„Vor neun Jahren wurde der erste Internationale Jugendverein in Hamburg gegründet. Aus dem Bedarf für eine Organisation, in der sich junge Menschen, in der WIR uns als Schüler, Studierende und junge Arbeiter für unsere Interessen gegen Krieg, Ausbeutung und Rassismus einsetzen können. […] Seitdem sind wir im ganzen Land eine Adresse für Jugendliche geworden, die sich für ihre Interessen einsetzen wollen – aber wir sind noch lange nicht fertig!“ Mit diesen Worten wurde der Gründungskongress des Internationalen Jugendverbands (IJV) am 24. und 25. Mai in Frankfurt am Main eröffnet. Der Kongress stand unter dem Motto „Zeit aktiv zu werden – gegen Rassismus, Aufrüstung und Sozialabbau“ und brachte über 100 Jugendliche, darunter Delegierte aus über 20 Orten, zusammen.
Gegen Rassismus, Aufrüstung und Sozialabbau
Der Kongress wurde lange vorbereitet: ein Jahr zuvor wurde aus acht Orten ein vorläufiger Bundesvorstand bei einer Delegiertenkonferenz mit der Vorbereitung des Gründungskongresses, dem Erarbeiten eines Programms und dem Aufbau neuer Ortsgruppen beauftragt. In den Wochen und Monaten vor dem Kongress organisierten bundesweit über 400 Mitglieder Versammlungen in ihren Orten. Dort wurde mit über 600 Mitschülern, Kommilitonen, Kollegen und Freunden über die aktuelle Lage der Jugend in Deutschland diskutiert, die bisherigen Erfahrungen der Organisationen bewertet, Ziele für die Arbeit gesteckt und damit der Gründungskongress vorbereitet.
Zentrale Themen in den Diskussionen vor Ort sowie auf der Versammlung waren die Kriege in der Ukraine und Palästina und die Kriegsvorbereitungen in Deutschland, die sich ganz konkret in der Militarisierung des Alltags sowie in Schulen und Universitäten ausdrücken. Seien es die Militärparaden im Hafen von Hamburg, die Repressionen an den Berliner Universitäten gegen Palästina-Proteste oder die Angriffe auf die Zivilklausel in Köln. Doch auch die Kürzungen im sozialen Bereich, die die Universitäten von Göttingen bis Marburg treffen und die Entlassungswellen und die Streiks dagegen, von denen unter anderem die Delegierten aus Frankfurt und Hannover berichteten, waren ein Thema. Und nicht zuletzt wurde der steigende Nationalismus und Rassismus diskutiert, der im Mai erneut in einem rassistischen Polizeimord an einem schwarzen Jugendlichen in Oldenburg mündete! Als Konsequenz wurde beschlossen, die Kampagne „Zeit aktiv zu werden – gegen Rassismus, Aufrüstung und Sozialabbau!“ weiterzuführen und sich dafür bundesweit mit weiteren demokratischen Jugendorganisationen und Interessensvertretungen zusammenzuschließen.
Solidarische Grüße erreichten den Kongress
Zahlreiche Grußworte seitens der verschiedenen Bündnispartner des IJV bereicherten den Kongress. Eine besondere Rolle nahmen dabei die Grußworte von der Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF) und ihrer Jugendorganisation, der DIDF-Jugend ein. Als Schwesterorganisationen des IJV wurde die große Rolle der Mitglieder der DIDF-Jugend beim Aufbau des IJVs und gemeinsame Perspektive betont – nicht ohne Grund ernteten sie tosenden Applaus der Delegierten. Außerdem sprachen die Sozialistischen Jugend Deutschlands (Die Falken), die SDAJ, die Linksjugend (Solid), der Freie Zusammenschluss der Student*innenenschaften, die IG Metall Jugend Frankfurt, die Jungen Linken, der Bundesverband der Migrantinnen in Deutschland (GKB) und die Emek Gençliği aus der Türkei ihre Grüße aus.
