen und baute erste Verbindungen zur Sozialdemokratie auf. Sie lernte den russischen Revolutionär Ossip Zetkin kennen, mit dem sie eine Beziehung begann. Die Anfänge von Zetkins politischem Engagement fallen in die Zeit Bismarcks Sozialistengesetz, mit dem jegliche fortschrittlichen, sozialdemokratischen und sozialistischen Bestrebungen wie auch Gewerkschaften außerhalb des Reichstags verfolgt wurden. Trotz dessen trat Zetkin 1878 der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands, der späteren SPD bei. Als Sozialistin konnte sie ihren Lehrerberuf in Deutschland nicht ausüben, weshalb sie schließlich in die Schweiz auswanderte. Dort kam sie in Berührung mit August Bebels Werk Die Frau und der Sozialismus, das einen großen Einfluss auf sie hatte. Zudem arbeitete sie am Parteiorgan Der Sozialdemokrat mit. Ende 1882 folgte sie Ossip ins Pariser Exil, zu dieser Zeit Zentrum der internationalen sozialistischen Bewegung, und hatte zwei Söhne mit ihm.

Auf dem Gründungskongress der 2. Internationale 1889 hielt Zetkin vor 400 Teilnehmenden als nur eine von sechs Frauen auf dem Kongress eine Rede, die später die Grundlage der Frauenarbeit der SPD werden würde und endlich die Einbeziehung der Frauen in die sozialistische Bewegung durchsetzte – denn neben der Gleichberechtigung der Frau forderte Zetkin ihre Teilnahme am Klassenkampf. Zetkins Position war klar: Jede Klasse hat ihre eigene Frauenfrage.

Zetkin, die sich eben als Teil der Arbeiterbewegung und Sozialistin verstand, verknüpfte die Frage der Befreiung der Frau mit der Befreiung der ArbeiterInnen allgemein. So grenzte sie sich stark von der bürgerlichen Frauenbewegung ab, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem für das Frauenwahlrecht kämpfte. Für die bürgerlichen Frauen, die weder arbeiten noch die Hausarbeit selbst verrichten mussten, bedeutete das Frauenwahlrecht mehr Mitbestimmung und Emanzipation gegenüber ihren Ehemännern. Für die proletarische Frau, das war für Zetkin klar, würde das Wahlrecht nichts Grundsätzliches ändern, ihre Forderungen gingen darüber hinaus: Die Ausbeutung durch die Kapitalisten, die sie wirtschaftlich abhängig machte und unterdrückte, würde bestehen bleiben. Die Arbeiterinnen sahen sich, im Gegensatz zu den bürgerlichen Frauen, in denselben Ausbeutungsverhältnissen gefangen, wie die proletarischen Männer. Zetkin wusste: „Nur in der sozialistischen Gesellschaft werden die Frauen wie die Arbeiter in den Vollbesitz ihrer Rechte gelangen.“ Zusätzlich kamen noch die Hausarbeit und Erziehung der Kinder dazu, die sie doppelt belastete. Gegen ihren Mann zu kämpfen, der in der gleichen Klassenposition ist, konnte die Arbeiterin nicht befreien. Zetkin fasste das folgendermaßen zusammen: „Ihre soziale Befreiung erringt sie, die Proletarierin, nicht wie die bürgerliche Frau und zusammen mit ihr im Kampf gegen den Mann ihrer Klasse, sie erobert sie vielmehr zusammen MIT dem Mann ihrer Klasse im Kampf gegen die so genannte bürgerliche Gesellschaft, das Gros der Damen der Bourgeoisie nicht ausgenommen.“ Im Gegensatz zur bürgerlichen Frauenbewegung, deren Forderungen nicht die grundsätzliche Situation kritisieren, müssen die proletarischen Frauen Seite an Seite mit ihren Männern für ihre Rechte kämpfen.

