Der Protest gegen den Sparkurs spitzt sich zu: In Frankreich haben die Arbeiter das Land unter dem Motto „Alles blockieren“ lahmgelegt.
Was als Aufruf einer kleinen Gruppe zu einem Konsumstreik startete, wurde schnell zu einer Bewegung im ganzen Land. Es fanden Vollversammlungen in vielen Städten statt, um Blockaden und Streiks zu planen. Obwohl am 18. September ein großer Aktionstag ansteht, zu dem politisch unterschiedlich ausgerichtete Gewerkschaften zusammen aufrufen, riefen einige Gewerkschaften wie CGT und Solidaires bereits für den 10. September zu Streiks und Kundgebungen auf. Zahlreiche Organisationen aus verschiedenen Bereichen, von Umwelt- bis zur Mieterbewegungen, verfassten eigene Aufrufe.
Nicht nur in Deutschland wird der Sparkurs unter dem Motto „Herbst der Reformen“ verschärft. In Frankreich wurde unter Macron, gegen dessen Regierung seit Jahren immer wieder soziale Massenbewegungen auf die Straße gingen, in den letzten Monaten noch einmal ein Gang zugelegt. Trotz des Wahlsieges der Nouveau Front Populaire (NFP) im Juli 2024 regiert Macron mit rechten Minderheitsregierungen, von der die erste bereits nach einigen Monaten das Vertrauen verlor. Der jüngste Premier François Bayrou verlor am Montag die Vertrauensfrage im Parlament, doch Macron ernannte bereits einen Tag später Sébastien Lecornu zum neuen Premier. Doch die parlamentarische Krise sollte sein kleinstes Problem bleiben.
Denn zuletzt provozierten verschiedene Ankündigungen der Regierung die Bevölkerung immer weiter: Die Streichung von zwei Feiertagen, die Erhöhung des Militärbudgets, die Kürzungen in Höhe von 44 Milliarden Euro und viele weitere Angriffe haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Auch Bayrous Rücktritt besänftigte die Bewegung nicht: Am Morgen des 10. September begannen die Schüler in Paris, ihre Schulen zu blockieren – der Sparkurs ist bereits heute an den Schulen angekommen, die Lernbedingungen werden immer schlechter. An verschiedenen Stellen ging die Polizei gewaltsam gegen die Schüler vor. Arbeiter errichteten Blockaden in den Straßen. Ab Mittag begannen dann die Massenkundgebungen mit zehntausenden Protestierenden, die an vielen Orten Macrons Rücktritt forderten. Sie widerlegten all diejenigen, die versuchten, die Protestierenden eine kleine Gruppe von „Extremisten“ darzustellen. Der rechte Rassemblé Nationale (RN), der sich zuletzt immer wieder als starke Opposition gegen Macron darstellen konnte, musste sein wahres Gesicht zeigen und beweisen, auf welchen Seite er wirklich steht. Er erklärte, dass es nicht seine Rolle sei, „das Land zu destabilisieren”, und lehnte die Proteste ab. Doch trotz der vielen Angriffe konnte der 10. September zu einem Tag des Widerstands werden, an dem gezeigt wurde, dass die französischen Arbeiter die zahlreichen Angriffe nicht einfach hinnehmen werden. Es wird sich zeigen, ob dieser Tag der Anfang einer neuen sozialen Bewegung sein kann. Die Angriffe von oben werden zunächst wohl nicht aufhören, denn genau wie in Deutschland wird auch in Frankreich der Spielraum der herrschenden Klasse immer kleiner – zahlen muss die Arbeiterklasse.