Ein neues Programm für kommende Kämpfe
Nachdem sich die Ortsgruppen in den letzten Jahren auf das 2020 in Hamburg beschlossene Selbstverständnis bezogen, wurde in Vorbereitung auf den Gründungskongress durch den Bundesvorstand, die Gremien in den Orten und eine breite Diskussion unter Einbeziehung der Mitglieder und des Umfelds ein mehrseitiges Programm erarbeitet. Im Ergebnis werden nun in dem Programm die Positionen zum Kampf in Schule, Uni und Betrieb zusammengefasst und die Themen Krieg und Militarisierung, Nationalismus und Rassismus, Umweltzerstörung, Befreiung der Frau und ein selbstbestimmtes Leben für alle sowie ein gutes Leben in Stadt und Land behandelt: „All diese Erscheinungen sind kein Zufall, sondern Ausdruck eines grundlegenden Klassenwiderspruchs in unserer Gesellschaft, in der sich die Eigentümer von Banken und Konzernen den gesellschaftlich erarbeiteten Reichtum aneignen. Weil sie immer reicher werden, werden wir immer ärmer. Um von dieser Realität abzulenken, möchten sie uns entpolitisieren, isolieren, spalten: durch falsche Versprechungen wie „jeder ist seines Glückes Schmied“ oder die Beschuldigung von Migranten als Sündenböcke für die sozialen Probleme und Zukunftsängste in Deutschland. Doch wir werden die Schuld nicht bei uns selbst oder unseren Mitschülerinnen und Mitschülern, Mitstudierenden, Kolleginnen und Kollegen oder Menschen ohne Beschäftigung suchen. Sondern bei genau jenen, die von unserer Lage profitieren und einer Politik, die das möglich macht!“
Zudem fasst das neue Programm die organisatorischen Prinzipien des IJV zusammen und ruft alle Jugendlichen auf, sich anzuschließen: „Der IJV ist die Organisation der Jugend, die sich unabhängig von ihrer Herkunft für eine lebenswerte Zukunft einsetzen möchte. Für eine Welt ohne Krieg, Umweltzerstörung, Ausbeutung und jegliche gesellschaftliche Ungleichheit. Wir sind solidarisch mit allen, die in dieser Gesellschaft von unten kämpfen müssen – ob in Deutschland oder überall auf der Welt. Dies ist unser Programm.“ Nach einer gemeinsamen Diskussion wurde das Programm des Internationalen Jugendverbands einstimmig und unter tosendem Applaus der Delegierten und Gäste verabschiedet.
Die Stimme der Jugend – die Lautschrift
Um all diese Perspektiven an die Jugend zu tragen, wurde im Kongress besonders über die Arbeit mit der Zeitschrift „Lautschrift“ gesprochen. Als am Freitag, den 23. Mai die Delegierten und Gäste in Frankfurt eintrafen nahmen sie gemeinsam an der „jung&laut-Konferenz“ teil, bei der die Bedeutung und Notwendigkeit von unabhängigem Journalismus für die arbeitende und lernende Jugend im Rahmen eines Podiums mit Journalistinnen diskutiert wurde. Unter dem Motto „Journalismus von der Jugend für die Jugend“ wurde dann am nächsten Tag auf dem Kongress die Abo Kampagne und das Verteilsystem der Lautschrift, als auch die wachsende digitale Präsenz durch Plattformen wie jung&laut bewertet, wo mittlerweile auch Podcasts und Videoformate produziert werden. Bis zum Kongress war geplant, die 500 Abos für die Zeitschrift zu erreichen – da jedoch am Vorabend noch über 50 Abos fehlten, wurde kurzerhand eine Aktion gestartet und gemeinsam schlossen die Delegierten noch mit Mitschülern, Freunden, Kollegen, Kommilitonen und Familie, die die Lautschrift lesen, endlich das Abo ab – im Ergebnis wurden die 500 Abos übererfüllt und der Kongress mit 530 Abos beendet. Die Auflage wird zudem unmittelbar auf 2.000 Exemplare erhöht und sich bis zum nächsten Kongress in zwei Jahren ein Ziel von 1.250 Abos vorgenommen. In dem Bericht zur Arbeit mit der Zeitschrift hieß es: „Wir lesen die Lautschrift nicht nur selbst alle zwei Monate, sondern schaffen es mit ihr, bundesweit unsere Politik zu vereinheitlichen und zu verbreiten. Wenn in Berlin ein Arbeitskampf stattgefunden hat und davon in der Lautschrift berichtet wird, kann man sicher sein, dass dieser Arbeitskampf in 20 weiteren Orten besprochen wird und wir beim nächsten Arbeitskampf in unserer eigenen Stadt dabei sind. Das ist die Bedeutung der Lautschrift für unsere Organisation.“
Aktiv überall da, wo wir sind!