1889 starb ihr Lebensgefährte Ossip. Nach dem Außerkrafttreten des Sozialistengesetzes zieht Zetkin nach Stuttgart. 1895 wurde sie als erste Frau Teil der Führungsspitze der Sozialdemokraten und war von 1895 bis 1913 Teil der Kontrollkommission der Partei, von 1909 bis 1917 im Parteivorstand. Zetkin wurde mit der Zeit zur Leitfigur der immer größer werdenden proletarischen Frauenbewegung: Ab 1892 leitete sie über 25 Jahre lang die Zeitschrift „Die Gleichheit“, damals das Sprachrohr der Arbeiterinnen. 1907 fand die 1. Internationale Sozialistische Frauenkonferenz statt, auf der sie zur Leiterin des Internationalen Frauensekretariats bestimmt wurde. Ab 1910 wurde in diesem Rahmen zudem über die steigende Kriegsgefahr gesprochen, die international Frauen erkannten. Der Widerstand gegen Imperialismus und Kriege wurde hier zentral.

Auf der Folgekonferenz 1910 in Kopenhagen gab sie den Anstoß für den „Internationalen Frauentag“, am 19. März 1911 wurde dieser zum ersten Mal unter dem Motto „Heraus zum Frauenwahlrecht“ begangen. Der Tag wurde als Chance gesehen, viele Frauen zu erreichen und für die Forderung zu gewinnen. Auf der Kommunistischen Fraueninternationale wurde dann 1921 der 8. März als Frauenkampftag festgelegt.

 Mit dem Attentat in Sarajevo brach schließlich der Erste Weltkrieg aus, es begannen Jahre, die von unsäglichem Blutvergießen und Zerstörung geprägt waren. International sahen sich die Arbeiterbewegung und somit auch die proletarischen Frauen mit Zerwürfnissen und Revisionismus konfrontiert. So bewilligten auch im Deutschen Kaiserreich 1914 die Sozialdemokraten die Kriegskredite im Reichstag, beugten sich dem von den Kriegstreibern geschürtem Nationalismus und verrieten den proletarischen Internationalismus. Die von der SDP geführte Burgfriedenpolitik lehnte Zetkin jedoch entschieden ab organisierte seitens der proletarischen Frauen weiterhin Protest gegen die Kriegspolitik. In der Gleichheit agitierte Zetkin gegen den Krieg, in einem von ihr verfassten Manifest rief sie die Arbeiterinnen international zu Sabotageakten für den Frieden auf. Unter dem Motto „Diesem System kein Mann und keinen Groschen“ wurden Demonstrationen und Streiks organisiert. Die proletarischen Frauen verteilten ihre antimilitaristische Propaganda, wo sie konnte. Wegen versuchtem Landverrat wurde Zetkin 1915 für vier Monate inhaftiert.

Seite an Seite mit Rosa Luxemburg war sie 1916 an der Gründung des Spartakusbundes und 1917 der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) beteiligt. 1919 schloss sie sich der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an und vertritt diese bis 1933 im Reichstag.

Auf ihrer ersten Reise in die Sowjetunion schloss Zetkin Freundschaft mit Lenin, über die sie später auch in ihren Erinnerungen an Lenin schreibt. Sie lebte sowohl im Deutschland als auch in der Sowjetunion, ab 1924 in Moskau. Ab 1921 leitete Zetkin die Zeitschrift Die Kommunistische Fraueninternationale. Als Kriegsgegnerin wurde Zetkin im August 1932 auf dem Internationalen Kriegskongress in das Weltkomitee gegen den imperialistischen Krieg gewählt. Ein Jahr vor ihrem Tod eröffnete die inzwischen 75 Jahre alte Zetkin am 30. August 1932 den neugewählten Reichstag in Berlin. Sie machte sich stark für eine Einheitsfront gegen den Faschismus und warnte vor einem kommenden Krieg. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 und dem Verbot der KPD flüchtete Zetkin in die Sowjetunion, wo sie im selben Jahr starb.

Clara Zetkins Standhaftigkeit und ihre Rolle im Aufbau der proletarischen Frauenbewegung sind für uns bis heute wegweisend dafür, wie wir arbeitenden Frauen unsere Kämpfe führen müssen. Indem wir den 8. März heute begehen, gedenken wir ihr.