Die Überzeugung zieht der Internationale Jugendverein vor allem daher, dass sich jeden Tag bei der Arbeit in Schule, Uni und Betrieb zeigt, dass unsere Politik eine Antwort auf die Probleme bietet. Bei der Bewertung der Basisarbeit wurden die die besonderen Bedingungen und gleichzeitig der einheitliche Charakter der Kämpfe anhand von Beispielen dargestellt. So tritt der IJV mittlerweile in verschiedenen Städten zu den Wahlen zu den Hochschulvertretungen an und gestaltet diese mit, gibt Hochschulzeitschriften heraus und organisiert sich bis in die einzelnen Fachbereiche. Auch in der Arbeit mit jungen Arbeitern und Auszubildenden werden Fortschritte gemacht – erste Berufsschulgruppen gegründet und in immer mehr Orten Gruppen von jungen Arbeitern gesammelt und gewerkschaftliche und politische Kämpfe organisiert und unterstützt. Und auch die Arbeit an den Schulen zeigt immer mehr, dass die Schüler bereit sind, sich die Schulen als politische Orte zurückzuerobern – umso wichtiger, dass der Kongress beschloss, die Arbeit in diesen Bereichen zu stärken durch eigene Publikationen und bundesweite Versammlungen für Arbeiter und Schüler im IJV, wie es sie für Studierende bereits gibt. Die Fülle der kulturellen und sportlichen Aktivitäten in den Orten, zum Beispiel Fußballturniere und Open Air Festivals, sowie die bundesweiten Aktivitäten, darunter bundesweite Aktionstage zum Kampftag der Arbeiterklasse oder dem Frauenkampftag, die gemeinsame Teilnahme am jährlichen Luxemburg-Liebknecht-Wochenende in Berlin, als auch die Polit- und Sommercamps, wurden unter vielseitiger Beteiligung diskutiert.
Bevor die Delegierten den Heimweg in ihre Orte antraten, richtete der erste Bundesvorstand des Internationalen Jugendverbands ein paar letzte Worte an sie: „Wir haben einen sehr erfolgreichen Gründungskongress hinter uns – wir haben die Erfahrungen aus dem jahrelangen Aufbau unserer Organisation zusammengetragen und unsere besten Beispiele hervorgehoben. Wir haben diskutiert, wie wir uns noch verbessern können. Wir haben an diesem Wochenende unser Aboziel von 500 Abos übererfüllt und gezeigt, was mit geeinter Kraft möglich ist! Wir haben Beschlüsse gefällt, die uns den Weg weisen, wie wir in den nächsten Jahren unseren bundesweiten Verband zu DER Adresse für Jugendliche machen, die sich für ihre Interessen einsetzen wollen – und heute haben wir ein Programm beschlossen, das diesem Anspruch gerecht werden kann! […] Es ist Zeit aktiv zu werden, lasst es uns angehen!“